Das „Gedenkjahr“ 2008 neigt sich dem Ende zu. Ein Jahr, in dem es zahlreiche Veranstaltungen und Initiativen gab, an die Geschehnisse rund um den Anschluss 1938 zu erinnern und der vielen Opfer des Holocaust zu gedenken. Mir ist es wichtig, mich immer wieder mit den Geschehnissen, den Mechanismen im Nationalsozialismus und den Schlüssen daraus für unser Leben hier und jetzt zu beschäftigen – es bestärkt mein innerlich sehr lautes „nie wieder“ jedes Mal aufs Neue.
Umso erschütternder ist für mich, dass genau in diesem Jahr, das auch gern Gedankenjahr genannt wurde (finde ich gut, das „sich Gedanken machen“ in den Vordergrund zu stellen), nun ein Nationalrats-Wahlergebnis auf dem Tisch liegt, das uns zeigt, dass Parteien, die rechts der Mitte stehen, extremen Zulauf haben. Noch problematischer wird’s, wenn man diversen Wahlstatistiken glaubt, die zeigen, dass vor allem viele unter 30-Jährige diesen Parteien ihre Stimme gegeben haben.
Diese Tatsache wird gerne schöngeredet, indem in den Vordergrund gerückt wird, dass viele Menschen aus Protest im rechten Eck ihr Kreuzerl gemacht haben. Das mag vielleicht auch so sein – nur: Wenn man seine Verantwortung wahrnimmt und wählt, wird einem hoffentlich auch bewusst sein, für welche Inhalte man seine Stimme hergibt.
Beispiele für menschenverachtende Hetzparolen und Initiativen dieser Parteien gibt es leider viele. Erst kürzlich wurde z.B. in Kärnten von einer Partei ein Projekt gestartet, bei dem mutmaßlich kriminelle Asylwerber/innen in einer Sonderanstalt in völliger Abgeschiedenheit auf 1200m Seehöhe (nur über eine Forststraße erreichbar) „verwahrt“ werden. Zusätzlich bewachen Sicherheitsleute diese eingesperrten Menschen, bei denen noch kein Strafdelikt vorliegt, das zu einer Haftstrafe führen würde, in der Einöde.
Politiker/innen werden gewählt, die sich nicht scheuen, davon zu sprechen, dass in dieser Causa „das Endziel“ (man beachte diese belastete Wortwahl) sei, dass diese mutmaßlich kriminellen Asylwerber/innen abgeschoben werden. Dass jegliche rechtliche Grundlage für dieses Projekt fehlt, spielt scheinbar keine Rolle – die menschliche Komponente sowieso nicht.
Diese Parteien bedienen sich übelster Methoden, Hass und Angst in der Bevölkerung zu schüren, sie hetzen Menschen gegeneinander auf – negative Einzelerfahrungen mit Mitmenschen (natürlich nicht-österreichischer Herkunft) werden verallgemeinert und als allgemein gültige Fakten präsentiert.
Das kann’s doch nicht sein!
Ich möchte in einem Land leben, in dem die Menschlichkeit im Mittelpunkt steht. In einem Land, in dem niemand wegen seines Aussehens, seiner Herkunft oder seines Lebensstils benachteiligt oder verfolgt wird. In einem Land, in dem bewusst ist, dass es genug für alle gibt, und klar ist, dass es unsere Aufgabe ist, für eine gerechte Verteilung zu sorgen. usw.
Ein Traum? Vielleicht. Aber wir alle dürfen nicht aufhören, etwas dafür zu tun, damit er Wirklichkeit werden kann. Jesus wurde auch nicht müde, den Menschen immer wieder aufs Neue zu erzählen, wie wir schon hier auf Erden ein Stück Himmel leben können.
Jutta Niedermayer