Brettspiele ohne Konkurrenz

Es gibt eine große Anzahl an lustigen und spannenden Brettspielen im Handel, die eine gelungene Abwechslung für die Gruppenstunde sein könnten. Fast alle Spiele haben nur eines gemeinsam: es sind Konkurrenzspiele. Warum man diese Spiele am besten etwas modifiziert und wie man das tun kann, beschreibt dieser Artikel.

Kooperation statt Konkurrenz

Beim Spielen steht der Mensch mit all seinen Eigenschaften im Mittelpunkt. Spielen heißt im Grunde lernen - lernen, wer wir sind, was wir können und wie wir unsere Fähigkeiten einbringen können. Wenn wir nun immer nur Konkurrenzspiele spielen, bei denen es vor allem darum geht, mit seinen Fähigkeiten oder durch Glück die anderen zu besiegen, so bringt das eine Botschaft für die Mitspielenden - Kinder wie Erwachsene - mit sich: um in einer Gemeinschaft gut dazustehen, um mich beweisen zu können, um wichtig zu sein, muss ich besser sein als die anderen. Das Spiel geht dann gut für mich aus, wenn die anderen schwächer sind als ich, denn dann bin ich am Ende Sieger/in. Die Art der Spiele, die wir in der Gruppe miteinander spielen, prägt jedenfalls das Gruppenklima. Wenn immer nur Konkurrenzspiele gespielt werden, ist es wahrscheinlich, dass die Botschaft dieser Art zu spielen von den Gruppenmitgliedern verinnerlicht und auch auf andere Lebensbereiche umgelegt wird: Wertvoll und wichtig bin ich nur da, wo ich besser bin als die meisten anderen, denn nur dann wird mir am Ende als Sieger/in applaudiert, wollen die anderen mich in ihrem Team haben.

Die christliche Botschaft ist eine ganz andere: Jeder Mensch ist wertvoll und als Person wichtig, durch seine bloße Existenz ist er/sie ein besonderer Mensch und wird von Gott persönlich geliebt, alle Mitspielenden sind wichtig für ein gelungenes Zusammenspiel, nicht bloß die, die gewinnen können. Das ist die Botschaft, die es Großen und Kleinen auch beim Spielen fühlbar zu machen gilt. Das ist auch der Grund, warum Kooperationsspiele die Gruppe besser fördern als Konkurrenzspiele: sie vermitteln die Botschaft, dass jede/r einzelne eine wichtige Rolle spielt, dass jede/r seinen wichtigen Platz in der Gruppe hat und dass es für ein gelungenes Zusammenwirken wichtig ist, dass nicht nur die Besten, sondern alle ihre Fähigkeiten einbringen können, um das gemeinsame Spielziel zu erreichen.

Die konkrete Umsetzung

Wie entsteht aus einem Brettspiel, das auf Konkurrenz aufbaut, ein Kooperationsspiel? Oft werden nur leichte Modifikationen nötig sein, um die Kooperation in den Mittelpunkt zu stellen. Zunächst muss ich überlegen, was den Reiz am Spiel ausmacht, was sozusagen das Wesentliche am Spiel ist. Bei "Activity" ist das zum Beispiel das Darstellen und Erraten von Begriffen, bei "Millionenshow" und anderen Quizspielen das Beantworten von Fragen oder bei "Jenga" der Nervenkitzel, der entsteht, wenn ich aus einem Turm aus Bausteinen immer mehr Steine herausziehe und zuoberst lege, ohne dass der schon wacklige Turm umfällt. Dieses Wesenselement des Spieles versuche ich jedenfalls beizubehalten, da es den Spaß am Spiel ausmacht. Das Drumherum ändere ich so ab, dass die Mitspielenden nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander spielen. Das kann so ausschauen, dass es ein gemeinsames Spielziel für die ganze Gruppe gibt: wir spielen Millionenshow und versuchen gemeinsam, dass auch die 10-Millionen-Frage beantwortet wird; wir spielen das schnelle Ratespiel "Tabu" und setzen uns als ganze Gruppe das Ziel, möglichst viele Begriffe zu erraten und möglichst keinen beiseite legen zu müssen; wir spielen "Jenga" und versuchen, den Turm gemeinsam möglichst hoch zu bauen.

Ein Spiel muss aber gar kein Spielziel im engeren Sinn haben, dann steht der Spaß am gemeinsamen Spielen im Mittelpunkt, ohne dass irgendein "Plansoll" erreicht werden muss. Ein paar Beispiele: wir spielen "Activity" und stellen Begriffe dar und raten, ohne mit Spielfiguren auf dem Spielbrett zu ziehen; wir spielen ein Quizspiel, indem wir einander Fragen stellen, ohne dass wir dabei Punkte oder Ähnliches zählen; wir spielen "Scrabble" und legen mit Buchstaben möglichst originelle Worte zu einem Kreuzwortsystem zusammen, ohne Punkte zu zählen, bis alle Buchstaben aufgebraucht sind. Oft lässt sich ein Spiel modifizieren, indem man ein Element weglässt: Wir zählen keine Punkte, spielen einfach die Kärtchen durch, ohne ein Spielbrett zu verwenden, bilden keine Mannschaften, sondern spielen alle gemeinsam in einem Team wie bei "Tabu".

Stellt sich beim Modifizieren eines Spiels heraus, dass das Wesentliche an einem Spiel im Grunde das Besiegen der anderen ist (zum Beispiel bei "Mensch ärgere dich nicht"), so wird sich dieses Spiel nur mit einer Änderung des Grundprinzips zum Kooperationsspiel modifizieren lassen. Andererseits gibt es erfreulicherweise auch schon Brettspiele, die von vornherein auf Kooperation der Mitspielenden basieren - ein aktuelles Beispiel ist "Der Herr der Ringe" (im Kosmos-Verlag erschienen).

Die Gruppe stellt sich um

Für Kinder, die diese Art Brettspiele zu spielen nicht gewohnt sind, ist es zunächst meist eine große Umstellung, an die sie sich erst gewöhnen müssen. Sobald die Gruppe aber etwas Übung im kooperativen Spielen hat, werden sie wahrscheinlich den meisten Kindern auch mehr Spaß machen. Am Anfang einer Umstellung der Art, wie ihr miteinander spielt, musst du dich zunächst aber darauf gefasst machen, dass vor allem die Gruppenmitglieder, die üblicherweise die Gewinner/innen waren, sich dagegen wehren werden - oft weil sie Angst haben, ihre Position einzubüßen, was ja in einem gewissen Sinne auch der Fall ist. Es steht nun nicht mehr nur ein/e Sieger/in im Mittelpunkt, sondern plötzlich ist die ganze Gruppe wichtig. Mit der Zeit werden aber auch die ehemaligen Gewinner/innen merken können, dass die Veränderung der Spielkultur sich positiv auf das Spielklima auswirkt: der Spaß steht im Mittelpunkt und auf jeder/m einzelnen ist weniger Druck, der/die Beste sein zu müssen.

Wenn du ein Brettspiel für deine Gruppe modifiziert hast, und dir nicht sicher bist, ob es so tatsächlich spielbar ist, oder wenn du dir überhaupt unsicher bist, dann probier´ das Spiel doch zuerst in deinem Freundeskreis oder mit eurer Gruppenleiter/innenrunde aus! Mit etwas Phantasie und Flexibilität lassen sich die meisten Brettspiele zu Kooperationsspielen machen.

Viel Spaß!