Die Bilder von der Welt

Oft schreiben wir über die sogenannte „Dritte Welt“, auch in den Medien sind immer wieder Fotos und Artikeln aus den „Entwicklungsländern“. Mit der Zeit habt ihr sicher einige Bilder in euren Köpfen gesammelt- für Afrika, Asien oder Lateinamerika. Um genau diese Bilder soll es im folgenden Artikel und der anschließenden Gruppenstunde gehen: Woher stammen diese Bilder eigentlich? Welche Geschichten können sie erzählen? Und vor allem: wie können manche stereotypen Vorstellungen erweitert, verändert oder aufgeweicht werden?

Bilder schaffen Bilder

Versuchen wir ein Gedankenexperiment: Schließ‘ kurz die Augen und denke an die „Dritte Welt“. Was für Bilder schießen dir in den Kopf? Ich hab diese Übung schon oft mit Leuten gemacht und häufig kamen ähnliche Assoziationen: trockene Steppenlandschaften, dreckige Hütten, dunkelhäutige Kinder mit Blähbäuchen, halbnackte, Männer und „exotisch“ wirkende Frauen,… Oft haben diese Bilder eines gemeinsam: Sie zeichnen ein Bild, geprägt von Armut, oft auch „Passivität“ und Ohnmacht.

Im seltensten Fall schießen uns solche Bilder in den Kopf, weil wir schon mal an diesen Orten waren - sondern weil wir diese Bilder im Fernsehen oder in Zeitungen gesehen haben. Der globale Süden ist unverhältnismäßig oft negativ in den Schlagzeilen: Militärische Konflikte, Hungersnöte und Pandemien wie z.B. AIDS, sowie ausbeuterische Arbeitsverhältnisse scheinen, laut Medienberichten, an der Tagesordnung zu stehen.

Bilder schaffen Vorurteile

Ich will nicht behaupten, dass die Bilder aus den Medien nicht wahr sind. Aber sie zeigen eben nur eine Seite. Der globale Süden ist genauso vielseitig und facettenreich, wie der „Norden“. Überall auf der Welt gibt es Arme wie Reiche, überall sehr viel Schönes, aber natürlich auch weniger Erfreuliches.

Das Problem an der Sache ist: Bilder schaffen Vorurteile: Der Süden wird oft pauschal als „arm“ und „hilflos“ dargestellt – Vorurteile, die so nicht stimmen! Es herrscht zwar deutlich größere Armut als z.B. in Österreich (wobei diese Armut nicht „gottgegeben“ oder gar Schicksal ist, sondern mit jahrhundertelangen ungerechten Strukturen zusammenhängt), aber genauso gibt es unglaublich viele beeindruckende Initiativen, starke Persönlichkeiten, viel Innovation und Tatendrang.

Gerade im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit, in dem ja auch die Dreikönigsaktion tätig ist, war lange Zeit eine sehr einseitige Bildsprache an der Tagesordnung. Mit dem Ziel Spenden zu sammeln, wurden oft armutszentrierten Bilder –oft hungrige Kinderaugen, in dunklen Farbtönen- eingesetzt.

Bilder sind wichtig

In den letzten Jahren ist es zum Glück, zumindest innerhalb unserer Organisation, zu einem Umdenken gekommen. Dies zeigt sich neben inhaltlichen Schwerpunktänder­ungen auch bei den Motiven der Sternsingeraktions-Plakate.

Auch in der Bildungsarbeit sind Bilder und Fotos wichtig. Menschen (vor allem Kinder) brauchen sie, um sich ferne Länder und das Leben der Menschen dort vorstellen zu können. Dabei ist ein reflektierter Umgang mit den Bildern wichtig.

Clemens Huber

IPSUM

Der Verein IPSUM widmet sich intensiv Fragen rund um Bilder und Fotografie im Nord-Süd-Kontext: Was wird fotografiert und welche Situationen somit abgebildet? Wer steht hinter der Kamera und auf wen ist sie gerichtet? Und wem gehört dann eigentlich das Foto – dem/der Fotografin oder der Person, die darauf abgebildet ist? Über kulturelle, politische, sprachliche, religiöse und geografische Grenzen hinweg arbeitet IPSUM mit dem Medium Fotografie und versucht neue Sichtweisen zu ermöglichen, das eigene Weltbild zu erweitern, Vorurteile aufzubrechen und neue Perspektiven aufzuzeigen. Mehr Infos, auch zu verschiedenen internationalen Kunstprojekten, findest du unter: www.ipsum.at.

aus dem kumquat "Abenteuer" 3/2011