Tagebucheintrag vom 15. November 2037

Heute habe ich Herrn P., unseren Hausmeister, dabei beobachtet, wie er Akim und Sina den Ball zugeworfen hat, den sie wieder einmal in seinen kleinen Garten geworfen haben. Er hat sogar ein bisschen gescherzt mit den beiden. Wenig später hat er ihren Eltern ganz ruhig (ohne zu schimpfen!) gesagt, dass er es nicht so super findet, wenn die Kinder spätabends noch so laut im Hof sind, weil er dann nicht schlafen kann.


Wer hätte das vor zwanzig Jahren gedacht? Ist das wirklich derselbe Mann, der damals alles, was in unserer Wohnhausanlage kaputt gemacht wurde, „den Tschuschen“ in die Schuhe geschoben hat? Der, der früher die Kinder angebrüllt hat, dass sie „sich schleichen“ sollen?

Erfreulich, dass sich manche Dinge doch ändern.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als die Eltern von Akim und Sina, die damals ja noch Kinder waren, mit ihren Eltern aus dem Kosovo nach Österreich gekommen sind. Jahrelang mussten sie bangen, ob sie bleiben dürfen oder doch abgeschoben werden. Das war wirklich eine furchtbare Zeit der Ungewissheit und des Bangens. Zum Glück wurde 2008 beschlossen, dass alle, die schon länger als 5 Jahre in Österreich leben und gut integriert sind, Bleiberecht bekommen.

Außerdem habe ich heute in der Zeitung gelesen, dass eine aktuelle Studie besagt, dass die Integration von Migrant/innen immer besser klappt. Die Furcht vor dem Fremden scheint geringer geworden zu sein, Nachbarschaftshilfe nimmt zu. Wunderbar! Bei uns im Haus haben sicherlich die Hoffeste, bei denen sich alle Mieter/innen zum Feiern getroffen haben, dazu beigetragen, dass man sich besser kennen gelernt hat und auch Vorurteile abgebaut werden konnten.

Letztens habe ich mit einer jungen muslimischen Frau gesprochen, die sich sehr im Islamischen Kulturzentrum Brigittenau engagiert. Sie hat immer wieder betont, wie wichtig dieses Versammlungszentrum für die muslimischen Mitbürger/innen ist. Für sie war der Bau des Zentrums ein wichtiges Zeichen dafür, dass die islamische Gemeinde auch äußerlich sichtbar ein Teil von Wien ist. Wenn ich da an die Protestkundgebungen im Siebener-Jahr gegen den Bau des Zentrums mit den „Moschee-Ade!“-Parolen denke, wird mir heute noch übel.

Wenn ich so zurückschaue, muss ich sagen, dass sich einiges getan hat – wir nähern uns dem Bild des Lebens in Fülle für alle, das uns Jesus gezeigt hat.

Jutta Niedermayer