Lobby im Jungscharalltag
Lobby für Kinder. Dauernd kommt dieses Wort „Lobby“ vor, aber was bedeutet es eigentlich?
Kann jede/r in der eigenen Pfarre Lobby „betreiben“ oder können das nur große Organisationen oder Parteien? Machen wir Lobby in der Pfarre, wenn wir einen Vorraum - eine Lobby haben, wo Kinder vor der Gruppenstunde empfangen werden? Das ist auch eine Bedeutung von Lobby, aber in diesem Kontext nicht ganz passend.
Der Begriff Lobby kommt vom englischen Wort für Vorhalle und geht auf die Vorhalle des Parlaments zurück, wo Vertreter/innen verschiedener Gruppen den Abgeordneten ihre Meinungen präsentiert haben.
Wenn man Lobby in einem Wort beschreiben müsste, könnte man das mit Interessenvertretung machen. Dann wird es schon ein bisschen nachvollziehbarer. Lobby für Kinder bedeutet, dass wir die Interessen der Kinder in unserer Pfarre und auch in der Gesellschaft vertreten. Gerade in der Jungschar heißt es so schön: Wir stellen die Kinder in die Mitte! Uns sind Kinder einfach wichtig und wir wollen, dass andere Menschen das auch so sehen.
Um vielleicht den Start in die Lobby-Arbeit zu erleichtern oder bereits vorhandene Ideen zu erweitern, habe ich eine Liste erstellt. Damit schafft ihr euch eine gewisse Grundvoraussetzung auf dem Weg zur Lobby für Kinder. Einfach mal durchlesen und auf euch wirken lassen.
Das ist direkt im Umgang mit Kindern wichtig:
- Das wichtigste Prinzip ist natürlich, die Meinung der Kinder ernst zu nehmen. Allen Kindern Wertschätzung entgegenbringen, auch wenn sie manchmal anstrengend sind, ist nicht immer einfach, sollten wir aber immer versuchen.
- Dass wir Vorbilder sind, dürfen wir als Gruppenleiter/innen nie vergessen. Kinder merken sich genau, was wir zu ihnen sagen oder wie wir sie und andere behandeln.
- Fast bei jeder Gelegenheit könnt ihr „Jö/Pfui“ - Plakate aufhängen, sodass die Kinder die Möglichkeit haben aufzuschreiben, was ihnen gefällt und was sie nicht mögen. Dann könnt ihr in den nächsten Gruppenstunden darauf eingehen.
Das könnt ihr in der Gruppenstunde machen:
- Am Anfang des Jahres könnt ihr die Wünsche eurer Kinder in der Jahresplanung berücksichtigen.
- Den Kindern erklären, was Kinderrechte sind und was das konkret für ihr Leben bedeutet. Dabei könnt ihr euch zwischen den verschiedensten Gruppenstunden eine passende für eure Kinder auszusuchen. Ideen für Gruppenstundenmodelle findet ihr in der Gruppenstundendatenbank unter dem Stichwort Kinderrechte oder Mitbestimmung – wie z.B. der Kinderrechtekönig, Recht haben!,… Natürlich könnt ihr euch auch selber eine überlegen.
- Was man auch in einer Gruppenstunde machen kann, sind „Kindertauglichkeitstest“. Eine konkrete Lobbyarbeit wäre es, wenn ihr die Ergebnisse dieser Gruppenstunde in einem Brief formuliert und an den/die Bezirksvorsteher/in oder die Gemeinde schickt.
- Man kann vor allem ältere Kinder hin und wieder Mal in die Rolle der Gruppenleiter/innen schlüpfen und sie das Programm vorbereiten lassen. Das gilt natürlich auch fürs Lager. Es vermittelt den Kindern, dass wir sie ernst nehmen, ihre Entscheidungen respektieren und wir bieten ihnen die Möglichkeit, mitzubestimmen.
- Sollte mal bei euch im Gruppenraum eine Renovierung oder Neugestaltung anstehen, könnt ihr eure Kinder in die Raumplanung mit einbeziehen.
Ein paar Tipps speziell für Jungscharlager:
- Am Lager könnte man ein Lagerparlament ins Leben rufen, wo Kinder ihre Meinung über das Programm, das Essen oder sonstiges sagen dürfen. Vielleicht können manche Rahmenbedingungen, die Kinder gerne anders hätten, am Lager noch geändert werden (wie später aufstehen) und andere Anmerkungen kann man sich ja fürs nächste Lager merken.
- Eine gute Sache wäre auch eine finanzielle Unterstützung für das Lager, damit auch Kinder mitfahren können, deren Familien es sich vielleicht sonst nicht leisten könnten. Auch für Familien, wo mehrere Geschwister mitfahren, könnte man eine preisliche Abstufung pro Kind machen.
Hier tritt der Lobbycharakter sehr stark hervor, wenn ihr euch im PGR (=Pfarrgemeinderat) für eure Kinder stark macht und ein Budget für eine Lagerunterstützung bekommt.
Wie könnt ihr eure Kinder in der Pfarre vertreten:
- Damit man in der Pfarre den Kindern eine Stimme geben und sich für Kinder stark machen kann, wäre es gut, dass die Jungschar im PGR vertreten ist. Dort kann man immer wieder den Blickwinkel von Kindern einbringen.
- Für die Gruppenstunden wäre es gut, wenn man Räume in der Pfarre hat, in denen sich die Kinder austoben und laut sein können. Praktisch wäre es auch, einen Platz zu finden, wo Kinder auch Ball spielen dürfen, ohne dass sie gleich Angst haben müssen, etwas kaputt zu machen. Wenn das ist nicht selbstverständlich ist, solltet ihr das im PGR ansprechen und euch dafür einsetzen.
- Kinder sind vielleicht stolz darauf, wenn man Plakate, die man in der Gruppenstunde gemacht hat, auch in der Pfarre aufhängt, damit es andere sehen können.
- Während der Messe ist es gut, dass man Kinder in irgendeiner Form beschäftigt, damit ihnen nicht langweilig wird – zum Beispiel mit Hilfe von Musikinstrumenten, damit sie bei den Liedern mitspielen können oder Stifte und Papier zum Zeichnen.
- Optimal wäre natürlich, eine ganze Messe kindgerecht zu gestalten. Eine Möglichkeit ist auch den „ersten“ Teil der Messe in einem extra Raum für Kinder zu gestalten, nach der Gabenbereitung wieder zusammenzukommen und kurz zu sagen, was ihr mit den Kindern gemacht habt.
- Bei pfarrlichen Veranstaltungen für Erwachsene fehlt oft parallel dazu eine gut vorbereitete Kinderbetreuung. Wenn Eltern ihre Kinder zu diesen Veranstaltungen mitnehmen, könnte man sich im PGR dafür einsetzen, dass für diese Kinder auch speziell etwas angeboten wird und sie nicht nur auf der Seite sitzen müssen.
- Um viele Menschen auf die Kinderrechte aufmerksam zu machen, kann man einerseits Kinderrechtefolder oder -freecards (die man sich im Jungscharbüro holen kann) in der Pfarre (zum Beispiel nach der Messe) verteilen und auch Kinderrechtsplakate (auch im Büro erhältlich) aufhängen.
Vielleicht habt ihr beim Durchlesen gemerkt, dass einige Dinge in eurer Pfarre schon selbstverständlich sind, dann ist das ja richtig toll. Wenn das noch nicht der Fall war, habt ihr euch hoffentlich ein paar Tipps holen können und werdet den einen oder anderen Vorschlag selbst ausprobieren. Ich wünsche euch in jedem Fall viel Spaß dabei!
Lisi Straßmayr
[aus dem kumquat "Kinderrechte" 4/2009]