Kinder erleben heute eine Welt, in der alles käuflich scheint. Gerade Kinder, die aus von Armut betroffenen Familien kommen, müssen oft erfahren, dass sie von vielen Dingen ausgeschlossen sind, weil sie kein Geld haben, sich Jungscharlager, Urlaube, Kinobesuche, etc. zu leisten. Es gibt immer weniger Bereiche des Lebens, die nicht kommerzialisiert sind – also nichts kosten. Die Jungschar ist nicht nur die größte Kinderorganisation Österreichs, sondern auch die einzige, in der keine Mitgliedsbeiträge zu leisten sind, damit ein Kind dabei sein darf!
Etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 19 Jahren sind in Österreich von Kinderarmut betroffen – das ist in dieser Altersklasse also jede/r siebte! Daher können wir davon ausgehen, dass auch in so gut wie jeder Jungschargruppe das eine oder andere Kind dabei sein wird, auf das diese Statistik zutrifft.
Wer soll das bezahlen?
Leider stößt man beim Thema Finanzierbarkeit jedoch schnell an Grenzen. Auch wenn viele engagierte Mitarbeiter/innen ehrenamtlich Jungscharkinder und Ministrant/innen in Gruppenstunden und auf Lagern betreuen und versorgen, fallen ja auch immer wieder Material-, Verpflegungs-, Instandhaltungs- und sonstige Kosten an, die irgendwie abgedeckt werden müssen.
Auszug aus dem Wiener Diözesanblatt vom August 1980 (Diözesangesetz zur Finanzierung der Kinder- und Jugendarbeit):
Es ist Aufgabe der Pfarrgemeinde, durch Beistellung von geeigneten Räumen und finanziellen Zuwendungen, die vom Pfarrgemeinderat festgesetzt werden, die Entfaltung der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit zu fördern (...)
Zu den nach Maßgabe der vorhandenen Mittel aus der Kirchenkasse zu bestreitenden Kosten gehören vor allem: Das betriebsfähige Heim und die dafür notwendigen Betriebskosten (Miete, Instandhaltung, Beheizung und Beleuchtung, usw.), Seelsorgebehelfe (Papier, audiovisuelle Behelfe, usw.), religiöse Veranstaltungen und Schulungen. Daneben sind Kassen zu führen, durch die alle übrigen für die Arbeit mit Kinder- und Jugendgruppen notwendigen Auslagen gedeckt werden (z.B. Spiel- und Sportgeräte, Lager, Ausflüge, Ausgestaltung der Räume, usw.).
Demnach sollte die Pfarre also alle Kosten übernehmen, die zum laufenden Betrieb dazugehören – von Räumlichkeiten über Kopien und Behelfe bis hin zur Aus- und Weiterbildung der Gruppenleiter/innen.
Jedes Jahr (meist im Mai oder Juni) wird im Pfarrgemeinderat das Budget für das nächste Jahr beschlossen. Darin enthalten ist auch der Betrag für die pfarrliche Kinderarbeit (also unter anderem für die Jungschar). Einige Wochen vorher kann man den Vorschlag für das Budget einsehen und Änderungswünsche anmelden – in der Sitzung, in der das Budget beschlossen wird, ist es meist zu spät für Änderungen. Hier ist es natürlich von Vorteil, ein/e Vertreter/in der Jungschar im PGR zu haben, der/die sich für eine angemessene finanzielle Unterstützung der Jungschar einsetzen kann.
Neben den monetären Mitteln durch das Pfarrbudget lohnt es sich natürlich auch zu überlegen, welche „Geldquellen“ es sonst noch so gibt. Weitere Vorschläge für Finanzierungsmöglichkeiten findest du hier.
Jungschar soll für alle Kinder leistbar sein!
Auch wenn es bei der Jungschar keine Mitgliedsbeiträge gibt, werden größere Ausflüge, Kinobesuche, Bastelbeiträge, etc. meist von den Kindern bzw. deren Eltern bezahlt. Dabei ist es gut, immer im Hinterkopf zu behalten, dass solche zusätzlichen Ausgaben für Familien, die finanziell schlechter gestellt sind, eine große Belastung darstellen. Als Gruppenleiter/innen können wir darauf achten, dass Aktionen, bei denen Kinder einen finanziellen Beitrag leisten müssen, um dabei sein zu können (etwa ein Kinobesuch) nicht zu oft stattfinden oder dass eine Möglichkeit gesucht wird, solche Aktivitäten durch andere Quellen zu finanzieren (z.B. über die Einnahmen beim Verkaufen am Weihnachtsmarkt bzw. Flohmarkt, ein Jungschar-Pfarrcafé o.Ä.). So kann Jungschar für alle Kinder leistbar bleiben.
Jungscharlager
Auch wenn bei einem Jungschar- und Minilager keine Personalkosten einkalkuliert werden, weil viel Arbeit von Ehrenamtlichen in ihrer Freizeit geleistet wird, kann ein Sommer- oder Winterlager zu einer finanziellen Belastung für eine Familie werden. Fahren auch Geschwisterkinder auf ein Lager mit, so verschärft sich die finanzielle Frage für viele Familien zusätzlich.
In den meisten Pfarren ist bereits eine Geschwisterermäßigung üblich. Noch nicht sehr üblich aber sinnvoll ist es, den Kreis der Ermäßigungen z.B. auch auf Alleinerzieher/innen auszuweiten. Wir möchten euch anregen, auch offensiv darüber nachzudenken, wie Unterstützungen für Familien aussehen können, die sich Lagerbeiträge nicht so leicht leisten können. Eltern treten von sich aus selten an die Lagerleitung heran, um um finanzielle Unterstützung zu bitten – auch aus dem Grund, weil finanzielle Not oder Armut in unserer Gesellschaft noch immer zu den Tabuthemen zählen und Familien, die davon betroffen sind, immer wieder Ausgrenzung erleben. Versucht, Eltern zu vermitteln, dass es euch wichtig ist, dass alle Kinder mitfahren können, und dies nicht an finanziellen Gründen scheitern soll. Eine Möglichkeit wäre, keinen fixen Beitrag anzugeben, sondern eine Preisspanne, in die sich die Eltern dann (abhängig von den finanziellen Möglichkeiten) selbst einstufen können. Oder ihr fragt bei der Pfarrcaritas oder direkt im Pfarrgemeinderat um eine zweckgewidmete Unterstützung des Lagers für Familien an, die von Armut betroffen sind. Viele Eltern oder andere Pfarrmitglieder, die keine finanziellen Schwierigkeiten haben, werden sicher auch gerne Geld oder Lebensmittel für das Lager spenden – bei all diesen Dingen ist aber vor allem die Signalwirkung wichtig: „Bei uns sollen alle Kinder mitmachen dürfen!“
Jungschar und Ministrant/innen-Arbeit braucht Geld, um gut funktionieren zu können. Wichtig ist, dass Jungschar und Minis für Eltern möglichst wenig bis gar nichts kostet, damit der Grundsatz erhalten bleibt, dass hier alle Kinder – unabhängig von den finanziellen Verhältnissen, aus denen sie kommen – willkommen sind.
Sandra Fiedler
aus dem kumquat "gratis" 2/2011