Gesetze sind ja eigentlich eine feine Sache. Da haben sich einige schlaue Menschen stundenlang, ach, was schreibe ich, jahrhundertelang zusammengesetzt, an sinnvollen Regeln zum Zusammenleben gefeilt und dann verbindliche Richtlinien erstellt, die den persönlichen Freiraum aller schützen sollen. Tolle Sache! Wenn nur nicht… manche Gesetze eher Freiraum wegnehmen als ihn zu geben.
Die österreichische Straßenverordnung untersagt beispielsweise, „den Fußgängerverkehr ... durch unbegründetes Stehenbleiben zu behindern“. Was wie ein lustiges Gesetz klingt, ist für viele Menschen mühsame Last. Denn die Regelung wird verwendet, um bestimmte Gruppen, die in Geschäftsstraßen oder auf öffentlichen Plätzen unerwünscht sind, wegen ihrer bloßen Präsenz abzustrafen – auch wenn sie den „Fußgängerverkehr“ überhaupt nicht behindern.
Menschen, die für ihr Überleben von den Spenden anderer abhängig sind und betteln müssen, werden wegen „unbegründeten Stehenbleibens“ auf Gehwegen von der Bundespolizeidirektion Wien mit einer Geldstrafe von 70 Euro bestraft. Sie sollen durch dieses Gesetz verdrängt werden – geholfen wird ihnen damit allerdings sicherlich nicht.
Etwas fragwürdig ist es ja schon, wenn in einem Staat Gesetze gelten, die anfangs lächerlich klingen, aber beim genauen Hinsehen dazu dienen, bestimmten Menschen zu schaden oder ein buntes Stadtleben zu verhindern – und dabei für alle Einwohner/innen eigentlich verbindlich einzuhalten sind! Darf man ein solches Gesetz anzweifeln und übergehen? Und falls ja: Wie denn bloß?
Ein Beispiel zum friedlichen Protest zeigt sich anhand einer anderen Regel der Straßenverkehrsordnung: Jede Nutzung des Gehsteigs abseits des Fußgänger/innenverkehrs wird als strafbar erklärt. Dem bietet eine Gruppe von Menschen, die „Gehsteig-Guerrilleros“, freundliche Parole. Guerrilleros bedeutet soviel wie „kleine Krieger“. Sie fordern mehr Freiraum für alle und zeigen dies durch unterschiedlichste Aktionen in Wien, wie zum Beispiel dem Gehsteig-Festival. Dabei laden die Guerilleros zu einem Fest auf dem Gehsteig einer Straße ein, stellen Tische auf, es gibt zu trinken und DJs. So versuchen die Guerilleros zu zeigen, dass öffentlicher Raum ganz vielseitig und nett genutzt werden kann – und dass manche unserer Gesetze zu Unrecht Schranken setzen – auf dem Papier und in unseren Köpfen.
Conni Barger