Ich + Du = Wir?!

Ein Modell für die Gruppenleiter/innen-Runde rund um das Thema „Wir als Gruppenleiter/innen-Runde“

Auch die Gruppenleiter/innen-Runde ist eine Gruppe. Das ist nicht ganz so banal, wie es zuerst klingt. Das bedeutet z.B., dass die Zusammenarbeit nicht nur davon abhängt, dass ihr alles „richtig“ macht, sondern auch davon, dass die Beziehungen untereinander klappen und alle eine für sie und die Gruppe gute Position in der Runde einnehmen. Die meisten dieser Prozesse laufen nicht geplant ab, sondern ergeben sich im miteinander Tun automatisch. Erst beim Auftreten von Problemen fällt auf, dass manches nicht so optimal läuft.

Das folgende Modell will euch dabei unterstützen, euch mit euch als Gruppe auseinanderzusetzen und sensibler im Umgang mit Gruppen und Gruppenprozessen zu werden.

Material:

  • alte Zeitschriften
  • A3-Papier in verschiedenen Farben
  • Scheren
  • Klebstoff
  • Post-Ist in verschiedenen Farben
  • Eddings

Ich in der Gruppenleiter/innen-Runde

Zu Beginn gestaltet jede/r Gruppenleiter/in eine Collage zum Thema "Meine Rolle als Gruppenleiter/in - meine Aufgaben". Dafür hast du möglichst viele unterschiedliche Zeitschriften und Zeitungen mitgebracht und für jede/n Gruppenleiter/in einen Bogen weißes oder buntes A3-Papier.

Damit das Nachdenken leichter fällt, kannst du folgende Impulsfragen stellen:

  • Was gefällt mir daran, Gruppenleiter/in zu sein?
  • Was gefällt mir nicht so gut?
  • Welche Aufgaben habe ich übernommen?
  • Wie geht es mir mit meinen Aufgaben?
  • Wenn ich an die Gruppenleiter/innen-Runde denke, dann…
  • Gibt es Dinge, die unbedingt so bleiben sollen?
  • Was müsste sich ändern, damit es wirklich perfekt wäre?

Diese Fragen sollen nicht alle beantwortet werden, sondern die Gedanken in eine Richtung lenken. Für die Gestaltung solltet ihr euch mindestens 30 Minuten Zeit nehmen, damit alle ausreichend Zeit zum Überlegen und Gestalten und Kreativsein haben.

Und die anderen…

Wenn alle fertig sind, betrachtet ihr eure Werke und jede/r kann bei den anderen nachfragen, Eindrücke schildern,… Ist die Gruppenleiter/innen-Runde sehr groß, könnt ihr auch Kleingruppen bilden und euch so austauschen. Dieser Schritt soll dem Verständnis füreinander dienen bevor es ans konkrete miteinander Arbeiten geht.

Was wir wissen

Nun soll es darum gehen, zu schauen, wer welche Aufgaben, Rollen,… übernommen hat und was einzelnen Gruppenleiter/innen wichtig ist. Dafür notiert ihr auf Post-Its alle Aufgaben, die in der Gruppenleiter/innen-Runde so anfallen, z.B. Gruppenraum aufräumen, Material kaufen, Protokoll schreiben, Veranstaltungen planen,.... Denkt dabei auch an die Dinge, die nicht eingeteilt werden, aber trotzdem jemand macht, z.B. nach Besprechungen aufräumen, an Geburtstage erinnern, fragt immer nach, wenn was unklar ist, ermahnt zu Disziplin,…
Die Aufgaben klebt ihr an den Rand der Collagen des/der Gruppenleiter/in, der/die das macht. So bekommt ihr einen guten Überblick, wer denn was macht.

Passt das?

Wenn ihr ein hinreichend vollständiges Bild habt, wird es Zeit zu schauen, wie dieses Bild auf euch wirkt.
Folgende Fragen können dabei eine Hilfestellung sein:

  • Passt die Anzahl an Aufgaben für die gesamte Runde?
  • Sind die Aufgaben gleichverteilt?
  • Wo gibt es Konzentrationen?

Vielleicht sind euch ja beim Nachdenken Aufgaben eingefallen, die es zwar gäbe, die aber (derzeit) niemand übernommen hat. Auch diese notiert ihr auf (andersfärbige) Post-Its.

So soll’s werden

Wie soll die Zusammenarbeit in Zukunft aussehen? Was kann so bleiben, weil es passt und wo gibt es Veränderungsbedarf? Mit diesen Fragen befasst sich der folgende Schritt. Dafür nimmt sich jede/r Gruppenleiter/in wieder seine/ihre Collage und überlegt aufbauend auf der vorangegangen Diskussion, was er/sie sich persönlich an konkreten Veränderungen wünscht und notiert diese wiederum auf Post-Its in einer neuen Farbe. Diese werden ebenfalls rund um die Collage aufgeklebt, sodass für alle sichtbar wird, wie sich jede/r die Zukunft vorstellt.

Sind alle fertig, dann schaut euch mal an, was die anderen sich wünschen. Aufgaben, die jemand abgeben will, kommen auf ein Extraplakat, damit sie nicht verloren gehen. Haben alle vorgestellt, wie sie sich die Zukunft vorstellen, schaut ihr auf die nun noch offenen Aufgaben und überlegt wie ihr damit weiter vorgehen wollt:

  • Ist diese Aufgabe notwendig oder können wir sie streichen?
  • Woran könnte es liegen, dass niemand sie übernehmen will?
  • Wenn sie wichtig ist: Wie können wir die Aufgabe so verändern, dass sie jemand übernehmen will?

Wichtig ist, dass keine wichtige Aufgabe verloren geht. Es ist aber auch wichtig, darauf zu achten, dass niemand mehr Aufgaben übernimmt als er/sie bereit ist zu erfüllen. Im Zweifelsfall überlegt lieber gemeinsam, welche Dinge ihr weglassen könnt, als dann während des Jahres frustriert zu werden, weil sich das „alles nicht ausgeht“.

Werden Veränderungswünsche geäußert, die keine konkreten Aufgaben sind, sondern eher das miteinander Tun betreffen, ist es wichtig, darauf zu schauen, ob und in welcher Art und Weise dieser Wunsch umgesetzt werden kann:

  • Haben auch noch andere den Wunsch?
  • Ist es notwendig, dass die anderen etwas tun, damit der Wunsch erfüllt werden kann?
  • Ist es möglich diesen Wunsch umzusetzen?
  • Wie könnte er verändert werden, damit für alle eine gute Lösung dabei herauskommt?

In einem Jahr

Die Dinge, die ihr verändern wollt, haltet in einem Protokoll möglichst genau fest und überlegt euch, wann ihr schauen wollt, ob ihr das tatsächlich so umgesetzt habt bzw. ob noch etwas offen ist.

Jedenfalls hilft euch die Auseinandersetzung mit euch als Gruppenleiter/innen-Runde dabei, dass ihr besser zusammenarbeiten könnt.

Einige grundsätzliche Informationen zu Gruppen:

  • Eine Gruppe ist immer mehr als die Summe ihrer Mitglieder. Das ist die Basis der Gruppendynamik: Manche Dinge passieren nur, weil es die Gruppe gibt, die eine Tätigkeit nahe legt. D.h. die Dynamik einer Gruppe entsteht aus der individuellen Situation der einzelnen Gruppenmitglieder und aus der Art, wie sie miteinander tun.
  • Dabei gilt: Jedes Gruppenmitglied hat…
    … eine Position (das ist der Platz innerhalb des sozialen Gefüges z.B. wo stehe ich, die anderen, mit wem bin ich verbunden, wer steht mir nicht so nahe,...)
    … eine oder mehrere Funktion/en (das ist bewusste Übernahme von Aufgaben z.B. fallen darunter all die Dinge, die in der Gruppenleiter/innen-Runde anfallen: Moderation, Protokoll, Organisation von Veranstaltungen,…)
    … einen Status (das ist Rang in der Hierarchie z.B. wer darf mir sagen, was ich zu tun habe, wem kann ich Aufträge erteilen, wer hört auf mich,...)
    … eine Rolle (das ist das ist die Summe der Eigen- und Fremdzuschreibungen z.B. wie sehe ich mich und wie sehen die anderen mich – das sind sowohl bewusste Entscheidungen als auch unbewusste Zuschreibungen)
  • Jedes Gruppenmitglied kann Träger/in mehrere Rollen sein bzw. diese im Gruppenprozess auch wechseln.
  • Rollen bewusst zu verändern ist oft eine schwierige Angelegenheit, weil sie sowohl von anderen zugeschrieben als auch von einem genommen werden z.B. haben alle in der Runde Vorstellungen davon, wer in der Gruppe „schlimm“ und wer „brav“ ist, wer gut Witze erzählen kann und wem man Geheimnisse anvertrauen kann. Manches davon lässt sich (vor allem zu Beginn einer Gruppe) bewusst beeinflussen, auch wenn es schwierig ist.  
  • Gegensätzliche Verhaltenserwartungen führen oft zu Rollenkonflikten z.B. habe ich als Moderator/in andere Erwartungen an die Gruppe als die- oder derjenige, der/die immer alles hinterfragt oder der „Gruppenkasperl“.

Christina Schneider

[aus dem context "Moderation"]