Warum?

„Warum hat Gott das zugelassen?
Ich kann es immer noch nicht fassen“
Gracy Kelly – Die Ärzte

„Am Anfang konnt‘ ich‘s gar nicht glauben
Wie konnte Gott das nur erlauben“
Der Tag, als Birger Ruud starb – Christoph & Lollo

Auch wenn du mir das jetzt nicht glaubst, aber solche Sachen passieren echt immer nur mir. Da bin ich eh schon schlecht gelaunt, hab Schularbeiten am laufenden Band, Stress mit den Eltern und dann macht auch noch meine Freundin mit mir Schluss.

Vielleicht kennst du das ja auch – solche Momente wo es so scheint, als ob dein komplettes Leben nur aus einer Aneinanderreihung von Katastrophen besteht.

Aber das Leben ist nicht so! Da höre ich doch sonntags in der Kirche, dass ich erlöst bin, dass es einen Gott gibt, der mich liebt wie ein Vater, der will, dass es mir gut geht.
Und?
Wie erklärst du denn deinem besten Freund, der sich 2 Wochen vor der Sportprüfung das Bein bricht, dass Gott ihn doch eh liebt?
Wer ist schuld daran, fragt dich ein Kind, dass seine Oma gestorben ist?

Solche und ähnliche Fragen bezeichnet man mit einem Sammelbegriff als „Theodizee“ – die Frage, wie ein allmächtiger und gütiger Gott Leid zulassen kann.

Ist es nun aber wirklich so, dass immer gleich Gott daran schuld ist, wenn mir etwas Schlimmes passiert? Ich mache es mir da schon oft sehr leicht und bevor ich über Dinge ernsthafter nachdenke, komme ich doch lieber gleich zu dem Schluss, dass alles passiert, weil Gott es halt so will. Ich ertappe mich immer wieder dabei, Gott als Ausrede zu benutzen.

Der freie Wille und die freie, willentliche Entscheidung hin zu Gott – das ist es, was Gott vom Menschen will. Dass der Mensch dabei auch mal Entscheidungen trifft, die nicht ganz so gescheit sind, und wir uns damit oft selbst Leid zu fügen, das müssen wir in Kauf nehmen – weil wir Zeit unseres Lebens Suchende sein wollen, Menschen, die eigene Entscheidungen treffen und eigene Wege gehen, die uns, so hoffen wir, trotz allem Leid und Enttäuschungen hinführen zu einem Leben in Fülle, einem Leben bei Gott.

Warum also, lässt Gott die Menschen Fehler machen, lässt sie sich gegenseitig verletzen, wenn er doch eh wüsste, wie wir am schnellsten zu einem super Leben kommen?

Tja, welcher Schularbeits-Einser hat dich mehr gefreut:
Der, den du bekommen hast, weil du geschummelt hast oder schon vorher wusstest, was kommen wird?
Oder der Einser, den du bekommen hast, weil du dich selbst hingesetzt hast, selbst auf Lösungen gekommen bist – es alleine geschafft hast?

Eine Gestalt aus dem Alten Testament, der ähnliches passiert, ist Ijob. Erst verlor er sein ganzes Geld, wurde krank, verlor seine Freunde. Anfangs blieb er noch stoisch und gelassen: „Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen.“ (Ijob 1,10)

Später jedoch wandelte sich seine Ruhe in Wut und Zorn und Ijob klagt: „Zum Ekel ist mein Leben mir geworden!“ (Ijob 10,1a). Er versinkt nun immer tiefer im Sumpf des Selbstmitleids, er ist enttäuscht und gebrochen, hat seine Hoffnung auf einen guten Ausgang völlig verloren.

Erst durch Freunde, die ihn besuchen, erkennt Ijob einen Weg aus der Abwärtsspirale, in der er sich befindet. Ijob tritt mit Gott in direkten Dialog, er klagt Gott an: „Gäb es doch einen, der mich hören wollte! Was ich gesagt hab, kann ich unterschreiben. Gott, der Allmächtige, soll Antwort geben!“ (Ijob 31,35)

Er spricht das, was seiner Meinung nach sein Unglück verursacht, direkt an, er spricht nicht mehr nur über sein Problem, er geht es nun aktiv an. In diesem Schritt können wir auch entdecken, dass Ijob Gott immer noch vertraut – er traut ihm zu, ihm in seiner Lage zu helfen – sonst würde er ja nicht mit ihm sprechen.

Dominik Mach