Wenn Jungscharleiter/innen zusammenkommen, ist es wohl eines der Gesprächsthemen, das am häufigsten angeschnitten wird und sowohl für große Begeisterung aber auch für großen Frust sorgen kann: Die Situation der eigenen Jungschar in der Pfarre.
Wenn wir mit Menschen zusammen leben und arbeiten, kommen uns die Situationen, entweder mit der Meinung einer anderen Person nicht zu können, ihre Ansichten nicht zu teilen oder einfach ihren Standpunkt nicht zu verstehen und andererseits es mit Personen zu tun zu haben, die uns von Anfang an sympathisch und „gleichgesinnt“ scheinen und deren Standpunkt dem unseren nahe kommt, sehr bekannt vor.
Dass wir mit manchen Personen „nicht können“ entsteht aber oft nicht nur aus genereller Unsympathie sondern auch dadurch, dass die Bedürfnisse, die man selbst hat, oft nicht mit denen übereinstimmen, die unsere Mitmenschen haben, dass Blickwinkel nicht dieselben sind und auch gar nicht sein können oder dass die Dinge, die für uns oberste Priorität haben, von anderen gar nicht wahrgenommen werden.
Um ein „Level“ schwieriger wird es dann, wenn es sich neben den eigenen Bedürfnissen, Ansichten und Wünschen auch noch um die Bedürfnisse einer anderen Generation, einer größeren Gruppe an Menschen oder einer übergeordneten Instanz geht.
Die andere Seite wahrnehmen können – Stichwort „Empathie“
Einer der Punkte, die oft am meisten für Konfliktstoffe sorgen ist die Tatsache, dass es oft nicht zum wahrnehmen und erkennen der Wünsche, Bedürfnisse und Anliegen der anderen kommt, was vielfach auch daher rührt, dass der eigene Bereich als etwas wahrgenommen wird, wo man anderen wenig Einsicht zugesteht. Dadurch entsteht ein Abgrenzen und ein Einmauern, dass das Miteinander im großen Konsens umso schwieriger macht.
Dabei wäre hier gerade das Gegenteil wichtig: Empathie – die „Bereitschaft und Fähigkeit sich in die Einstellung anderer Menschen einzufühlen“. Hier geht es jedoch keineswegs darum, die Mauern die eine ganz klare Einteilung des eigenen Kompetenzbereichs bilden, nieder zu reißen, sondern über die eigenen Mauern zu schauen und schauen zu lassen und Personen von außen so wahrnehmen zu lernen, dass man in ihrem Tun und Handeln auf ihre Bedürfnisse schließen lernt.
Die Pfarre, um deren Bereich es hier geht, besteht aber aus so vielen Gruppierungen und Menschen mit unterschiedlichsten Bedürfnissen, dass es notwendig ist, neben der eigenen Achtsamkeit solche Prozesse auch in einer Mitte, einer Plattform zusammenlaufen lassen zu können, die idealerweise die Kompetenz besitzt, solche Dinge so zu sagen, dass andere Menschen nicht verletzt werden. Im Fall der Pfarre ist eine der wichtigsten Personen der Mitte der Pfarrer.
Herausforderung Pfarre – Herausforderung Pfarrer
Weil der Alltag es oft nicht zulässt, sich gut aufeinander einstellen zu können und die Zeit oft nicht da ist, sich auszutauschen und wahrzunehmen, entstehen oft Spannungen und unterschwellige Konflikte.
So verschieden die unterschiedlichsten Gruppierungen der Pfarre sind, so unterschiedlich sind auch die Pfarrer in den jeweiligen Pfarren und ihre Art ihren Beruf als Hirte ihrer Schäfchen auszuüben. Die Jungschar kann jedoch in vielen Fällen dafür sorgen, dass ihr „Hirte“ möglichst viel übers seine „Schäfchen“ weiß.
Mit dieser Schlüsselperson guten Kontakt und Austausch zu habenkann oft ausschlaggebend für die Arbeit der Jungschar in der Pfarre sein. Durch einen guten Kontakt habt ihr dadurch jemanden, der hinter euch und eurer Arbeit steht, euch – weil er über eure Arbeit und Kompetenz Bescheid weiß – in „Ruhe“ arbeiten lässt und euch mit seinen Kompetenzbereichen unterstützt.
Transparente Plattform – wie kann so etwas gut passieren?
Darüber erzählt bekommen ist das eine – konkret dabei sein zu können ist das andere. Durch zweiteres werden viele Erfahrungen klarer, Eindrücke deutlicher und ihr und eure Arbeitsweise transparenter. Das heißt jetzt nicht, dass ihr alle Menschen aus eurer Pfarre einladen müsst. Aber Schlüsselmenschen wie eueren Pfarrer ist es wichtig, auf dem Laufenden zu halten. Sei das durch das Weiterleiten von Protokollen, das Einladen zu euren Besprechungen, das Anmerken von Dingen die euch wichtig sind. Und noch einige Anregungen…
Hilfreich für euren Pfarrer, der doch – je nach der Komplexität eurer Pfarre – einige Gruppierungen zu betreuen hat, kann es sein, wenn ihr eine Liste schreibt, bei welchen Aktionen ihr ihn gerne dabei haben würdet und ihm diese Liste am Anfang des Jahres übergebt.
Eventuell gibt auch das Einbinden des Priesters in die Gestaltung des Sommerlagers und der sonstigen Lager, die ihr veranstaltet eine Möglichkeit, die gegenseitige Arbeit besser kennen zu lernen. Hierbei ist es wichtig auch die oben genannte Empathie ernst zu nehmen.
Auch sich über gegenseitige Erwartungen an gestaltete Messen zu unterhalten und euch vielleicht auch Unterstützung für Gruppenstunden bei eurem Pfarrer zu holen, kann eine Möglichkeit sein.
Manchmal jedoch funktionieren trotz Anstrengung eurerseits solche Dinge nicht und ihr findet in eurem Pfarrer nicht diejenige Person, bei der die Kontakte eurer Pfarre gut und auch für euch stimmig zusammenlaufen können. Dann kann es hilfreich sein, beispielsweise den Pfarrgemeinderat als Gremium zu sehen in dem solche Dinge Platz haben.
Kommunikation als Schlüssel
Einer der wichtigsten Schlüssel ist auf jeden Fall die Kommunikation. Wenn ich nicht sagen kann, was ich mir wünsche oder für meine Arbeit brauche oder es von der anderen Seite nicht gehört werden kann, entstehen Frustrationen, die sich nur schwer wieder Abbauen lassen. Auch wenn gute Kommunikation nicht immer einfach ist, so kann sie doch vielen möglichen Konfliktsituationen vorbeugen.
Vielleicht findet sich in eurer Gruppenleiter/innenrunde jemand, der das besonders gut kann und gerne macht? Traut euch eure Anliegen zu Formulieren und lasst euch nicht entmutigen, versucht aber auch einmal ein offenes Ohr zu haben, für die Dinge, die von euch gewünscht werden – vielleicht finden sich ja ein paar brauchbare Anregungen darunter.
Manche Schritte, die ihr auf andere in diesen Bereichen der Zwischenmenschlichkeit zugeht, werden euch vielleicht unnötig und mühsam vorkommen, unter anderem auch deshalb, weil ihr euch damit vielleicht sehr alleine vorkommt. Doch über kurz oder lang zeigt die Erfahrung aus vielen Pfarren, dass es sich auszahlt, Energie in Zwischenmenschliches zu stecken: Arbeitsstrukturen verbessern sich, die Menschen in eurer Pfarre und euer Pfarrer lernen lernen eure Kompetenzen schätzen und unterstützen euch auf unbewusste, aber sehr effektive Weise: durch ehrliche Mundpropaganda.
[aus dem kumquat "Abschied" 2009]