1, 2 oder 3?
Wie Entscheidungen in der Gruppe gemeinsam getroffen werden können
Hintergrund: Im Jungscharalltag stehen immer wieder Entscheidungen an. Bei einem fairen und gleichberechtigten Miteinander ist es wichtig, dass in Entscheidungen alle Beteiligten eingebunden sind. Hier findest du Tipps und Methoden, wie du das mit deinen Kindern gemeinsam umsetzen kannst.
Entscheidungen im Gruppenalltag können unterschiedlich groß und wichtig sein: welches Spiel zum Abschluss der Gruppenstunde gespielt wird, die Wahl eines Ausflugsziels, die Entscheidung, wie die Gruppe heißen soll,… Die folgenden Methoden sind eher für „große“ Entscheidungen gedacht – die Dauer der Auseinandersetzung mit der Frage sollte in etwa auch der Bedeutung der Entscheidung entsprechen! Grundsätzlich gilt für „kleinere“ Entscheidungen aber das gleiche wie für große. Manche der hier genannten Methoden (z.B. zum Sichtbar-Machen von Meinungen) dauern nicht lange und eignen sich durchaus auch für Entscheidungen, die schneller getroffen werden sollen.
Außerdem eignen sich die Methoden auch für Entscheidungen außerhalb der Kindergruppe, z.B. in der Gruppenleiter/innen-Runde!
Pro und Contra
Vor Entscheidungen, die sich fair an den Bedürfnissen und Wünschen der Betroffenen orientieren sollen, ist es wichtig, nach dem Warum zu fragen: Es ist nicht nur wichtig zu berücksichtigen, wer was will, sondern auch warum jemand das will. Der erste Schritt vor einer Entscheidung sollte also das Sammeln von Argumenten sein, die für oder gegen eine Möglichkeit sprechen. Dabei ist der große Vorteil, dass die Kinder sich nicht zuerst festlegen müssen, was sie wollen (und dann bei einer eventuellen Diskussion vermutlich nur mehr einseitig argumentieren), sondern jede/r auch die Möglichkeit hat, vor einer Entscheidung Argumente für beide/alle Varianten sagen zu können. Das erleichtert jedem und jeder Beteiligten auch, eine eigene Meinung zu finden!
Bei größeren Entscheidungen kann es hilfreich sein, die Argumente im Anschluss zu sortieren und nach „Gewicht“ zu reihen, z.B. indem jede/r Klebepunkte zu den bevorzugten Ideen klebt. Dafür ist es praktisch, die Argumente zuerst auf Kärtchen zu schreiben und die Kärtchen erst danach auf ein Plakat zu kleben.
Möglichkeiten, Argumente zu sammeln:
Sammel-Plakate
Die Kinder können für jede Variante, die zur Diskussion steht (nicht mehr als 3 Varianten) Argumente dafür und dagegen sammeln. Für jede Variante gibt es ein Plakat mit 2 Spalten, du notierst alle genannten Argumente jeweils auf der Pro- oder auf der Contra-Seite des entsprechenden Plakates. Das Sammeln wird beendet, wenn den Kindern keine neuen Argumente mehr einfallen.
In Kleingruppen
Die Kinder teilen sich in Kleingruppen – bei jüngeren Kindern sollte jede Kleingruppe von einem/einer Gruppenleiter/in moderiert werden. Jede Kleingruppe notiert auf Kärtchen alle Pro- und Contra-Argumente, die ihr einfällt. Anschließend werden die Ergebnisse der ganzen Gruppe vorgestellt. Der Vorteil ist, dass sich die Kinder in kleineren Gruppen intensiver austauschen können. Der Nachteil ist, dass du, wenn du nicht dabei bist, weniger auf den Verlauf des Gesprächs Einfluss nehmen kannst, bei sehr emotionalen Auseinandersetzungen ist es daher nicht zu empfehlen.
„Fishpool“ (für Ältere)
In der Mitte des Raumes stehen in einem Kreis etwa 4-6 Sessel (maximal für ein Drittel der Gruppe). Wer etwas sagen und mitdiskutieren möchte, setzt sich auf einen freien Sessel und bleibt so lange, wie er/sie mitreden möchte. Danach steht er/sie auf und verlässt den Sesselkreis. Das Gespräch wird von dir moderiert. Achte dabei vor allem darauf, dass die Kinder einander zuhören und ausreden lassen. Es ist auch deine Aufgabe darauf zu achten, dass sich alle einbringen können, die das wollen.
Sichtbar machen
Vor der Entscheidung ist es vor allem bei größeren Gruppen zur Übersichtlichkeit gut, die Meinungen der Kinder sichtbar zu machen. Bei längeren Entscheidungsprozessen kann das auch mehrmals zwischendurch sinnvoll sein! Das Sichtbar-Machen ist keine „Abstimmung“, sondern soll den Stand der Meinungen aufzeigen!
Aufstellen
Im Raum stellen sich die Kinder entsprechend ihrer Meinung auf: Wer für A ist, steht auf einer Seite, wer für B ist, steht auf der anderen Seite des Raumes, dazwischen kann sich jede/r frei positionieren (z.B. in der Mitte, eher bei B…).
Diese Methode funktioniert auch für bis zu vier Möglichkeiten – die Kinder stellen sich entsprechend ihrer Meinung statt auf einer Linie im Dreieck oder im Quadrat auf.
Daumenmethode
Wer für den Vorschlag ist, zeigt die Hand mit Daumen nach oben, wer dagegen ist mit Daumen nach unten, wer unentschieden ist oder wem es egal ist, zeigt den Daumen zur Seite.
So steh ich dazu
Wer dafür ist, steht groß und aufrecht, wer dagegen ist, hockerlt sich hin – mit Abstufungen dazwischen.
Alternativen denken
Eine Entscheidung sollte so gut wie möglich die Wünsche, Bedürfnisse und Meinungen aller berücksichtigen. Eine reine Abstimmung zwischen mehreren Möglichkeiten, bei der die Mehrheit gewinnt, sollte daher selten notwendig sein. Viel besser ist es, nach einem Konsens (eine Variante, mit der alle Beteiligten einverstanden sind) oder einem Kompromiss (einer Variante, mit der alle Beteiligten leben können) zu suchen. Dafür ist es nötig, vor der Entscheidung möglichst frei und kreativ Alternativen zu den bisherigen Ideen zu denken.
Kreative Konfliktlösung
Du schreibst alle Lösungsideen, die die Kinder nennen, auf ein Plakat. Wichtig ist, dass dabei wirklich alle Ideen genannt werden dürfen – auch solche, die einem selbst nicht realistisch oder vernünftig erscheinen. Erst nach der Sammelphase wird bewertet und sortiert, z.B. indem jede/r einen Klebepunkt zu den Ideen klebt, die er/sie gut findet. Bei „kleineren“ Entscheidungen (z.B. der Frage, welches Spiel zum Abschluss der Stunde gespielt wird) kann das auch sehr schnell und evtl. auch ohne Plakat ablaufen.
Berater/innen (für Ältere)
Die Kinder teilen sich in Kleingruppen. Jede Gruppe schlüpft in die Rolle von Unternehmensberater/innen, die beauftragt sind, eurer Gruppe bei der Lösung ihres Problems zu helfen. Die Gruppen haben etwa 20 Minuten Zeit und sollen dann ihre Ideen präsentieren. Wichtig ist dabei, dass die Kinder wirklich in die Rolle der Berater/innen schlüpfen, um „von außen“ Lösungsideen zu erfinden – Requisiten und Verkleidung können dabei helfen! Denn das Ziel dieser Methode ist, die Situation aus einer anderen Blickrichtung als der eigenen zu betrachten, dadurch können oft neue Lösungsideen gefunden werden, die bei der anschließenden Entscheidung helfen können.
Je nach Erfahrung der Gruppe mit gemeinsamer und fairer Entscheidungsfindung ist es auch deine Aufgabe, mögliche Alternativen und Kompromissvorschläge zu nennen. Wichtig ist aber immer, dass die Entscheidung zwar mit deiner Unterstützung, aber von den Kindern getroffen werden soll.
Christine Anhammer
kumquat "Sprache" 4/2014