Ein Interview zum Pfarrerneuerungsprozess innerhalb der Erzdiözese Wien
Betti: Liebe Heidi, schön dass du da bist! Die Erzdiözese Wien befindet sich ja seit einiger Zeit in einem Erneuerungs- und Umstrukturierungsprozess. Ein konkretes Ergebnis dieses Prozesses sind die Veränderungen der Pfarrstrukturen. In Zukunft soll es – verkürzt gesagt – Zentralpfarren mit mehreren Priestern und mehreren Teilgemeinden geben, die von ehrenamtlichen Lai/innen geleitet werden. Du warst bei den Diözesanversammlungen und sitzt mit anderen Menschen in einer Arbeitsgruppe, um bestimmte Themen auszuarbeiten. Kannst du mir genaueres zum aktuellen Prozess erzählen? Was passiert gerade?
Heidi: Es wurden seit letzten Herbst in den einzelnen Dekanaten Versammlungen durchgeführt. Auf denen wurden Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themenkreisen gebildet – wie Liturgie, Pastoral und Ökonomie. Im Dekanat 13 haben wir zusätzlich eine Arbeitsgruppe zum Themenkreis Kinder und Jugendliche gegründet, weil wir da einen Fokus drauf legen wollten. Diese Arbeitsgruppen haben sich bereits getroffen, Fragebögen ausgefüllt und Berichte verfasst. Die Ergebnisse werden wir an den Dechant weiterleiten, der die Koordinierungsgruppe für den diözesanen Entwicklungsprozess im Dekanat 13 begleitet. Im Juni werden wir uns erneut treffen.
Betti: Wie ist denn so die Stimmung in den Arbeitsgruppen?
Heidi: Die Stimmung der Leute in den Arbeitsgruppen hängt sehr davon ab, wie die Stimmung in den Pfarren ist. Und diese Stimmung hängt sehr davon ab, was die Leute auf Pfarrebene vom Prozess hören bzw nicht hören. Viele wissen nämlich nicht, was der Sinn hinter dem Prozess sein soll. Einige haben Angst um ihre Pfarre, weil sie glauben, dass diese aufgelöst werden soll.
Betti: Und ist diese Angst berechtigt?
Heidi: Die Angst, dass es die Pfarre nicht mehr gibt, ist berechtigt. Die Pfarren werden zu einer Großpfarre zusammengelegt. Aber eine lebendige Gemeinde wird nicht aufgelöst werden. Weil die Infrastruktur bleiben wird und die Pfarren aus mehreren Gemeinden bestehen wird – und nicht nur aus einer.
Bei einigen Leuten die Stimmung sehr positiv. Weil man zum ersten Mal mit den Nachbarpfarren und den umliegenden Gemeinden zu tun hat und sich da vernetzen kann. Die Chance dabei ist, dass man Probleme nicht mehr nur auf die eigene Pfarre beschränkt lösen muss, sondern auch Unterstützung von anderen bekommen kann. Zum Beispiel wenn man einen Flohmarkt machen will und mehr Leute braucht, die verkaufen, kann man jetzt einfach bei den anderen nachfragen. Das war zwar früher auch möglich – jetzt lernt man sich allerdings kennen und das macht es viel leichter, um Unterstützung zu fragen.
Betti: Wie siehst du denn den Prozess in Hinblick auf die Jungschar?
Heidi: Hm… Ich persönlich sehe das für meine Pfarre positiv. Wenn die Jungscharleiter/innen mitkriegen, dass es in anderen Pfarren auch Jungscharleiter/innen gibt, wird Jungschar vielseitiger. Und gleichzeitig stärkt es ein Gemeinschafts-Gefühl.
Auch in Hinblick auf Jungscharlager sehe ich den Prozess sehr positiv. Wir fahren heuer zum Beispiel aufs Kaleidio und haben andere Pfarren gefragt, die kein Lager haben, ob sie nicht auch mitfahren wollen. Mir ist es viel leichter gefallen, sie zu fragen, weil ich sie schon kenne. Und einige fahren da jetzt auch mit!
Die Vielfalt der Jungschar stelle ich mir auch als Herausforderung vor. Ich hoffe, dass die Unterschiedlichkeiten – die verschiedenen Traditionen und pädagogischen Herangehensweisen – von den Pfarrleiter/innen akzeptiert werden. Dass es nicht nur mehr gemeinsame Aktionen geben muss, wie zum Beispiel nur ein gemeinsames Lager. Jungschar soll da, wo sie funktioniert –weiter so funktionieren wie bisher. Ohne einen einheitlichen Raster drüber zu legen. Ich fände es schon gut, wenn sich ein Pfarrer darum kümmert, dass alle Gruppenleiter/innen auf Grundkurs fahren. Oder dass man sich die Traditionen mal anschauen kann und eventuell etwas ändert und dass die Jungschar gleichzeitig in ihrer Vielfalt respektiert wird.
Betti: Du bist ja auch in einer Arbeitsgruppe im Jungscharbüro, die versucht den Gruppenleiter/innen mit Rat und Tat Unterstützung anzubieten! Einige Ideen kann man auf der Jungschar-Homepage nachlesen – zum Beispiel die verschiedenen Modelle wie Jungschar in einer Großpfarre existieren kann. Hast du einen zusätzlichen Tipp für die Gruppenleiter/innen, wie sie mit dem Prozess umgehen könnten?
Heidi: Ja! Mein Tipp ist auf die anderen Jungschargruppen und Gemeinden zuzugehen und sich mal mit denen zusammenzusetzen und zu schauen, was es denn wo gibt. Und wo man sich gegenseitig unterstützen kann. Vielleicht entstehen da ja neue Projektideen. Und selbst wenn bei diesem ersten Treffen nichts Gemeinsames entsteht, ist es gut, sich kennenzulernen und zu wissen, dass man sich Unterstützung holen kann! Da fällt mir ein: Wir unterstützen euch gerne, so ein Treffen vorzubereiten! Ihr könnt gerne jemanden aus dem Jungscharbüro zu so einem ersten Treffen einladen!
Und was ich noch sagen wollte: Ich wünsche mir, dass alle Pfarren diese Vernetzungs- und Kommunikationsmöglichkeit wahrnehmen und sie nicht aus Sorge ablehnen. Ich glaube nämlich, Vernetzung hat viel Potenzial, um die Jungschararbeit zu bereichern!
Betti: Vielen Dank für das Gespräch, Heidi!
Interview von Betti Zelenak mit Heidi Lang
kumquat "BrandNeu!" 2/2014