Und wie lösen wir das jetzt?!?

Ungewöhnliche Konfliktlösungskonzepte weltweit

Überall streiten Menschen. Sie streiten sich in der Familie, in der Jungschar, in der Schule, auf der Uni, im Büro, auf der ganzen Welt!

Streit hat es immer schon gegeben und wird es immer geben. Wir sind alle unterschiedlich, und wir haben alle unterschiedliche Bedürfnisse, die wir nicht immer zufriedenstellen können. Streit kann also auch etwas sehr Positives beinhalten, nämlich dass wir nach dem Streit so auseinander gehen, dass wir alle unsere Bedürfnisse stillen konnten. Sei es ein materielles Bedürfnis oder ein inmaterielles wie Anerkennung, Dankbarkeit, Respekt, Freiheit oder Unabhängigkeit.

Genauso, wie Menschen überall streiten, wird auch überall nach Wegen und Möglichkeiten gesucht, um diese Streitereien ein Ende zu setzen. Wenn wir uns hier streiten, versuchen wir uns vielleicht danach zu entschuldigen oder ein klärendes Gespräch zu suchen. Oft funktioniert das sehr gut, aber manchmal braucht man etwas Hilfe, wenn man seinen Streit nicht selbst lösen kann. Hier schaltet sich der Staat ein, in Form von Gerichten. Dort können die Streitparteien ihre Standpunkte klarstellen und der/die Richter/in entscheidet, was nun zu tun ist. Das System, Außenstehende in die Konfliktlösung einzubeziehen, ist weit verbreitet, muss aber nicht immer so sein. Hier möchte ich einige für uns vielleicht etwas ungewöhnliche Konzepte vorstellen.

Yanomami

Die Yanomami sind ein indigenes Volk in Papua-Neuguinea und leben im Amazonasgebiet. Wenn es dort zu einem Konflikt kommt, dann weiß man sich auf eine ganz besondere Art zu helfen, nämlich auf folgende: die zwei Konfliktpartner/innen halten sich gegenseitig mit einem Holzstück aneinander fest, es sieht dann so ähnlich aus als würden sie sich umarmen, nur dass sie sich gegenseitig nicht direkt auf den Rücken greifen, sondern eben einen Holzstab in den Händen halten den sie dem anderen an den Rücken drücken - beide haben so einen Holzstab und können so Druck und Nähe regulieren. Dieser Holzstab hat an der Seite, die an den Rücken gedrückt wird geschnitzte Zacken. Die Konfliktpartner sollen so lange in dieser Position bleiben, bis sie sich geeinigt und den Streit beigelegt haben.

Pradhan Panch

Das ist eine indische Gemeinschaft. Wenn es einen Konflikt gab, wurde das Panch Prameshwar einberufen. Normalerweise wurde das Problem dem Pradhan (eine Art Vorsitzender der Gemeinde) vorgetragen. Die jeweils Betroffenen suchten sich je einen Panch, dieser war so etwas ähnliches wie ein Anwalt. Mit ihm konnten sie über den Streit und ihre Anliegen sprechen. Das Problem wurde dann vor allen in der Gemeinde vorgetragen und der Pradhan trifft schlussendlich eine Entscheidung. Diese Entscheidung musste dann von beiden Parteien angenommen werden. Sie konnten sich nicht dagegen wehren, da der Druck aus der Gemeinde  zu groß war.

Im indischen Bundesstaat Bihar wurde dieses System vor einigen Jahren wieder eingeführt. Heute heißt es aber Gram Kachahari, im Prinzip ist es dem Pradhan Panch ganz ähnlich und wird als eine Art kommunale Selbstverwaltung verwendet. Dort werden kleinere Streitereien mithilfe dieses Systems gelöst. Jede/r aus dem Dorf kann dort seine Anliegen vortragen, allerdings muss man eine Registrierungsgebühr von 100 indischen Rupien zahlen. Im Prinzip ist dieses System dem Gerichtswesen nicht ganz unähnlich.

Egal wie und wo, es gilt für seine Konflikte Lösungen zu finden. Nicht immer ist diese Weg einfach, vielleicht nicht immer so körperlich anstrengend wie bei den Yanomami, trotzdem wird der Weg zur Lösung nicht immer leicht sein. Trotzdem bemühen wir uns immer darum, einen Ausweg zu finden, der für alle Beteiligten wieder Handlungsmöglichkeiten eröffnet.

Kathi Bereits mit Ideen und Tipps von Julia Scheidl und Eva Wallensteiner.

[aus dem kumquat "autsch!" 3/2010]