Was lernt man eigentlich bei der Jungschar?
Wenn ich an Jungschar denke, kommen mir Begriffe wie Spaß, spielen, Freund/innen und Lager in den Sinn. Bildung wäre da ganz sicher nicht bei meinen ersten Assoziationen dabei. Der Begriff erinnert mich mehr an Schule, Uni, an Mathematik, Englisch und Biologie. Wenn ich an Bildung denke, denke ich an meine Ausbildung, eine Menge Wissen, das ich gesammelt habe, über das ich geprüft wurde und für das ich zu Hause, gut in einer Lade verstaut Zertifikate, Zeugnisse und ähnliches habe. Jungschar war für mich im Gegensatz dazu ein Raum, in dem ich keine Leistung bringen musste. Zu denken, dass ich deshalb in der Jungschar nichts gelernt hätte, ist aber weit gefehlt.
Um sich anzusehen, was wir alle in der Jungschar lernen und gelernt haben, muss man unterscheiden zwischen Wissen (also den Dingen, die man bekommt, indem man sich hinsetzt und sie lernt) und Fähigkeiten, die geübt werden müssen – sogenannten skills. Hier gibt es hard skills, die relativ einfach zu überprüfen sind wie zum Beispiel Rechtschreibung oder Kopfrechnen. Dem gegenüber stehen die sogenannten soft skills, soziale Kompetenzen, die wir uns nur im Umgang mit anderen Menschen aneignen können. Darunter fallen Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Wertschätzung, Kompromissfähigkeit und so weiter.
All diese Fähigkeiten brauchen wir in der Jungschar und können sie dort üben und weiterentwickeln, indem wir aktiv tun, ausprobieren und Erfahrungen sammeln. Die Fähigkeit, sich selbst motivieren zu können, den Fleiß aufzubringen und die Verantwortung für eine Gruppe Kinder zu übernehmen, das gemeinsame Leiten einer Gruppe erfordert Teamwork, um mit all den Problemen und Schwierigkeiten umgehen zu können. Neben dem Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein, das man braucht, um sich vor eine Gruppe von Kindern zu stellen und ein Spiel anzuleiten oder ein Programm zu moderieren, kommt man kaum daran vorbei sich Durchsetzungsvermögen anzueignen. Herauszufinden wie man das in seiner Gruppe zustande bringt, ist zwar eine Herausforderung, aber die Strategien die wir dabei entwickeln, um unsere Kinder zu motivieren und zu überzeugen, bleiben uns ein Leben lang. Dies gilt besonders für Eigenschaften wie Einfühlungsvermögen und Wertschätzung. In meiner Arbeit mit den Kindern, aber auch mit den anderen Gruppenleiter/innen und Eltern war dies essenziell und geradezu eine Grundvoraussetzung um im Team arbeiten zu können. Von Jahr zu Jahr habe ich mir gerade in diesen Bereichen viel mitnehmen können.
Dass all diese soft skills im alltäglichen Leben und im Miteinander von unschätzbarem Wert sind, steht für mich völlig außerfrage. Aber auch im Berufsleben sind diese Fähigkeiten immer gefragter. Lasst euch von eurem Pfarrer also ruhig eine Bestätigung für eure Zeit als Jungscharleiter/innen schreiben, denn in der Jungschar lernt man durchaus eine Menge!
Benjamin Dittmoser-Pfeifer
kumquat "Ein Recht auf Herzensbildung" 3/2018