Geschichte

Die Cistercienser gründen Heiligenkreuz

1188 ist Wildegg, damals noch unter dem Namen Wildekk, erstmals urkundlich erwähnt. Dieses Datum kann natürlich nicht mit dem Baubeginn oder der Fertigstellung der Burg gleichgesetzt werden. Der wirkliche Zeitpunkt der Beendigung des Burgenbaues liegt vermutlich zwischen 1136, dem Datum der Errichtung des Stiftes Heiligenkreuz, und 1188. Vor 1136 dürfte Wildegg noch nicht existiert haben, da im Stiftungsbrief des nur etwa vier Kilometer entfernten Stiftes Heiligenkreuz kein Wildegger als Zeuge auftritt.

Das Kloster wurde im Jahre 1133 von Cisterciensern gegründet. Der Orden, damals noch keine 40 Jahre alt, war in Frankreich von einer Gruppe Benediktinermönche, die ihr Stammkloster verlassen hatten, ins Leben gerufen worden. Der Ort, den diese zur Errichtung eines neuen Stiftes ausgesucht hatten, war Citeaus (lat. Cistercium). Es war ihre Absicht, hier streng nach den Regeln des heiligen Benedikt zu leben, was ihrer Meinung nach die Benediktiner in den letzten Jahren verabsäumt hatten.

1126 trat dann Otto, ein Sohn des in Österreich regierenden Babenbergerherzogs Leopold III. (Heiliger Leopold) in eines der neuen Cistercienserklöster in Frankreich ein. Otto, der später Bischof von Freising wurde, war es dann offensichtlich auch, der seinen Vater zur Gründung des Stiftes Heiligenkreuz bewegen konnte. Der Herzog sah das Kloster aber nicht nur als ein Ordenshaus, sondern auch als Grabstätte für die Babenbergerdynastie. So ist dann auch 1194, also sechs Jahre nach der ersten Erwähnung der Burg, Herzog Leopold V., der Großneffe des heiligen Leopold, in Heiligenkreuz begraben worden, was die besondere Bedeutung des Stiftes zu jener Zeit hervorhebt.

Ein Burgenbau und seine Voraussetzungen

Doch nun zurück zur Burg Wildegg. Wer sind die Leute, die eine Burg bauen, woher kommen sie und wozu errichten sie diese? Die Herkunft der Erbauer ist bis heute nicht geklärt, doch dürften sie entweder aus den niederösterreichischen oder dem bayrischen Uradel stammen. Damals kommt es oft vor, dass Bayern oder Slawen nach Österreich kamen und das teilweise noch unbesiedelte Land in Besitz nahmen. Diese zumeist adeligen Einwanderer sahen darin eine Chance, zu Reichtum zu kommen. Sie wurden nämlich vom jeweiligen Herzog mit Land belehnt, das dann von zumeist selbst mitgebrachten Leuten für sie bestellt wurde. Wir dürfen uns dabei aber nicht unabhängige Bauern in heutigen Sinne vorstellen, sondern die jeweilige Bevölkerung war dem Grundbesitzer dienstpflichtig und musste sein Land bearbeiten. Häufig wurde von den Machthabern des Mittelalters statt Adeliger auch die Kirche als Lehensherr eingesetzt, da die Mönche auf Grund ihres hohen Bildungsstandes neue Techniken in die Landwirtschaft einbrachten, die die Garantie für einen hohen Ertrag waren (besonders die Cistercienser waren dafür bekannt).

Als weiterer Grund für die Erbauung der Burg darf wohl angenommen werden, dass sich das Reich (Österreich war ein Teil des Heiligen Römischen Reiches) gegen Osten durch einen Burgengürtel absichern wollte. Die Gegner waren hauptsächlich die Ungarn und Slawen. Daher ist die Burg auch auf einem schwer zugänglichen Felsen erbaut, um besser verteidigbar zu sein. Sie ist also eine für die Zeit und diese Gegend typische Felsenburg, im Gegensatz zu den vor allem zu Beginn des 12. Jahrhunderts erbauten Wasserburgen.

Wildegg - eine Festung

Wildegg sah aber zu jeder Zeit ganz anders aus als heute. Die mittelalterliche Feste, auf rotem Fels errichtet, war kleiner und einfacher als der jetzige Bau. Der nördlichste Teil der Burg, also die heutige Kapelle und der Rundturm, wurde erst später hinzugebaut. Wenn man damals von der Straße aus ankam, erblickte man als erstes den Berchfrit (Wehrturm). Links davon war eine Zugbrücke, deren Rollen man heute am alten Burgtor sehen kann. Diese Zugbrücke führte über einen Graben, der später zur Erbauung des neuen Teiles zugeschüttet wurde. Der Berchfrit ist auch der am festesten gebaute Teil der Burg, die Mauerstärke beträgt bis zu 2,30 Meter. Der Turm war ursprünglich sicherlich nicht vom Hof aus zugänglich, sondern nur über eine Leiter, die einen Einstieg in eine weiter oben befindliche Luke des Turms ermöglichte. Dies war also die letzte Zufluchtsstätte der Bewohner, die dann aus einer heute noch bestehenden Schießscharte die Angreifer vor dem Burgtor bekämpfen konnten.

Während der Berchfrit wohl bereits die heutige Höhe hatte, war die restliche Burg nur einstöckig. Eine Ausnahme bildet natürlich der Südturm, von dem aus ein eventuell herannahender Feind frühzeitig erblickt werden konnte. Außer der Kapelle und dem Rundturm wurden später noch die Arkaden und das Stiegenhaus hinzugebaut. Das bedeutet, dass der Hof des mittelalterlichen Baus größer war als heute. Auch der über den Erdgeschossarkaden befindliche Schlafraum (der heute "Schlauch" genannt wird) im ersten Stock und das sogenannte Büro im 2. Stock fehlten natürlich noch. Die Verbindung des Kellers mit dem 1. Stock dürfte die heute noch teilweise existierende steinerne Wendeltreppe gewesen sein, die direkt vom Keller in den 1. Stock führte (ohne Ausgang im Erdgeschoß). Diese Wendeltreppe endete in einem kleinen Raum hinter der heutigen Küche.

Die ersten Burgbesitzer und ihre Zeit

Nachdem wir nun wissen, wie die Burg zu jener Zeit ausgesehen hat, wollen wir nun wissen, wie die Burg zu jener Zeit ausgesehen hat, wollen wir uns ein bisschen ihren Besitzern zuwenden. Der Begründer dürfte Heinrich von Wildegg gewesen sein. Auf ihn folgte vermutlich Walter von Wildegg, als Zeuge genannt in einer Urkunde 1187, der vielleicht der erste war, der das fertige Bauwerk bewohnte. Die Burg war dann bis 1261, als Konrad von Wildegg starb, im Besitz der Familie der Wildegger. Der Grabstein dieses Konrad von Wildegg ist heute noch im Kreuzgang von Heiligenkreuz zu sehen, er ist jedoch in schlechtem Zustand. Da Konrad keine männlichen Nachkommen hatte, fiel die Burg an die Brüder Rapoto und Wulfing von Altenburg, die seine Töchter heirateten. (Die Altenburger waren offensichtlich mit den ursprünglichen Wildeggern entfernt verwandt.)

Nun beginnt also die Zeit der Altenburger-Wildegger, aus der urkundlich die ersten Grundstücksschenkungen an Heiligenkreuz bekannt sind - zur Erlangung des Seelenheils für verstorbene Verwandte. Sicher haben aber vorher schon enge Kontakte zu Heiligenkreuz bestanden. Dies kann schon daraus geschlossen werden, dass bis zum Ende des 13. Jahrhunderts auch alle Wildegger in Heiligenkreuz begraben wurden. Die Beziehungen scheinen aber nicht immer freundlich gewesen zu sein, was aus Urkunden über Gebietsstreitigkeiten hervorgeht. 1346 haben die Altenburger-Wildegger vermutlich die Burg verloren, denn danach scheint Leutold Veusel als Besitzer auf. Dieser Leutold von Wildegg war Forstmeister des Herzogtums Österreich, wobei sich aber sein Wirkungskreis nur auf einen Teil des Wienerwaldes beschränkte.

Dieses Österreich war seit den Tagen der Burggründung stark gewachsen. Bestand es 1188 nur aus Wien und einem Teil Niederösterreichs (es reichte südlich bis knapp vor Wiener Neustadt), so kam 1192 die Steiermark (zu der damals auch der restliche Teil Niederösterreichs und ein großer Teil Oberösterreichs gehörte) dazu. Als die Babenberger 1246 ausstarben, hatte sich also Österreich bereits deutlich vergrößert. Nach fünf Jahren Streitigkeiten um die Nachfolge der Babenberger übernahm der böhmische Thronerbe Otakar die Macht. Dieser wurde jedoch 1276 vom zum deutschen König gewählten Rudolf von Habsburg gewaltsam verdrängt. Die Habsburger konnten dann 1335 Kärnten, Südtirol und Krain und 1363 Tirol dazugewinnen.

Wildegg im ausgehenden Mittelalter

Wir sehen also, dass zu der Zeit, als Leutold Veusel die Burg besaß, Österreich etwa so groß war wie heute. 1362 starb Leutold Veusel und die neuen Burgbesitzer wurden die Neuhauser. Zu Wildegg gehörte damals auch der Ort Sparbach und Teile von Alland. Die Neuhauser verkleinerten offenbar die von vornherein nicht sehr bedeutende Herrschaft weiter. 1455 verkauften sie dann die Burg und bis 1479 wechselten die Besitzer häufig. In diesem Jahr übernahm der gefürchtete tschechische Söldnerführer Hans Holuber Wildegg.

Für Österreich war die Zeit des ausgehenden Mittelalters eine sehr schlimme. Sie war von Umbrüchen und Konflikten geprägt, die auch die breite Bevölkerung schwer belasten. Nach dem Tod von Rudolf IV. (der Stifter) von Habsburg war Österreich wieder in zwei Teile geteilt worden. Sein Bruder Albrecht II. bekam Niederösterreich und Wien, Leopold III. den Rest des Reiches. Als jedoch Albrecht III. 1392 starb, begannen Streitigkeiten, die vor allem nach dem Tod seines Sohnes und Nachfolgers Albrecht IV. eskalierten.

Diese innenpolitisch schwierige Zeit begünstigte einen Machtzuwachs der Stände (Adel und Kirche). Parallel dazu verloren die Ritter jedoch deutlich an Einfluss. Die Verwaltung wurde erstmals systematisch organisiert, es entstand das Beamtentum, das manche früheren Aufgaben der Ritterschaft übernahm. Außerdem waren Leute nicht ritterlicher Abstammung durch den regen Handel vor allem mit Venedig zu Geld und damit Bedeutung gekommen.

Auch auf militärischem Gebiet war die Zeit der Ritterheere teilweise vorbei. Immer mehr wurden Fußheere in Österreich eingesetzt, was seit vielen Jahren in der Schweiz erfolgreich angewendet worden war. Diese Situation führte dazu, dass sich Teile des Ritterstandes nach teilweisem Verlust ihrer Aufgaben und damit ihrer Einkunftsmöglichkeiten die Streitigkeiten der Landesfürsten zunutze machten und raubend durch das Land zogen (Raubritter). Da die Herzöge nicht fähig waren, die Ausschweifungen zu unterbinden, versuchten sich die Stände selbst zu helfen und setzten bezahlte Landsknechte zur Bekämpfung ein, die auch Teilerfolge erzielen konnten. Die Situation besserte sich aber erst, als Albrecht V. die Macht übernahm.

Doch schon überschwemmte ein neuer Krieg Niederösterreich. Die Hussiten, die Anhänger des böhmischen Reformators Hus drangen ins Land ein, zerstörten es fast völlig und konnten erst nach acht Jahren heftigster Kämpfe im Jahre 1432 zurückgedrängt werden. Aber schon wieder traf Österreich ein neues Unglück. Albrecht V. starb 1439. Wie seine Vorgänger war auch er noch sehr jung, die Nachfolge nicht geregelt und erneut begannen diesbezügliche Streitigkeiten. Für die Stände bedeutete dies einen weiteren Machtzuwachs, jedoch konnten auch sie nicht verhindern, dass Böhmen und Ungarn, die kurzzeitig zu Österreich gehört hatten, ihre eigenen Anführer wählten. Die logische Folge waren ständige Spannungen zwischen Ungarn, Böhmen und Österreich.

Die unruhigen politischen Verhältnisse und die ständigen Kriege führten dazu, dass die Herrscher Söldnerheere hatten, die die Funktion eines bezahlten Berufsheeres hatten. Dieser, in der Bevölkerung nicht allzu beliebten Berufsgruppe, gehörte auch unser Burgherr Hans Holuber an. Eine ganz neue Periode brach aber für die Burg an, als Hans Holuber Wildegg, zusammen mit der Pfarrkirche in Sittendorf, an Achaz von Neideck verkaufte.

Die Neidecker in Wildegg

Fast 200 Jahre blieb die Burg im Besitz der Neidecker. Diese Zeit des ausgehenden Mittelalters und der anbrechenden Neuzeit brachte nicht nur ständige Kriege, die 1683 (im Zuge der Belagerung Wiens durch die Türken) zur teilweisen Zerstörung Wildeggs führten, sondern auch den, wenn auch bescheidenen Ausbau zum Renaissanceschloss.

Doch wir wollen die Ereignisse weiterhin chronologisch betrachten. Die Belehnung Achaz Neidecks von Wildegg, wie er sich später zu nennen pflegte, erfolgte erst sieben Jahre später nach dem Kaufvertrag mit Hans Holuber. Kaiser Maximilian I. belehnte 1493, in einer noch heute erhaltenen Urkunde, den Neidecker mit der Burg. Dies mag als eines der vielen Beispiele für die damals äußerst träge Erledigung solcher Angelegenheiten in Österreich dienen, weshalb auch die Zustände noch im selben Jahr geändert wurden. Niederösterreich, Oberösterreich, die Steiermark, Kärnten und Krain wurden zu einer Verwaltungseinheit zusammengeschlossen. Der Kaiser setzte Landesregierungen ein, was für die Stände eine deutliche Machteinbuße bedeutete. Auch in der Rechtsprechung ist durch die Wiedereinführung des römischen Rechts ein bedeutender Schritt getan worden. Eine wesentliche Minderung der Willkür der Richter konnte jedoch erst im 17. Jahrhundert erreicht werden.

Nun wollen wir uns aber etwas den Neideckern zuwenden. Die Familie war das bedeutendste Adelsgeschlecht, das im Besitz von Wildegg war. Mitglieder der Familie waren Hofkammerräte, Ritterstandsverordnete (Vertreter des Ritterstandes) oder Landrechtsbeisitzer. Interessant ist auch, dass das Wappen der Neidecker, das aus drei in der Diagonalen angeordneten Jakobsmuscheln besteht, auch in Rastenfeld zu finden ist. Das beweist, dass die Neidecker auch im Besitz dieser Burg im Waldviertel waren.

Der erste Umbau der Burg

In modifizierter Form ist das Wappen auf dem Reliefstein in den Erdgeschoßarkaden aus dem Jahre 1549 zu sehen. Dies dürfte auch das Datum des ersten Umbaus der Burg sein. Dabei ist der italienische Renaissanceeinfluss leicht erklärbar, weil in der Familie der Neidecker, die offensichtlich überdurchschnittlich gebildet waren, einige Mitglieder in italienischen Universitäten studiert hatten. Im Jahre 1491 war ein gewisser Ulrich von Neideck sogar Rektor an der Universität in Bologna. Angebaut an die Burg wurde das Stiegenhaus und die Arkaden aller drei Stockwerke. Dabei sind die Säulen aber nicht schlank in Renaissanceart, sondern als sich verjüngende Pfeiler ausgeführt. Weiters entstanden damals die Räume über den Erdgeschossarkaden (Schlauch und Büro), wie auch der ganze restliche 2. Stock mit Ausnahme des Berchfrits und des Südturms. In diesem neuen Teil befindet sich auch der größte Raum der Burg, der sogenannte Rittersaal, der allerdings im Vergleich zu anderen Schlosssälen recht einfach gehalten ist. Die Neugestaltung der mittelalterlichen Feste war nämlich eine der ersten dieser Art in Österreich. Wildegg hat aus diesem Grund auch den ersten dreieckigen Renaissancehof nördlich der Alpen. Später wurde der Ausbau alter Burgen zumeist prunkvoller gestaltet, was aber auch damit zusammenhängt, dass andere Herrschaften vermögender waren als die Neidecker. Als Beispiel dafür seien die Schallaburg, Greillenstein und Ottenstein genannt.

Der Protestantismus und seine Folgen

Außer dem Umbau der Burg setzten aber zu dieser Zeit Veränderungen ganz anderer Art ein. Seit den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts begannen in Niederösterreich Leute zum Protestantismus überzutreten, und bald darauf bekannte sich der überwiegende Teil der Bevölkerung zum neuen Glauben.

Die Gründe dafür waren einerseits, dass adelige Grundherren durch die Auflösung von Klöstern deren Güter zu gewinnen suchten, andererseits aber die teilweise katastrophale Situation der katholischen Kirche. In den Klöstern lebten Mönche teilweise im Konkubinat, Pfarren waren unbesetzt oder von unqualifizierten Personen betreut. König Ferdinand, dem Nachfolger und Enkel des Kaisers Maximilian I., einem in Spanien streng katholisch erzogenen Regenten, waren bei der Bekämpfung des Protestantismus aufgrund der schwierigen außenpolitischen Lage aber die Hände gebunden. Er musste nämlich mit dem Geld der teilweise lutherischen Adeligen den Krieg gegen die Türken finanzieren, die 1529 erstmals vor Wien gestanden waren und seitdem eine latente Gefahr für das Habsburgerreich darstellten.

Der Höhepunkt des auch in Bauernkreisen weit verbreiteten Protestantismus in Österreich war 1571 erreicht, als Ferdinand, Nachfolger Maximilian II., der wohl selbst der neuen Lehre nicht ganz abgeneigt war, eine feierliche Urkunde über Religionsfreiheit erließ. Diese sicherte zu, dass der jeweilige Grundherr die Religion seiner Untertanen selbst bestimmen konnte. Allerdings wurden daran zwei Bedingungen geknüpft: Erstens durfte die katholische Religion nicht geschmäht werden und zweitens musste eine Gottesdienstverordnung für die lutherische Messe erstellt werden. Diese zweite Bedingung führte dann in späteren Jahren zu einem Streit innerhalb der protestantischen Stände.

Auch die Familie der Neidecker war wohl schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zum neuen Glauben übergetreten. So kam es 1579 auch zu einem Streit zwischen dem katholischen Pfarrer von Sittendorf und der Familie Neideck. Clara von Neideck, die Besitzerin der Burg, sang mit ihrem lutherischen Prädicanten (Prediger) in der Kirche von Sittendorf Psalmen in deutscher Sprache, als der Pfarrer Jacob Stindl in die Kirche eindrang und den Schlüssel verlangte. Es folgte nun ein heftiger Disput, bei dem es offensichtlich auch zu Handgreiflichkeiten kam. Jedoch konnte der Pfarrer, weil er nach eigenen Angaben nur drei Ministranten zur Verfügung hatte, die Neidecker, die von 30 Leuten Hofgesinde begleitet waren, nicht aus der Kirche vertreiben. Er wurde daraufhin kaiserlicherseits wegen seines allzu heftigen Auftretens zu einer Geldstrafe verurteilt, die er allerdings lange Zeit nicht bezahlte. Zur eigenen Verteidigung wandte er sich an das Stift Heiligenkreuz, das nun langwierige Verhandlungen mit den Neideckern aufnahm.

Erst fast fünfzig Jahre später wurde der Schlüssel der Pfarrkirche nach Einsetzung mehrerer kaiserlicher Kommissionen an das Stift ausgeliefert. Vollständig endete der Streit aber erst im Jahre 1651 zugunsten von Heiligenkreuz, das alle Rechte über die Kirche in Sittendorf erhielt. In diesen Jahren war die Gegenreformation bereits voll im Gange und auch die Neidecker traten wieder zum Katholizismus über. Vorher kam es 1679 noch einmal zu Schwierigkeiten. Die Neidecker waren aufgrund ihrer seinerzeitigen Konfessionsänderung schon seit Ende des 16. Jahrhunderts nicht mehr in Heiligenkreuz, sondern in der Pfarrkirche von Sittendorf begraben worden. Dabei war schon die Erlangung des Begräbnisrechts in Sittendorf schwierig, da es das Stift nicht gerne sah, wenn protestantische Verstorbene in katholischen Kirchen beigesetzt wurden. Ein weiterer Grund zur Verweigerung der Grablegung lag jedoch vor, als ein gewisser Ferdinand Julius von Neideck im Duell mit einem benachbarten Grafen derart schwer verletzt wurde, dass er 19 Tage später verstarb. Die Gruft in Sittendorf öffnete das Stift erst, als der Bruder des Verstorbenen nachweisen konnte, dass sich die Duellanten noch vor dem Ableben versöhnt hatten.

Die Gegenreformation

Als die Gegenreformation am Ende des 16. Jahrhunderts einsetzte, waren die katholischen Klöster in einer äußerst schlechten Situation. Kaiser Ferdinand I. hatte am Ende seiner Regierungszeit eine Visitation aller Ordenshäuser veranlasst. Datei zeigte sich, dass in den 122 Klöstern des Verwaltungsbezirks 340 Mönche, 160 Schwestern, 199 Konkubinen, 55 Ehefrauen und 443 Kinder lebten. Nicht viel besser war die Situation an der katholischen Fakultät der Universität Wien. Fast alle Studenten waren an protestantische Hochschulen in Deutschland gegangen. Besonders krass waren aber die Zustände in den Pfarren, wo meist lutherische Prediger tätig waren. Diese Tatsachen veranlassten Erzherzog Ernst 1580 zu ersten systematischen Gegenmaßnahmen, die mit der Beschlagnahmung protestantischer Bücher begannen und 1626 in der Ausweisung aller lutherischen Prediger aus Österreich ihren Höhepunkt erreichten.

Außenpolitisch hatten die Religionsstreitigkeiten inzwischen zum Krieg zwischen Böhmen und Österreich geführt. Nach dem Prager Fenstersturz, bei dem protestantische böhmische Ständevertreter die kaiserlichen Abgesandte aus dem Fenster warfen (1618), war der Dreißigjährige Krieg ausgebrochen. 1620 konnte Österreich die Böhmen zwar besiegen, doch es kam 1628 mit dem Eingreifen des protestantischen Dänemarks zu einer Ausweitung des Konflikts. 1630 trat dann auch Schweden unter Gustav Adolph in den Krieg ein. Nach dem Tod Gustav Adolphs (1632) in der Schlacht bei Lützen und der Ermordung des Österreichischen Generals Wallenstein, der mit den Schweden Geheimverhandlungen geführt hatte, wogte der Krieg mit wechselndem Geschick hin und her. Nachdem die Lage ab dem Jahr 1642 äußerst bedrohlich aussah, konnte der Kaiser 1648 im Westfälischen Frieden einen Vertrag ohne größere Gebietsabtretungen erreichen. Dafür waren aber weite Teile des Landes schwer verwüstet, wobei jedoch das Wald- und Weinviertel ungleich schwerer betroffen waren als das Viertel unter dem Wienerwald.

Stfit Heiligenkreuz kauft das zerstörte Wildegg

Unter der allgemeinen Geldnot hatten jedoch auch die Neidecker schwer zu leiden. Während noch 1621 die Kapelle und der Rundturm an die Burg angebaut werden konnten, dürften sich bald darauf erhebliche finanzielle Schwierigkeiten eingestellt haben.

Als dann die Türken 1683 bei der Belagerung Wiens einen Belagerungsring um die Hauptstadt legten, wurde die Burg größtenteils zerstört. (Die Spannungen zwischen dem Osmanischen Reich und Österreich hatten seit 1637 wieder ständig zugenommen, bis sie 1683 zum Eindringen der Türken in unser Land führten.) Ferdinand Raimund von Neideck, der letzte Neidecker, hatte aber nicht die finanziellen Möglichkeiten, die Burg wieder aufzubauen. So suchte er für sein halb vernichtetes Schloss einen Käufer, den er im Stift Heiligenkreuz fand. Diesem hatte der Kaiser Leopold I. nahegelegt, Wildegg zu erstehen, da er an dem Wildbann des zum Schloss gehörenden Waldes interessiert war. Der Habsburger hatte aber offenbar nach den Türkenkriegen nicht die finanziellen Mittel, die ganze Burg zu erwerben. Er bewog Clemens Schäffer, den damaligen Abt, zum Kauf, indem er ihm in einer prächtigen Urkunde, dem Incorporationsbrief, zusicherte, dass Wildegg direkt in kaiserlichen Besitz übergeht und Heiligenkreuz sich nicht um das Lehen bemühen müsse. Im Gegenzug erhielt der Kaiser vom Stift Jagdrechte zugesprochen. Der Kaufpreis war allerdings auch für das Kloster derartig hoch, dass vorher einige Verkäufe kleinerer, dem Stift gehörender Güter in der Umgebung notwendig waren.

Wildegg im Besitz von Stift Heiligenkreuz

Von nun ab blieb die Burg, bis auf wenige Ausnahmen, von den politischen Ereignissen in Österreich unberührt, weshalb diese auch nicht mit derselben Ausführlichkeit wie bisher behandelt werden sollen. Das Kloster Heiligenkreuz war seit den Tagen seiner Gründung zu einer großen Herrschaft angewachsen. Nachdem es im Vergleich zu anderen Ordenshäusern die Zeit der Reformation relativ wenig zu spüren bekommen hatte, unterstanden ihm 1591 über 500 Untertanen, womit es einer der größten Grundherren jener Zeit war.

Beginn der Renovierung

Schon als Abt Clemens das Schloss gekauft hatte, war es offenbar seine Absicht gewesen, es wieder instand zu setzen. Die Grundmauern des Schlosses dürften nicht zerstört gewesen sein, was einerseits aus den genauen Aufzeichnungen des Stifts über die Reparaturarbeiten, andererseits aber aus dem Vergleich mit einem 1672 entstandenen Stich Veit Fischers hervorgeht. Sofort nach dem Kauf wurde mit den Restaurierungsarbeiten begonnen. Zuerst wurde das Dach in Angriff genommen, das wohl völlig zerstört war. Wildegg erhielt als erstes einen neuen Dachstuhl und eine Schindeldeckung. Auch die Kamine, die vermutlich eingestürzt waren, wurden wieder aufgebaut. Wegen des zu großen finanziellen Aufwands musste der Abt aber das Projekt der Wasserleitung in die Burg fallen lassen, weshalb als nächstes das Meierhaus und der dort befindliche Brunnen sowie der Stadl ausgebessert wurden.

1689 begann dann die Wiederherstellung der Innenräume, wobei aber nur der erste Stock renoviert wurde. Kaum restauriert wurde wahrscheinlich die Außenfassade. Die rötlichen Flecken über manchen Fenstern der Burg zeigen nämlich noch heute die Spuren des Brandes in den Türkenkriegen. Am Ende seiner Amtszeit sanierte der Abt auch die restlichen Räume notdürftig. Aus dieser Renovierungsperiode stammt möglicherweise auch die Anhebung des Niveaus im Parterre, auf die im nächsten Kapitel noch näher eingegangen werden soll. Wir können Clemens Schäffer sicherlich den Retter der Burg nennen, denn er ersparte Wildegg das Schicksal, zur Ruine zu werden, wie es bei vielen anderen zerstörten Burgen jener Zeit der Fall war.

Gestaltung der Innenräume

Die Burg hatte seit 1686 einen geistlichen Verwalter. Dieses Amt hatte auch Marian Schirmer innegehabt, bevor er zum Nachfolger des verstorbenen Abts Clemens berufen wurde. Der neue Abt führte die Wiederherstellung Wildeggs mit großem Aufwand weiter. Die Räume im 2. Stock wurden endgültig fertiggestellt und die Arkaden erhielten ihre heutige Gestalt.

Inventarlisten jener Zeit zeigen, dass auch die Inneneinrichtung allmählich ergänzt wurde. Die Zimmer für den Prälaten - der heutige Gruppenraum im 2. Stock, das angrenzende Schlafzimmer und das Turmzimmer - wurden damals eingerichtet. Erst verhältnismäßig spät, um das Jahr 1700 wurde die Kapelle neu adaptiert. Vorher diente wohl die Pfarrkirche in Sittendorf als Gottesdienststelle.

Vom Renaissance-Inventar blieb ein herrlicher Renaissanceofen erhalten, der einst im 1. Stock in Wildegg stand und heute im Stiftsmuseum aufbewahrt wird. Er ist das einzige mit Sicherheit aus Neidecker Zeit stammende Inventar, das erhalten ist. In der Burg verblieben sind hingegen ein Renaissance-Wandschrank im Ahnfrauzimmer und die Renaissancetür zum Stiegenaufgang. Andere, aus der Zeit der Renovierung stammende Türen wurden später vom Stift aus der Burg entfernt und befinden sich heute im Stiftsrestaurant in Heiligenkreuz.

Wildegg im 18. und 19. Jahrhundert

Wenig Information existiert über das Schicksal der Burg im 18. Jahrhundert. Insgesamt haben 29 geistliche Verwalter auf der Burg gelebt. Der letzte, Thaddäus de Pauli, betreute Wildegg bis 1776. Jedoch scheint gesichert, dass teilweise auch Heiligenkreuzer Äbte das Schloss im Sommer besuchten. Auch ließen spätere Äbte sicherlich noch kleinere Renovierungen vornehmen. Namentlich ist in diesem Zusammenhang Abt Marian II. Reutter bekannt.

Dass die Burg während der napoleonischen Kriege beschädigt wurde, kann ausgeschlossen werden. Ein Dokument im Kriegsarchiv in Wien, das eine Beschreibung der Orte Niederösterreichs zu Beginn des 19. Jahrhunderts enthält, gibt nämlich über die Burg folgende Auskunft: "Wildegg - ein nutzbares, solides Schloß, liegt an der Höh, neben selbem ist ein Meierhof und ein solides kleines Haus, es dominiert das Tal und wird von den Waldhöhen dominiert".

Auch über eine weitere Benützung Wildeggs von Heiligenkreuzer Seite ist nicht allzuviel bekannt. Es geht aus den Heiligenkreuzer Aufzeichnungen hervor, dass in der Kapelle Messen gefeiert wurden, wobei jedoch um die Mitte des 19.Jahrhunderts das meiste Inventar verschwunden ist. Später hatte die Forstverwaltung des Stiftes ihren Sitz in Wildegg. Ein Datum für den Beginn dieser Benutzung konnte nicht festgestellt werden. Bekannt ist aber, dass die Kapelle als Rübenkammer verwendet wurde.

Für die Burg bedeutend war vor allem der Förster Corab. Er war besonders daran interessiert, neue Dinge in der Burg zu erforschen. Deshalb begann er auch Ausgrabungen, die Mitte des 19.Jahrhunderts zur Wiederentdeckung der steinernen Wendeltreppe führten. Ohne Resultat blieben aber seine Versuche, Geheimgänge zu finden, die in einer Sage betreffend die Türkenbelagerung im Jahre 1529 vorkommen. Angeblich konnten sich die damaligen Bewohner Wildeggs über einen Gang zur etwa 1,5km entfernten Burg Johannstein, die heute nur noch eine Ruine (im Naturpark Sparbach) ist, retten. Auch das Hauptziel des Försters Corab, nämlich die Auffindung der "zwölf silbernen Apostel" blieb unerfüllt. Heute ist eine Schießscheibe, die anlässlich seines fünfzigjährigen Berufsjubiläums angefertigt wurden in Heiligenkreuz aufbewahrt.

Die Verwaltung der Burg übernahmen nach den geistlichen Verwaltern 1776 die jeweiligen Meier, also die Besitzer des Meierhauses.

Ab 1825 wurde sie von weltlichen Pächtern betreut, die mit Ausnahme der Zeit des 1.Weltkrieges bis mindestens 1933 Wildegg innehatten.

Die Wanderfreunde in Wildegg

Eine bedeutende Veränderung ergab sich als 1923 die katholischen Wanderfreunde die Burg mieteten. Sofort nachdem sie diese bezogen hatten, begannen sie mit Renovierungsarbeiten, die offensichtlich dringend notwendig waren. Vor allem die zum Teil mit Brettern zugenagelten Fenster wurden instandgesetzt und gestrichen. Auch zwei in der Türkenzeit zerstörte Rauchfänge wurden wieder aufgebaut. Mit der Renovierung der Kapelle wurde 1927 begonnen und schon im nächsten Jahr konnte die Kapelle feierlich geöffnet werden Dabei ging allerdings die schöne Wandmalerei aus der Heiligenkreuzer Zeit verloren. Im Jahre 1933 ermöglichte dann eine aufwendige Dachreparatur den Wanderfreunden eine Jugendherberge zu eröffnen. Im Zuge dessen wurde auch die eingestürzte Stuckdecke des Bergfriedzimmers renoviert.

Zur selben Zeit waren der heutige Gruppenraum und die anschließenden Räume als Prunkräume ausgeführt und an eine Kommerzialratswitwe vermietet. Eine schöne Regentkommode, die in jenen Räumen stand, befindet sich heute im Heiligenkreuzer Stiftsmuseum. Bis 1948 entfernte das Stift den Großteil des Inventars aus der Burg, weshalb diese Gegenstände auch heute noch in Heiligenkreuz sind.

Zur Zerstörung der Burg wäre es fast 1945 gekommen. Die Burg war von SS-Truppen, die einen Stützpunkt errichten wollten, besetzt worden. Herannahende sowjetische Truppen wollten daraufhin die Burg sprengen, doch gelang es einem Mitglied der Wanderfreunde durch Verhandlungen mit den Sowjets die Zerstörung der Burg zu verhindern.

Die Jungscharburg Wildegg

Zur Geschichte der Jungschar

In den Jahren 1934-1938, während des Austrofaschismus, existierten vom Staat organisierte Kinder- und Jugendgruppen mit christlichen Bezügen. Die Jugend hieß Jungvolk, die Kinder Jungschar. Außerdem gab es in den Pfarren unabhängig davon organisierte Vereine, wie etwa Stundentenverbindungen. 1938, mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich, wurden alle diese Gruppen, ebenso wie der schulische Religionsunterricht aufgelöst. In der Folge entstanden in einigen Pfarren Wiens Jugendgruppen, die von einem Helfer betreut, Mädchen im Alter von 13 bis 25 Jahren und Burschen von 13 bis 15 Jahren (die älteren waren im Krieg) ansprechen sollten. Die Gruppenstunden hatten rein religiöse Themen zum Inhalt. Die Pfarrjugendlichen wurden von den Nationalsozialisten auf eine Liste gesetzt, einige fielen der Gestapo zum Opfer.

Bereits im Frühjahr 1945, knapp nach Ende des Krieges, begannen Frau Willy Lussnigg und Prälat Steiner gemeinsam mit ehemaligen Pfarrjugendlichen die pfarrliche Kinderarbeit. 1946 fand das erste Treffen von Gruppen- und Dekanatshelfern in Wildegg statt. Im Herbst desselben Jahres konstituierte sich der Diözesanführungskreis, dem etwa 12 Mitglieder angehörten. Wildegg war vermutlich über Kontakte der Familie Lussnigg zum Stift als Tagungsort ausgesucht worden. Die Räume in Wildegg waren damals in desolatem Zustand, jedoch konnte die Küche im 1.Stock benützt werden. Es war aber noch kein Wasser in die Burg eingeleitet, sondern dieses musste von einem Brunnen beim Stadl geholt werden.

Zur Konstituierung der Katholischen Jungschar kam es dann 1947. Willy Lussnigg und ihre Mitarbeiter hatten sich entschlossen, im Gegensatz zur Zwischenkriegszeit, sich an alle Kinder zu wenden und nicht "Elitetruppen" zu bilden. Jungscharstunden sollten außerdem nicht nur religiöse Inhalte haben, sondern das Ziel war, Kinder in all ihren Lebensbezügen ganzheitlich anzusprechen und ihnen so einen Weg in die Gemeinschaft der Kirche eröffnen. Damit war auch eine deutliche Trennung von der katholischen Jugend geschaffen, die sich dann 1948 durch deren Aufspaltung in Studenten, Schüler und Arbeiterjugend noch verstärkte.

Im Rahmen des 800-Jahr-Festes der Burg Wildegg im Jahre 1988 gedachte die Katholische Jungschar Österreichs ihrer Gründerin Willy Lussnigg. Am Freitag, dem 3. Juni 1988 wurde ein Gedenkstein enthüllt, der an der Mauer neben dem Aufgang zur Kapelle angebracht ist. Der Stein trägt, eingemeißelt in roten Granit, folgende Inschrift:

Die Katholische Jungschar dankt
Dr. Willy Lussnigg 1909 - 1986
Durch ihren Einsatz und ihre Ideen
ist 1947 die KJSÖ gegründet worden

Noch heute sind die Ideen Willy Lussniggs die Grundlage der Jungschararbeit in Österreich.

Von Anfang an wurde bei der Jungschar größter Wert auf eine gute Ausbildung der Gruppenleiter gelegt. Schon 1946 fand in Lambach der erste Kurs statt, im nächsten Jahr einer in Laxenburg. 1948 übersiedelten diese nach Wildegg, wo sie noch heute alljährlich stattfinden.

Die Jungschar mietet die Burg Wildegg

Ab dem 1.Mai 1947 hatte die Jungschar immer einen Burgverwalter. Der erste war Leo Schuler, der im Parterre die Räume bewohnte, in der bis dahin die Heiligenkreuzer Försterei untergebracht war. Noch im selben Jahr wurden das Erdgeschoß und der 1.Stock von der Diözesanleitung grundlegend saniert. Dabei wurde auch Wasser in die Burg eingeleitet, womit ein Projekt realisiert wurde, das schon Abt Clemens Ende des 17.Jahrhunderts plante. 1947 begann auch bereits die Vermietung Wildeggs an Gruppen. Dies war, wie auch heute noch, eine wichtige Einnahmequelle. Der Mietvertrag der Jungschar mit dem Stift Heiligenkreuz tat am 1.1.1948 in Kraft.

Die Burg war also für Jungscharzwecke adaptiert und nur noch die Räume im 2.Stock hinter den Arkaden waren von den Wanderfreunden gemietet. Bis 1962 wurde die Burg nur von der Mädchenjungschar benützt. Die Trennung der Jungschar in Buben- und Mädchenschar bestand in den Anfängen bis 1974. Ab 1963 wurde Wildegg auch von der Bubenjungschar für Treffen und Kurse verwendet.

Die Burg wird erneuert

Mit dem Beginn der Benützung Wildeggs durch die Bubenjungschar begannen auch wieder die Bauarbeiten. Es wurde 1962 das heutige Burgtor in Auftrag gegeben, das das alte, nicht verschließbare, ersetzte. Die alten Strohsäcke wurden sofort durch Eisenbetten ersetzt. Ebenso wurde der noch mit Holz beheizbare Herd ausgetauscht. Die teilweise noch immer schlechten sanitären Verhältnisse wurden verbessert. und neue Wasserleitungen gelegt. Im Laufe der Jahre wurde dann die gesamte Wasserversorgung der Burg verbessert. Es wurden nacheinander eine UV-Entkeimungsanlage, eine Frisch- und Abwasserkläranlage, eine neue Senkgrube und eine Entkalkungsanlage installiert.

Auch der Innenhof erhielt die Gestalt, die er bis 1996 hatte. Die äußerst unebene Bepflasterung des Hofes, die aus behauenen Steinen mit Sand dazwischen bestand, wurde durch Waldviertler Granitsteine ersetzt, die nicht wirklich zum Ensemble der Burg passten.

Es wurde auch ein wichtiger Beitrag zur Gestaltung des Innenhofes geleistet. 1965 baute der Bauorden unter Anleitung des Bundesdenkmalamtes den Innenhof neu aus. Die Farben und die Strukturierung des Anstrichs wurden auf Anraten der Behörde gewählt. Neben dem Stiegenhaus im 2. Stock befindet sich im Innenhof eine Sonnenuhr, die bei der Renovierung neu gestaltet wurde. Unter dem jetzigen Anstrich befanden sich noch Reste der originalen Sonnenuhr, die bei der nächsten Sanierung zwischen 1996 und 1999 restauriert wurde.

Gegen Ende der 70er Jahre wurden dann die Schlafräume im 2. und dann im 1. Stock mit Bettentürmen ausgestattet.

Besonders interessant gestalteten sich die Ausgrabungsarbeiten, die Ende der 70er Jahre im Parterre vorgenommen wurden. In der alten Kapelle wurde an der Südseite ein romanisches Fenster freigelegt. Im dort angehäuften Schutt fand sich ein einzigartiger, spätgotischer Panzerschurz aus dem 15. Jahrhundert, der vom Bundesdenkmalamt restauriert wurde. Auch dieser wertvolle Schatz befindet sich heute im Heiligenkreuzer Stiftsmuseum. Er ist weit bedeutender als alle Gegenstände, die bei der Ausgrabung der Parterreräume gefunden wurden.

Die Jungschar übernimmt die ganze Burg

Am 10.1.1986 kam es zum letzten Besitzerwechsel der Burg. 300 Jahre nachdem das Stift Heiligenkreuz die Burg gekauft hatte, machte es Wildegg der Erzdiözese zum Geschenk.

Im Sommer 1987 konnte die Jungschar vom Verein der Wanderfreunde auch die restlichen Räume im 2.Stock übernehmen, die dieser noch gemietet hatte. Die Auslastung des Vereinsheims war nämlich in den 80er Jahren ständig zurückgegangen. Die Österreichischen Wanderfreunde hatten Teile der Burg also genau 65 Jahre lang gemietet.

Gleich nach der Übernahme wurden in diesen Räumen Sanierungsarbeiten begonnen. Dieser Trakt der Burg wurde für die Abhaltung von Seminaren oder kleinen Tagungen hergerichtet. Die Räume bestehen aus einem Gruppenraum, einem kleinen Aufenthaltsraum und dem Schlafzimmer, sowie einer Küche mit einer Wandnische und einem WC. Erstmal wurde in diesen Räumen eine Zentralheizung installiert, die auch die Benützung im Winter ermöglicht.

Umfangreiche Renovierungsarbeiten

Nach der Übernahme der Burg durch die Erzdiözese begannen umfangreiche Renovierungsarbeiten die schon lange notwendig waren, aber für das Stift finanziell nicht bewältigbar waren. Zunächst wurde das gesamte Dach neu eingedeckt, anschließend die Außenfassade und der Hof hergerichtet. Zum Abschluss wurde Ende der neunziger Jahre der Stadl vor der Burg wieder instandgesetzt. Einzig dass sogenannte "Schnitterhäuschen" vor der Burg war bereits so verfallen, dass es nicht mehr hergerichtet werden konnte und im Jahre 2012 aus Sicherheitsgründen abgerissen wurde.

Während die Erzdiözese die Außensanierung finanzierte, kam es auch in den Innenräumen der Burg zu intensiven Renovierungsarbeiten. Anfang der neunziger Jahre wurde dann in der gesamten Burg eine Heizung eingebaut, so dass seitdem alle Räume im Winter nutzbar sind. Es wurden nicht nur fast alle Böden saniert und die Wände in den Räumen neu gestrichen, sondern auch die sanitären Anlagen, die Küchen und auch die gesamte Elektrik erneuert. All dies geschah in erster Linie durch Eigenmittel und in Eigenregie unterstützt durch viele ehrenamtliche Jungschargruppenleiter/innen. Außerdem wurde im ersten Jahrzehnt des 21.Jahrhunderts auch die Kläranlage durch einen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz ersetzt und die Wasserversorgung von einer eigenen Quelle auf einen Anschluss an das Ortsnetz umgestellt. Im Jahr 2009 wurde eine Solaranlage für die Warmwasseraufbereitung installiert.

Das Burgleben heute

Die Burg kann grundsätzlich von allen Gruppen für Veranstaltungen gemietet werden. Wegen ihrer besonderen Atmosphäre und ihrer reizvollen Lage mitten im Wienerwald bietet sie viele Möglichkeiten für die Benützer. Hier erlebten schon zahlreiche Kinder und Jugendliche aufregende und schöne Lagerwochen.

In den Sommermonaten bestimmen die Grundkurse der Jungschar das "Alltagsgeschehen" auf der Burg.