Der Anfang ist das Wort
Gestalten eines Wort-Gottes-Dienstes oder einer Andacht, sich dabei von einer Bibelstelle leiten lassen und sehen wohin das führen kann.
Das Ziel jedes Gottesdienstes (egal ob in der Form einer Heiligen Messe, eines Wort Gottes Dienstes, einer Andacht, einem Gebet, …) ist die Berührung zwischen Gott und Mensch. Der Begriff „Gottesdienst“ zeigt beide Richtungen dieser Berührung an: zuerst kommt Gott auf uns Menschen zu, Er will uns nahe sein, uns in Seiner unendlichen Liebe bergen und uns dienen. Um das zugesagt zu bekommen und zu spüren, feiern wir Gottesdienst. Zugleich ist ein Gottesdienst auch Antwort auf diese Einladung Gottes, wir loben und preisen Ihn dafür und wollen hinhören auf das, was Er uns sagen will, wollen Ihm ähnlich werden und Ihm dienen.
Damit Kinder und Jugendliche diese Grundbotschaft der bedingungslosen Liebe erfahren können, braucht es eine zielgruppengerechte Gestaltung. Je jünger die Kinder sind, desto wichtiger ist es, dass sie selber etwas tun können. Wenn wir beispielsweise im Advent von Jesus als dem „Licht der Welt“ sprechen, können Kinder dies deutlich besser erfassen, wenn Licht weiter gegeben wird und sich ein dunkler Raum nach und nach erhellt. Eine beliebte Möglichkeit zur Verinnerlichung sind auch Bewegungen zu Liedern oder das Nachspielen von Bibelstellen.
Je nach Rahmen der gottesdienstlichen Feier gibt es mehr oder weniger Gestaltungsspielraum oder anders ausgedrückt Halt durch einen fixen Ablauf. Eine Eucharistiefeier hat eine gleichbleibende Struktur (Eröffnung - Wortgottesdienst - Eucharistiefeier - Abschluss) und auch ein Wort Gottes Dienst folgt einem klaren Aufbau (Eröffnung - Wortgottesdienst - Abschluss). Andachten und Gebete können einen ganz individuellen Ablauf haben. Sie eröffnen die Freiheit, dich auf das einzulassen, was dir die aktuelle Bibelstelle nahe legt oder was du denkst dass für deine Gruppe jetzt gerade passt.
Praktische Hintergrundinfos und kindgerechte Ideen zur Gestaltung der einzelnen Teile einer Messe findest du im Direktorium für Kindermessen. Wenn du auf der Suche bist nach Ideen für die Gestaltung einer Sonntagsmesse empfehle ich wärmstens unser „Online-Effata“. Dies ist mittlerweile eine der größten digitalen Hintergrund- und Modellsammlungen zu Kindergottesdiensten im deutschsprachigen Raum.
Der Anfang ist das Wort - wenn wir davon ausgehen, dass mit dem Wort alles beginnt, ist die erste Frage: Wie komme ich zu dem Wort? Oder wie kommt das Wort zu mir?
Hier gibt es mehrere Möglichkeiten:
Die Stellen vom Tag
Abhängig vom Lesejahr gibt es für jeden Tag zumindest einen Abschnitt aus dem Evangelium und einen weiteren aus dem AT oder NT, die in allen katholischen Messen weltweit gelesen werden (bis auf geringe Abweichungen wegen regionaler Bräuche oder Feste). Die Erzdiözese Wien gibt zu Beginn des Kirchenjahres (Advent) das Direktorium heraus, in dem die jeweiligen Perikopen („Bibel-URL“, z.B. Mk 13,33 37) und viele spannende Hinweise zu finden sind.
Vorteil dabei ist, dass viele Menschen in ganz unterschiedlichen Kontexten sich heute mit derselben Stelle auseinander setzen, ihr also quasi nicht allein betet. Wenn dir diese zwar passend aber zu schwierig erscheint, kannst du eine der Parallelstellen wählen (diese sind am Ende des Absatzes in der Bibel angeführt) oder eine andere Stelle suchen, die dasselbe Thema hat.
Eine Bibelstelle, die euch als Gruppe begleitet oder ein Thema aufgreift, das euch bewegt (z.B. Sind Gerechtigkeit und Liebe ein Widerspruch? - Das Gleichnis vom barmherzigen Vater: Lukas 15,11 32).
Eine Stelle, die zu dem Anlass passt, den ihr feiern wollt (z.B. Advent: Jesaja 40,1 5.9 11 oder Fastenzeit: Jesaja 58,4-10).
Hilfreich beim Finden einer geeigneten Stelle ist der Bibleserver, mit Stichwortsuche und verschiedenen Übersetzungen. Hier ist auch die Einheitsübersetzung 2016 online.
Wenn du dich für eine Passage aus der Heiligen Schrift entschieden hast, geht es weiter mit der Wahl eines Themas. Dieses soll mit dem Leben der Kinder oder Jugendlichen verknüpft und möglichst konkret sein. Dabei ist es wichtig, die eigentliche Zielgruppe im Blick zu haben und andere Mitfeiernde auch zu bedenken (z.B. in einer Familienmesse sind Menschen allen Alters).
Zunächst ist eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Bibelwort dran:
1. Was sagt Gott mir durch das Wort? Was klingt bei mir an, woran erinnert es mich, welche Gefühle und Fragen kommen auf?
2. Welche Themen stecken da drinnen, die die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen treffen? Was davon wähle ich aus? Hier ist es nötig, sich auf einen Aspekt zu konzentrieren und alle anderen Ideen wegzulassen - auch wenn das hart ist.
3. In welchem Satz kann ich das Ziel, die Richtung dieses Gottesdienstes ausdrücken? Was ist die Pointe, die sich die Kinder oder Jugendlichen mitnehmen sollen? Welchen Aspekt könnte ich für andere Mitfeiernde andeuten?
Der nächste Schritt ist die konkrete Gestaltung. Wie groß der Rahmen dafür ist hängt, wie gesagt, an der Form die du wählst. Bei einer Kindermesse sind es klassischer Weise die Lieder, die Fürbitten, eine Aktion zu Beginn, bei der Predigt, beim Friedensgruß oder/und beim Segen. In der Kirche wird immer wieder von einer „Eucharistiezentrierung“ gesprochen, das heißt dass bei vielen Anlässen „der Einfachheit halber“ eine Messe gefeiert wird („einfach“ weil der Ablauf klar ist und Geübte wenig vorbereiten müssen).
Im Kontext von Kinder- oder Jugendgruppen will deutlich ermutigen neue Formen des gemeinsamen Feierns auszuprobieren, z.B. eine Lichtfeier im Advent, eine Dankandacht vor den Sommerferien oder einen Gebetsabend für Frieden in der Welt. Für eine solche Feier brauchst du keine/n Pastoralassistent/in oder Priester, die/der die Feier leitet. Als Gruppenleiter/in kannst, darfst und sollst du mit deiner Gruppe feiern, auch Gottesdienste :-)
Bei einer Andacht kannst du die Länge frei wählen und auch was alles passiert. Als Grundbewegung empfehle ich von unserer Lebenswelt auszugehen und eine Erfahrung zu thematisieren, die Kinder oder Jugendlichen kennen (z.B. Angst haben). Dann schaut ihr in die Bibel um zu entdecken, was Menschen vor langer Zeit dahingehend mit Gott erlebt haben (Fürchte dich nicht, Gott ist treu - z.B. Jesaja 40 oder Lukas 1,26 38). Abschließend überlegt ihr, was das für euer Leben heißen kann (ich kann dem Allmächtigen vertrauen, Gott sorgt für mich).
Gottesdienst ist in jedem Fall Teamplaying, nicht nur zwischen Gott und Mensch sondern auch zwischen Menschen. Die klare Empfehlung ist daher: suche dir mindestens noch eine Person für die Vorbereitung und Durchführung. Sich darüber auszutauschen, was mir diese Stelle sagt, ist nicht nur persönlich wertvoll sondern eröffnet auch ein breiteres Spektrum an möglichen Themen und Botschaften. Außerdem macht es mehr Spaß sich gemeinsam einzelne Schritte zu überlegen, passende Lieder auszusuchen, eine geeignete Methode oder Aktion zu planen, … und speziell für die Musik ist es ratsam mehrere Menschen einzubeziehen.
Zu guter Letzt noch ein wesentlicher Hinweis: Wir „machen“ den Gottesdienst nicht. Egal welche Rolle wir bei der Feier haben, wir sind Empfangende - was für eine Entlastung! Auch wenn du alles planst, darf dich etwas im Gottesdienst überraschen: sei es eine Äußerung eines Kindes oder Jugendlichen, ein Gedanke der dir plötzlich kommt oder Worte aus einem Lied. Trotz aller Vorbereitung gilt es offen dafür zu sein, dass Gott auch dir in dieser Feier etwas schenken und dich ansprechen will.
Unsere Verantwortung ist es den Raum für Erfahrungen zu öffnen, Kommunikation zu ermöglichen, untereinander und mit Gott. Dazu braucht es einen roten Faden, stimmige Lieder, abwechslungsreiche Teile und vielleicht noch einiges mehr - aber keine perfekte Planung bis ins letzte Detail. Gott will mit und durch uns in dieser Welt wirken, für dich in der Rolle der Leiterin/des Leiters macht Er es durch Überraschendes und Unvorhergesehenes. Nur Mut zum Ausprobieren und Lust am Feiern!
Sabine Kräutel-Höfer