Feste feiern, wie sie fallen

Weihnachten, Fasching, Ostern, Pfingsten sind für viele von uns sehr bekannte Feste. Daneben gibt es viele weitere katholische Feiertage. Es gäbe eigentlich recht viel zu feiern. Nicht nur für uns heute haben bestimmte Tage und Termine eine besondere Bedeutung – viele Menschen vor uns, auch schon die Kelten und Keltinnen (rund 800 v.Chr.), haben an den selben Zeitpunkten im Jahr gefeiert, wie wir heute. Hier sollen die Hintergründe einiger unserer heutigen Festtermine etwas beleuchtet werden.
Ich finde es sehr spanned zu sehen, wie Menschen vor uns gefeiert haben, welche Funktion diese Festen hatten. Mir hilft es, unsere Feste besser zu verstehen und sie auch intensiver zu leben. Im Winter kann man zum Beispiel die dunkle Zeit nutzen, um sich mehr mit sich selbst und den eigenen „dunklen“ Seiten auseinanderzusetzen, und danach das Leben und das Licht ausgelassen feiern, die hellen Seiten, um auch wieder Kraft für den Winter zu tanken!

Jahresnacht und Jahrestag

Die kalte Jahreshälfte, den Winter, nannten die Kelt/innen „Jahresnacht“ und die warme Jahreshälfte, den Sommer, „Jahrestag“. Zur Zeit der Kelten und Keltinnen waren die Menschen stärker als wir heute von Wetter und Natur abhängig: Ernteerfolge bestimmten über Leben und Tod. Der Winter war die bedrohlichste und schwierigste Zeit im Jahr. Nur wenn im Frühling und Sommer genug wuchs, im Herbst geerntet werden konnte, wenn das Wetter gut war, konnten die Menschen einigermaßen sorglos in die kalte Jahreszeit gehen. Der Jahrestag war eine leichte, fröhliche Zeit im Jahr. Die Übergange von Jahresnacht zu Jahrestag und umgekehrt, waren die wichtigsten Feste der Kelten und Keltinnen (Beltane und Samhain).

Fasnacht, Fasching (Februar)

Wenn Tage wieder länger wurden, feierten die Menschen die Wiederkehr des Lebens in ausgelassener Form. Besonders im Februar wurden zahlreiche Fruchtbarkeitsrituale und Feste durchgeführt, Schabernack getrieben, die Dämonen des Winters ausgetrieben. Die Dämonenumzüge (auch heute gibt es noch zahlreiche Faschingsumzüge) dienten dem Austreiben des seelischen Unrats, um gereinigt in den Frühling zu gehen. Beim Faseln konnte man alles hinauslassen, sich austoben und ausleben. Die heutigen Faschingsbälle, Verkleidungen und Witze zeugen von der damaligen Funktion dieser Zeit.

Ostern

Ostern, ein Fest der Auferstehung, des Lebens, der Fruchtbarkeit, wird im keltischen Jahrestages gefeiert. Die Ostereier und Osterhasen sind Symbole dieser Fruchtbarkeit.

Beltane, Walpurgisnacht (1.Mai)

Mit dem Vollmond rund um den 1.Mai wurde die Sonne, das Leben, der Beginn des Tages, das Fest der strahlenden Sonne „Beltane“ gefeiert. Es war das Fest der Vermählung zwischen Himmel und Erde. Die Nacht vor diesem Fest war besonders bedeutungsvoll: In der letzten Nacht der dunklen Jahreszeit, in der Walpurgisnacht, standen die Türen zur Anderswelt, zur Unterwelt, offen.
In der germanischen Zeit zeugte die heilige Priesterschaft ihre Nachkommen in dieser Nacht, traf sich an bestimmten Plätzen (Hexentanzplätze) und begrenzten diese mit Weidenzweigen und Reisigruten. Sie trugen teilweise Masken und tanzten und trugen so ihren Teil zum Hexenmythos bei.

Lugnasad, Maria Schnee, Maria Himmelfahrt (5. und 15. August)

Der August ist der heißeste Monat. Auch heute spüren wir manchmal die stehende Hitze und Energie. Bei Sommergewittern kann sich diese Energie entladen. Um die Ernte vor Dürre, Gewitter, Schädlingen und Brand zu schützen, feierten die Menschen im August und September zahlreiche Ernte- und Lichtfeste.
In der keltischen Spätzeit glaubten einige Menschen unter anderem an den großen Gott Lug. Lug bedeutet Licht, scheinend, hell. Das Symbol von Lug war ein Blitz. Die Kelt/innen errichteten sogenannte Keltinnenschanzen. Das waren Orte aus bestimmten Erzen und Steinen, die Blitze anzogen und entluden und somit die Felder ringsherum vor Blitzen schützten. An diesen Orten wurden rauschende Feste mit viel Tanz zu Ehren der Sonne gefeiert.
Unsere Marienfeiertage im August, Maria Schnee (geht auf eine Weihe einer römischen Kirche verbunden mit einem „Schneewunder“ zurück) am 5.August und Maria Himmelfahrt am 15. August, fallen genau in diese Zeit und erinnern an diese Lichtfeste. Die Maria Schnee Kirchen liegen oft in der Nähe von den keltischen Energie- und Feierorten. Um sie ranken sich teilweise seltsame Sagen und Mythen. Schnee dient hier als Innbegriff von Licht, weil Schnee so hell und strahlend ist.
Nicht nur die Kelt/innen feierten in dieser Zeit - an diesen Daten wurden auch schon im alten Ägypten Lichtfeste gefeiert, weil die Sterne in einer besonderem Stellung standen und stehen. Der 15. August war zum Beispiel der Geburtstag der Königin des Himmels Isis.

Tag- und Nachtgleiche, Erntedank (21./22.September)

Ein großes Erntedankfest war früher die Tag- und Nachtgleiche am 21. und 22. September. Tag und Nacht sind an diesen Tagen genau gleich lang. Danach werden die Tage kürzer, die Sonne versteckt sich bis zur Wintersonnenwende im Dezember. Mit diesem Fest wurde eine Zeit eingeleitet, in der sich die Natur der Unterwelt zuwandte.
In verschiedenen Kulturkreisen gibt es Erzählungen, bei denen Unterwelt und iridische Welt in Kontakt kommen. Ein griechischer Mythos erzählt zum Beispiel vom Raub der Persephone durch den Unterweltgott Hades. Persephones Mutter, die Göttermutter Demeter, verfiel deshalb in Sorge und Verzweiflung und lies auf der Erde alles verdorren und nichts mehr wachsen. Hades gab daraufhin Persephone wieder frei. Diese aß in der Unterwelt Granatapfelkerne und musste deshalb jedes Jahr in die Unterwelt zurück. Und immer, wenn sie in die Unterwelt zurückkehrte, ließ Demeter auf der Erde aus Trauer alles verdorren.
Die Erntefeste im Spätsommer und Herbst drücken auch heute noch Dank aus. Besonders in matriarchalen Kulturkreisen, in denen Frauen bedeutsame Rollen einnahmen und über viele Rechte verfügten, wurden Erntedankfeste stark gefeiert.
Oft wurde ein Teil der Ernte auf den Feldern als Dank liegen gelassen. Die Vorstellung hinter solchen Bräuchen war die Vorstellung eines nicht endenden Kreislaufes: aus Altem entsteht Neues, aus Neuem wird Altes und daraus entsteht wieder Neues.

Keltisches Silvester (Samhain), Allerheiligen (31.10./1.11.)

Die Kelten und Keltinnen feierten am Vorabend von Allerheiligen (im amerikanischen Raum wurde „Halloween“ von All Hallows Eve abgeleitet) den Beginn der Jahresnacht, der zweiten Jahreshälfte. Sie nannten das Fest Samhain, was Sommerende bedeutete. Der Jahreskönig, die Sonne, stirbt und jemand anderer gewinnt an Bedeutung: In der kalten Jahreszeit, in der Jahresnacht, feierten die Kelten und Keltinnen die große Göttin Frau Holle, die Göttin des Lebens und des Todes, der Geis­ter und Elfen. Sie empfing die Verstorbenen in der Unterwelt.
Auch diese Nacht, wie die Nacht vor dem 1. Mai, symbolisierte den Übergang zwischen zwei Jahren, zwischen Alt und Neu, zwischen Leben und Tod. In dieser Nacht sind die Tore zur Unterwelt offen. Zu Samhain wurden verschiedene Gaben wie Milch, Brei, Brot oder Bier unter den Holunder gestellt, damit die Ahnen etwas zu essen haben, wenn sie auf die Erde kommen. Unter Holunderbäumen wurden Verstorbene begraben. Dieser Baum wurde als Schwelle zwischen Leben und Tod und somit als Zugang zu den Ahnen gesehen. Der Holunder war das Symbol von Frau Holle. Seine Frucht ist schwarz (symbolisiert Dunkelheit, Nacht, Tod), die Blüten sind weiß (symbolisiert das Helle, den Tag, das Leben).
Bis heute ist diese Nacht eine stark gefeierte: In vielen Kulturkreisen gedenken Menschen mit Hilfe von Festen oder Gedenkfeiern ihrer Ahnen, ihre Verstorbenen.

Percht, Nikolaus und Barbara (4. und 6.12.)

Frau Holle ist in anderen Gebieten unter „Percht“ bekannt. Sie wurde als strahlende, leuchtende Göttin, die kein Mensch schauen konnte, gefeiert. Auch heute ist sie noch von Bedeutung: Perchtenläufe rund um den Nikolaustag, Bärbele Treiben rund um Barbara. Bei diesen Läufen tragen Menschen teilweise sehr furchterregende Masken und benehmen sich sehr wild. Sie zeigen die Schattenseiten der Menschen, die dunkle und geheimnisvolle Seite, die Wut und Wildheit. Diese rituellen Feste dienten und dienten auch dazu, zu den „dunklen“ Gefühlen stehen zu können, sie zu zeigen und sie auszuleben.

Raunächte, Weihnachtszeit (21.12. bis 6.1.)

Rund um den 21.Dezember werden die Tage wieder länger. Das Licht kommt zurück. Bei den Kelt/innen war der 25.Dezember den ganzen Tag „Nacht“, die Jahresnacht. Auf diese Nacht folgten weitere 11 Nächte, die Raunächte. In diesen Tagen wurde nur gefeiert. Bräuche wie Vorhersagen des kommenden Jahres, Ausräucherungen mit Weihrauch, Perchtenumzüge standen an der Tagesordnung. Spannend ist auch, dass unsere heutigen Weihnachtssymbole wie der Baum, schon damals verwendet wurden. Der grüne Baum war das Zeichen des Lebens, das auch im Winter weitergeht. Unsere Christbaumkugeln erinnern an goldene (als Symbol für die Sonne) und rote Äpfel (als Symbol für das Feuer des Lebens), die damals als Baumschmuck verwendet wurden.
Die letzte Raunacht war der 6.Jänner, unser heutiger Dreikönigstag. Der Segensspruch C+M+B wurde auch schon in der keltischen Zeit an Stalltüren geschrieben. Damals stand K+M+B für die drei „Madeln“ Katharina, Barbara und Margarethe, drei Repräsentantinnen der Urmutter, der Percht, die verschiedene Aspekte der Göttin ausdrückten.

Betti Zelenak


Quelle: http://www.jahreskreis.info/index.html

aus dem kumquat "AlT" 4/2010