Erdhirtin

Letztens bin ich über folgenden Satz in der Bibel gestolpert: „Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er in bebaue und hüte“ (Gen 2,15). Manchmal, wenn ich aus dem Fenster in den Himmel schaue oder wenn ich draußen in der freien Natur bin, meine ich zu wissen, was mit Garten Eden oder Paradiesgarten gemeint sein kann. Dann bin ich von der Schönheit meiner Umgebung überwältigt.

In den letzten Wochen und Monaten bin ich aber auch immer wieder über das Wort „Klimawandel“ gestolpert. In Medien wird berichtet, dass sich Jahreszeiten verschieben: In Gebieten mit Trocken- und Regenzeit setzen die Regenfälle zu früh ein und oft gibt es sehr lange Dürreperioden. Temperaturen werden höher und somit schmelzen Gletscher. Dadurch sind sogar bewohnte Inseln in Gefahr, unterzugehen. Wir tragen durch unseren Lebensstil einen großen Teil zu den Auswirkungen des Klimawandels bei.

Derzeit verbrauchen wir zum Beispiel an einem einzigen Tag mehr fossile Brennstoffe, als die Erde in 1000 Jahren erzeugt hat. Bei all dem erscheint es mir offensichtlich, dass der Mensch seine Aufgabe als Hüter/in der Erde nicht ausreichend wahrnimmt.

Wenn ich mich und mein Leben anschaue, dann habe ich schon das Gefühl, die Erde zu hüten: Ich trenne meinen Müll, benutzte oft öffentliche Verkehrsmittel, drehe meistens das Licht ab, wenn ich aus einem Raum gehe, heize recht wenig. Aber ich bebaue die Erde nicht. In meiner Wohnung gedeihen einige Topfpflanzen. Ansonsten konsumiere ich Produkte, die andere Menschen für mich anbauen.

Und hier fällt mir auf, dass ich sehr wohl meine Rolle als Hüterin vernachlässige. Auch ich trage einen Teil zum Ansteigen des Verkehrs oder zu Abholzungen in Regenwäldern bei: Durch mein Konsumverhalten! Bewusst geworden ist mir dieser Zusammenhang vor allem durch meine Aufenthalte auf den Philippinen.

Die Philippinen verfügen über sehr fruchtbares Land. Konzerne nutzen die guten Bedingungen dort, um zum Beispiel Ananas oder Bananen auf riesigen Plantagen anzubauen. Um Platz zu für die Plantagen Platz zu machen, musste viel abgeholzt werden. Heute gibt es auf den Philippinen nur mehr 7% des ursprünglichen Regenwaldes. Um möglichst billig, schnell und effizient zu produzieren, wird viel chemischer Dünger verwendet, damit die Früchte und Pflanzen schneller wachsen. Eine Ananas braucht ohne Dünger drei Jahre bis sie groß und reif ist.

Die Menschen auf den Philippinen haben mir erzählt, dass es Flugzeuge gibt, die giftigen Dünger aus der Luft auf die Felder sprühen. Die Leute, die in Plantagennähe wohnen, müssen vor diesen Flugzeugen in ihre Häuser fliehen, weil die Dünger für den Menschen schädlich sind. Wenn ich jetzt in Österreich einkaufe, wenn ich zum Beispiel vor dem Obstregal stehe, dann muss ich oft an die Leute auf den Philippinen denken. Und dann kaufe ich nicht die billigen Früchte, oder den billigen Reis, weil ich die Bedingungen unter denen produziert wird, nicht unterstützen kann.

Immer wieder bekomme ich auch in Österreich neue Informationen über Produkte und ihren Energieaufwand. Zum Beispiel habe ich erst letztens gehört, dass frische Bio-Paradeiser aus Österreich im Winter mit einem unglaublich hohen Energieaufwand in Glashäusern produziert werden. Und Bio-Äpfel werden in Kühlhallen überwintert, die viel Energie verbrauchen.
Es ist für mich nicht einfach, zu konsumieren und gleichzeitig die Erde zu hüten. Wenn ich einkaufen gehe, stehe ich oft vor Produkten und denke lange nach, welche ich kaufen kann, weil sie der Umwelt möglichst wenig Schaden zufügen.

Das ist anstrengend und macht keinen Spaß. Andererseits, wenn ich noch weiter auf der Welt leben will, wenn ich will, dass noch viele andere viele Jahre hier leben können, vielleicht mal meine eigenen Kinder, dann muss ich mich kümmern, mich sorgen, über meinen Tellerrand schauen, Informationen hinterfragen und meine Macht als Konsumentin wahrnehmen, um die Erde zu hüten damit sie auch in der Zukunft bebaubar ist.

Betti Zelenak