Sind wir Kirche? Bist du Papst?

Die „Zeitung kritischer Christen“ versuchte im Februar 2009, aus den Ausläufern der angeblichen Kirchenkrise noch schnell Kapital zu schlagen und schreibt mir großen, schwarz-roten Lettern auf ihr Cover: „Wir sind NICHT Papst“. Im Inneren der Zeitschrift diskutieren Theolog/innen über die biblischen Grundlagen des Papstamts, Hierarchie in der Amtskirche und verschiedene Messriten.

Eine Fernsehdiskussion zur Kirchenkrise artet innerhalb kürzester Zeit in eine Schlacht mit Bibelzitaten aus und erinnert dabei schmerzlich an einen Debattierwettbewerb bei den Gilmore Girls - die beteiligten Personen reden völlig am Publikum vorbei als gäbe es eine Jury, die Punkte vergibt und einen Sieger kürt.

„Wir sind NICHT Papst“ - ist das wirklich die entscheidende Frage, die Christinnen und Christen im Moment grade fesselt, hab ich mich gefragt.

Der ehemalige Linzer Weihbischof Gerhard Wagner, Auslöser der „Kirchenkrise“, hat mit seiner konservativen Grundhaltung Widerstände in der Kirche ausgelöst. Erstmals nicht nur bei progressiven Strömungen, sondern auch bei seinen zukünftigen Mitarbeiter/innen, den Pfarrern und den Dechanten. In dieser Stimmung des Widerstands wurde leider verabsäumt, die echten Themen der Kirchenkrise anzusprechen und anzugehen.

Verteufelungen von Harry-Potter und homophobe Einstellungen sind für viele Gläubige höchstens der letzte Auslöser, um der Kirche den Rücken zu kehren. Wer nun aus der Kirche austritt, hat sich schon lange Zeit davor von ihr distanziert, lese ich in einem Kommentar. Meiner Meinung nach, haben sich nicht die Menschen von der Kirche distanziert, sondern umgekehrt.

Geradezu verzweifelt halten Kritiker/innen und Befürworter/innen der verschiedenen Strömungen in der Kirche theologische und biblische Diskussionen lebendig, die längst am Leben, an den Sorgen und Ängsten der Menschen vorbeigehen - eine selbsternannte Elite diskutiert auf eine unsolidarische Art über Themen und Inhalte, die oftmals völlig welt- und menschenfremd sind. Bei zu vielen Themen, die Menschen heute beschäftigen, schafft es die Kirche nicht, ihre Inhalte und Botschaften in einer zeit- und umstandsgemäßen Sprache und Form zu den Menschen zu bringen.
 
Was braucht die Kirche jetzt? Die Kirche muß die Menschen in ihrer Zeit, in der Situation abholen, in der sie sind, mit ihren Sorgen und Bedürfnissen respektvoll umgehen, Frust und Wut auch aushalten ohne gleich das Seelenheil der Betroffenen in Abrede zu stellen. Die Kirche braucht mehr als nur Toleranz den kritischen Stimmen gegenüber, sie muß diese fördern und dafür Sorge tragen, daß alle Christinnen und Christen gehört werden und ihrer Kirche in „kritischer Loyalität“ begegnen können.

Und die Kirche braucht Menschen, Männer und Frauen, Geweihte und Laie/innen, die wie Paulus nie den Blick auf das Wesentliche verlieren: „Denn dafür arbeiten und kämpfen wir, weil wir unsre Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt haben.“ (1Tim 4,10a)

Dominik Mach