Quidditch
oder was du schon immer über Mannschaftsspiele wissen wolltest
"Eine Sekunde zu lang hatte er angehalten. Der Klatscher hatte schließlich doch noch getroffen. Er war gegen seinen Ellbogen geknallt, und Harry spürte, dass sein Arm gebrochen war... Nur noch einen einzigen Gedanken hielt er in seinem betäubten Kopf fest: Schaff es noch zu Malfoy... von Schmerzen geschüttelt hörte er wie aus weiter Ferne vielstimmiges Pfeifen und Rufen. Er achtete nur noch auf den Schnatz in seiner gesunden Hand. 'Aha', nuschelte er, 'wir haben gewonnen.' ..."
Das ist kein Ausschnitt aus einem blutigen Actionfilm mit Sly Stallone, sondern eine "ganz normale" Szene aus Quidditch, dem Lieblingssport in Harry Potters Zauberwelt. Dort geht es zwar nicht immer so hart zu, aber gebrochene Nasen sind durchaus an der Tagesordnung. Das kann nicht nur bei Zauberern/innen passieren, auch bei den Mannschaftsspielen der Menschen wie z.B. Fußball oder Hockey geht es oft ziemlich brutal zu.
Mannschaftsspiele in der Jungschar: ein Widerspruch?
Mannschaftsspiele leben davon, dass zwei Gruppen gegeneinander spielen und der Spielreiz darin besteht, am Schluss in der besseren Mannschaft gewesen zu sein. Das heißt, der Spielspaß geht auf Kosten der schlechteren Mannschaft. Deswegen liegt ein Hauptaugenmerk dieser Spiele auf der Mannschaftszusammenstellung. Jede Mannschaft versucht, die besseren Spieler/innen zu bekommen.
Besonders die Kinder, die nicht so sportlich oder bei einem bestimmten Spiel nicht so gut sind, stehen dadurch unter großem Druck. Nicht nur, dass sie persönlich darunter leiden, etwas nicht so gut zu können wie die anderen, werden sie möglicherweise auch noch von den anderen Mitspieler/innen ihrer Mannschaft explizit oder unterschwellig dafür verantwortlich gemacht, wenn die eigene Mannschaft nicht gut abschneidet. Deshalb spielen diese Kinder dann meist eher defensiv, d.h. sie trauen sich dann z.B. bei Ballspielen nicht, selbst zu schießen, aus Angst vor Ballverlust oder einem sonstigen Nachteil für die eigene Mannschaft.
Wenn wir in der Jungschar alle Kinder mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten ernst nehmen wollen, so scheint es auf den ersten Blick so, als wären Mannschaftsspiele nicht mit dem vereinbar, was wir in der Jungschar den Kindern vermitteln und mit ihnen erleben wollen.
Es geht auch anders
Deine Kinder werden von dir immer wieder Mannschaftsspiele einfordern. Du hast aber keine Madame Pomfrey bei der Hand, die wie bei Harry Potter nach dem Spiel alle Kinder wieder "ganz" zaubern kann. Außerdem wirst du mit deinen Kindern Spiele spielen wollen, bei denen sie sich zwar austoben können, aber dennoch miteinander spielen. Was kannst du also tun, um Mannschaftsspiele so zu gestalten, dass es allen Spaß macht und dieser Spaß auch im Vordergrund steht?
7 Tipps für...
Spaß für alle
Motivation zum Spielen soll für alle der gemeinsame Spaß und nicht der Kampf ums Gewinnen sein. Deshalb ist es gar nicht notwendig, Punkte oder Tore zu zählen. Möglicherweise werden deine Kinder sich zunächst dagegen wehren, weil sie anderes gewöhnt sind, es braucht aber meist nur ein bisschen Zeit, um auf den Geschmack zu kommen, wie viel Spaß zum Beispiel Fußball machen kann, ohne unter dem Druck zu stehen, mehr Tore als die anderen erzielen zu müssen. Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt des Verzichtens aufs Punktezählen ist, dass man sich so viele Streitigkeiten und Diskussionen erspart: es ist einfach nicht mehr so wichtig, ob der Ball jetzt im Tor oder an der Stange war, wenn kein Punkt dafür gezählt wird. Der Spaß am Spiel und der Bewegung steht viel mehr im Vordergrund. Und: Wenn nicht gezählt wird, so wird erfahrungsgemäß auch viel weniger gefoult.
Gruppenbildung ohne Bauchweh
Jede/r, der/die zum Beispiel im Schulturnen beim Wählen der Mannschaften einmal oder vielleicht sogar immer erst ganz zum Schluss in eine Mannschaft gerufen wurde, weiß wahrscheinlich, was für ein unangenehmes Erlebnis es ist, das eine/n an den eigenen Fähigkeiten zweifeln lässt und dazu führt, dass man sich beim Spiel von vornherein nicht wirklich gut fühlt. Ein Wählen der Mannschaften ist einem für alle Kinder angenehmen Spielklima jedenfalls abträglich.
Aber wie kann man dann Mannschaften bilden, die zumindest annähernd gleich stark sind? Du kannst die Kinder zum Beispiel einfach auffordern, sich selbst in den Spielfeldern in ungefähr gleich starken Gruppen zusammenzufinden. Bei jüngeren Kindern stellen sich die Kinder in einer Reihe immer paarweise gegenüber. Die Paare dieser Doppelreihe treten dann auseinander, so entstehen zwei Reihen von Kindern, die je eine Gruppe darstellen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass du die Gruppen einfach selbst einteilst.
Austausch
Stellt sich während des Spiels heraus, dass die Gruppen unterschiedlich stark sind, können jederzeit Spieler/innen ausgetauscht werden. Die Mannschaften müssen auch nicht unbedingt gleich groß sein. Wichtig ist, dass alle die Chance haben, aktiv am Spiel teilzunehmen.
Mitspielen, Klima prägen
Spiele selber mit und versuche dadurch das Spielklima positiv zu beeinflussen, z.B. indem du alle Kinder dazu ermunterst, aktiv mitzuspielen, und versuchst, gerade jene Kinder einzubeziehen, die weniger Chancen erhalten. Auch beim Spielen orientieren sich die Kinder stark an dir als Gruppenleiter/in, wenn es dir gelingt, durch dein Spielen rüberzubringen, dass es dir nicht primär darauf ankommt, ob du jetzt ein Tor geschossen oder einen Korb erzielt hast, sondern ob ein guter Pass geglückt, eine gute oder witzige Einlage gelungen ist und einem Kind - egal aus welcher Mannschaft - etwas gut gelungen ist, so werden die Kinder das mit der Zeit von dir übernehmen können.
Regeln erklären
Auch bei Spielen, die den meisten bekannt sind, ist es sinnvoll, vorher die Regeln zu erklären und nicht anzunehmen, dass diese eh bekannt sind. Zusätzlich sollen komplizierte, aber für das Spiel nicht unbedingt notwendige Regeln wie z.B. Abseits weggelassen werden - im Vordergrund soll ja der gemeinsame Spaß am Sporteln stehen, für den umfangreiche Regeln nicht nötig, sondern eher hinderlich sind, da sie das Spiel beschränken.
Modifikationen, die lohnen
Habe keine Hemmungen, ein Spiel einfach so zu verändern, dass es zu dir und deiner Gruppe passt. Spielregeln sind keine Naturgesetze, sondern nur menschliche Erfindungen und können beliebig verändert werden. Oft genügt es schon, nur einige Regeln anzupassen, damit das Spiel euren Bedürfnissen gerecht wird.
Talk about it!
Erkläre deinen Kindern, worauf es dir beim gemeinsamen Spielen ankommt und warum ihr verschiedenes vielleicht anders macht als in der Schule oder im Sportverein. Auch wenn deine Kinder, was für sie Ungewohntes betrifft, zuerst skeptisch sind: das lustvolle gemeinsame Spielen kann sie überzeugen, denn es macht wirklich allen Spaß.