„Kinder sind ernst und kennen keine Unmöglichkeit.“
Franz Kafka
Fridays for Future ist wohl das aktuellste und bekannteste Beispiel für politisches Engagement von Kindern und Jugendlichen. Greta Thunberg, 16 Jahre alt, gilt dabei als Vorbild für viele – und leider auch als Feindbild. Sie als ‚Kind‘ zu bezeichnen, um ihrem Anliegen dadurch die Legitimität zu nehmen, ist eine von den harmloseren Strategien, um sie zu verunglimpfen.
Christian Lindner beispielsweise, ein deutscher Politiker, meinte zu Greta Thunbergs Forderungen nach einer Politik, die den Planeten nicht zerstört: «Ich bin für Realitätssinn. Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis.»
Da fragt man sich: Profis wofür? Vom ‘ökonomisch Machbaren’ zu sprechen, zeigt: Er scheint einen lebenswerten Planeten mit Maßstäben der ‘Wirtschaftlichkeit’ abzuwägen. Klingt nicht so schlau.
Sei doch vernünftig!
Kinder und Jugendliche, die politisch aktiv werden, werden von etablierteren Politiker/innen häufig als unvernünftig, unreif, manchmal auch als leichtgläubige Opfer irgendeiner Lobby dargestellt, denen man nicht zumuten kann, die Dinge ‘wirklich’ zu verstehen. Das ist eine Methode, um Menschen ihr Recht auf Mitbestimmung abzusprechen.
Die Idee der ‘Vernunft’ spielt dabei oft eine zentrale Rolle. Erwachsene, Politiker/innen, die Menschen mit derzeitiger Entscheidungsmacht – das sind die Vernünftigen. Vernunft ist dann aber oft eher gleichzusetzen mit ‘für mich und meinesgleichen am besten’. Das bedeutet, unter dem ‘Deckmantel’ Vernunft werden Entscheidungen so getroffen, dass sie für einen kleinen – meist erwachsenen – Kreis vorteilhaft sind.
Sascha Lobo (Spiegel Online) nennt diese Scheinvernunft auch Altvernunft: «Altvernunft entsteht, wenn man Zukunft ausschließlich nach den Kriterien der Vergangenheit bewertet.» Altvernunft ist ihm zufolge also, wenn man über die Zukunft anhand von veralteten Überlegungen und überholten Kriterien denkt und entscheidet.
Das lässt sich in aktuellen politischen Diskussionen ganz gut beobachten. Entscheidungen werden nach Maßstäben getroffen, die vielleicht vor 50 Jahren ihre Gültigkeit hatten, nach Kriterien, die nicht nachhaltig sind, die die Zukunft in 20 oder 30 Jahren nicht mitbedenken.
Felix Finkbeiner, Umweltaktivist seit er neun Jahre alt war und Initiator der Umweltstiftung Plant-for-the-Planet, hat das unverantwortliche Handeln bzw. Nicht-Handeln der Politiker/innen in Bezug auf Zukunftsthemen wie die Klimakrise so beschrieben: «Wenn du einen Affen wählen lässt, ob er jetzt eine Banane haben will oder später sechs Bananen, dann entscheidet er sich immer für die eine Banane, jetzt.
Viele Erwachsene scheinen genauso zu denken. Zusätzlich glauben sie wohl auch, dass sie persönlich nicht mehr betroffen sein werden.» Warum sollten die Menschen, die am längsten mit den Auswirkungen politischer Entscheidungen zu leben haben, darauf keinen Einfluss nehmen dürfen?
Menschen sind nicht bis zu ihrem 16. oder 18. Lebensjahr (je nach Wahlrecht) ‘unvernünftig’ und deswegen von Mitbestimmung auszuschließen. Kinder und Jugendliche sind genauso betroffen von politischen Entscheidungen wie jeder andere Mensch auch.
Tu was, die Welt braucht dich!
Das Wahlrecht lässt sich so schnell nicht reformieren (es gibt jedoch Initiativen dazu, Kindern mehr Möglichkeiten zur politischen Mitbestimmung einzuräumen), aber es gibt viele andere Wege, sich zu engagieren.
In den USA und einigen europäischen Ländern haben sich beispielsweise Kinder zusammengeschlossen und Klagen gegen ihre Regierungen eingereicht, weil unzureichende Maßnahmen gegen die Reduktion von CO2-Ausstoß ihr (bzw. unser aller) Recht auf Leben, Freiheit und Eigentum verletzen würde.
Es gibt die anfangs erwähnten Schüler/innenstreiks Fridays for Future, die Regierungen zum Handeln auffordern, es gibt zahlreiche andere, kleine und große Initiativen, bei denen man sich politisch engagieren kann.
Und auch als Einzelperson kann man viel erreichen, im Kleinen wie im Großen. Man kann Briefe schreiben an Personen mit Entscheidungsmacht und sie zu verantwortungsvollem Handeln auffordern.
Als Gruppenleiter/innen könnt ihr eure Kinder ermutigen, Fragen zu stellen, sie mitbestimmen lassen in den verschiedensten Bereichen und ihnen so vermitteln, dass sie das Recht und die Möglichkeit haben, mitentscheiden zu können und gehört zu werden.
Niemand ist ‘zu klein’, um die Welt und die Gesellschaft, in der wir leben, mitzugestalten.
Te Millesi
Lesetipp: Kinder, die die Welt verändern von Anne Jankéliowitch (In diesem Buch zeigen 45 Kinder aus aller Welt, wie sie mit kleinen Projekten eine ganze Menge bewirken)
Infotipp: www.bjv.at (Auf der Website der Bundesjugendvertretung (bjv) kannst du dich über konkrete Möglichkeiten informieren, wie/wo/wann du dich engagieren könntest)
kumquat "Jetzt wird´s politisch!" - 3/2019