Solidarität mit den Hirtinnen Tansanias (Tansania)


Beim heurigen Sternsingen steht die Solidarität mit den Massai-Frauen im Norden Tansanias in Zentrum. Dort kämpfen tausende Hirtinnen nicht nur ums tägliche Überleben, sondern auch um politische Teilhabe, wirtschaftliche Unabhängigkeit und den Schutz ihrer Lebensgrundlagen. Was in Österreich oft als „Entwicklungshilfe“ bezeichnet wird, ist eigentlich ein globaler Einsatz für Gerechtigkeit. Denn die Stimmen der Frauen in Tansania fordern nichts weniger als gleiche Rechte, Selbstbestimmung und eine Zukunft ohne Hunger und Ausbeutung – einfach ein Leben, wie es für uns selbstverständlich ist.

Patriarchat, Gewalt und Landraub

In der patriarchalen Gesellschaft Tansanias sind Frauen doppelt benachteiligt: als Hirtinnen, deren Lebensweise von Landraub und Klimakrise bedroht ist, und als Frauen, deren Rechte massiv eingeschränkt sind. Wichtige Entscheidungen werden meist von männlichen Verwandten getroffen – über Geld, Land und Zukunft. Bildung bleibt vielen Mädchen verwehrt, Land- und Viehbesitz ist Männern vorbehalten.

Hinzu kommt die Bedrohung durch Vertreibungen: Unter dem Vorwand, neue Nationalparks für Safaritourismus zu schaffen, werden ganze Dorfgemeinschaften enteignet. Generationenlang bewohntes und bewahrtes Land wird plötzlich zur Sperrzone erklärt – damit eine reiche Elite dort Großwildjagd und Luxusreisen betreiben kann. Währenddessen verlieren die Massai ihre Lebensgrundlage.

Frauen kämpfen für Rechte und Bildung

Gegen diese Ungerechtigkeiten organisieren sich seit fast 30 Jahren Frauen im Pastoral Women’s Council (PWC), einer von Maasai-Frauen gegründeten Organisation. Rund 7.000 Hirtinnen sind inzwischen Teil des Netzwerks. Ihr Ziel: die Gleichberechtigung in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft voranzutreiben.

Frauenrechts- und Führungsforen, die PWC aufgebaut hat, bringen Frauen erstmals an den Entscheidungstisch – gemeinsam mit traditionellen männlichen Autoritäten. Dort wird über Rechte aufgeklärt, über Gewalt berichtet und über Wege beraten, wie Frauen ihren Platz in der Gesellschaft stärken können. Bildung ist dabei ein zentrales Thema: Mädchen sollen nicht länger die ersten sein, die die Schule abbrechen müssen, wenn das Geld knapp wird.

Ndoto, ein Mädchen aus der Region, erzählt:„Nachdem ich PWC kennengelernt habe, konnte ich die Schule besuchen. Meine Lieblingsfächer sind Kisuaheli und Englisch. Alles, was ich will, ist, meine Ausbildung fortzusetzen. Ich möchte Lehrerin werden, um andere Kinder zu unterrichten.“

Solche Stimmen zeigen, wie viel Veränderung möglich ist, wenn Mädchen nicht mehr ausgebremst werden.

Klimakrise und Tourismus bedrohen Lebensgrundlagen

Doch Bildung allein reicht nicht, wenn die Existenzgrundlage zerstört wird. Die Klimakrise trifft die Viehhalter*innen Tansanias mit voller Härte: Dürreperioden dauern immer länger, Brunnen versiegen, Vieh und Pflanzen sterben. Hunger breitet sich aus – während gleichzeitig Weideflächen gesperrt werden, um die Interessen der Tourismusindustrie zu bedienen.

Dass die Maasai im Einklang mit der Natur leben und ihre Herden nachhaltig führen, wird von der Politik ignoriert. Die Konsequenz: Familien verlieren ihr Einkommen, die Abhängigkeit wächst. Besonders für Frauen bedeutet das neue Armut – und erneut eine Verschärfung ihrer Abhängigkeit von Männern.

Widerstand, Würde und Zukunft

Trotzdem geben die Frauen nicht auf. Mit Unterstützung des PWC haben sie begonnen, sich wirtschaftlich unabhängig zu machen. In Spargruppen vergeben sie Mikrokredite, um kleine Unternehmen aufzubauen – vom Schmuckhandwerk über Essensstände bis hin zu eigenen Viehherden. Das verschafft Einkommen, sichert das Überleben der Familien und stärkt den Einfluss der Frauen in den Dörfern.

Kanasa, die heute mit selbst hergestelltem Schmuck ihre Kinder zur Schule schickt, bringt es auf den Punkt: „Seit ich PWC kennengelernt habe, ist mein Leben gut. Mit der Hilfe kann ich nun Schmuck herstellen, den ich auf dem Markt verkaufe. Jetzt sind wir in der Lage, unsere Kinder in die Schule zu schicken. Ich bin sehr stark, weil meine Rechte nicht mehr verletzt werden. Mein Mann und ich sind jetzt gleichberechtigt.“

Auch Sein, eine Massai-Frau, schildert eindrücklich, wie sich das Leben durch PWC verändert hat: „Bevor ich PWC traf, konnte ich meinen Kindern nichts geben. Ich verkaufte Brennholz, wenn ich nichts verkaufte, gingen wir ohne Essen schlafen. Durch PWC hat sich unser Leben positiv geändert, denn jetzt habe ich Vieh und ein gutes Haus.“

Diese Stimmen machen klar: Es geht nicht um Almosen, sondern um Würde, Rechte und die Kraft zur Veränderung.

Unsere Solidarität zählt

Das heurige Sternsingen setzt genau hier an: bei der Stärkung derjenigen, die am meisten von Ungerechtigkeit und Klimakrise betroffen sind – und die zugleich am entschlossensten für ihre Rechte kämpfen. Unser Sternsingen bedeutet mehr Unabhängigkeit, mehr Bildung, mehr Einfluss für Frauen, die nicht länger schweigen wollen.

Solidarität mit den Hirtinnen Tansanias heißt, sich an ihre Seite zu stellen: gegen Landraub, gegen patriarchale Gewalt, gegen eine Politik, die Profite über Menschenrechte stellt. Es heißt auch, ihre Stimmen hörbar zu machen – von den Savannen Ostafrikas bis in unsere Pfarren, Schulen und Wohnzimmer.

Denn Gerechtigkeit ist keine Frage von Wohltätigkeit, sondern von Haltung. Die Hirtinnen in Tansania zeigen uns: Veränderung beginnt, wenn Frauen ihre Stimme erheben und wir bereit sind, ihnen zuzuhören.

Weitere Infos zum Pastoral Women’s Council (PWC): 

In diesem kurzen Video erzählen Mitglieder von PWC, wie sie ihr Leben dank der Organisation - und euch - verbessern konnten (deutsche Untertitel sind rechts unten einzustellen).