Beten am Kinderlager

Ein Lager ist immer eine besondere Chance, mit Kindern Alltag zu (er-)leben. Dadurch entsteht die Möglichkeit, bestimmte Ziele oder Wertvorstellungen im gemeinsamen Tun erfahrbar zu machen. Neben vielem anderen gilt das natürlich auch für den Umgang mit Gebeten. Welche Haltung auch immer wir hier zu vermitteln versuchen, sie muss authentisch sein und unseren Überzeugungen auch im Leben „außerhalb des Lagers“ entsprechen, damit sie nicht künstlich oder fremd wirkt.

Inhalte und Formen unserer Gebete dürfen keinen Widerspruch zum Lagerprogramm und unseren Umgangsformen bilden. Die Kinder sollen auch im Gebet ihre Gruppenleiter/innen „wiedererkennen“, eine kindgerechte Herangehensweise erleben und sich aus den hier gemachten Erfahrungen für Zuhause etwas mitnehmen können.

Auch hier gilt, dass die Kinder zum Mitmachen motiviert, aber nicht dazu gezwungen werden dürfen.

Morgen- und Abendgebete

Zeit & Ort

Wenn ihr am Lager ein Morgengebet anbieten wollt, kann dieses als Fixpunkt einen gemeinsamen Beginn des Tages bilden. Der Tag kann so durch ein erstes Zusammensein eine absichtsvolle Eröffnung bekommen, in der wir uns bewusst auf den Tag vorbereiten.
Je nachdem, ob ihr ein gemeinsames Frühstück macht oder die Kinder die Möglichkeit haben, innerhalb eines gewissen Zeitraums zu frühstücken, kann es günstig sein, das Morgengebet unmittelbar vor dem Frühstück oder nach dem Ende der Frühstückszeit anzusetzen.
Das Morgengebet sollte seinen eigenen Ort haben (nicht beim Frühstückstisch), der auch nicht gewechselt wird. So wird der regelmäßige Charakter als Eröffnung des Tages deutlicher. Bei der Auswahl des Ortes sollte man bedenken:

  • Hat er eine passende Atmosphäre (ein Platz im Freien, ein Raum)?
  • Ist er für verschiedene Gebetsformen (sitzen, bewegen, tanzen,…) verwendbar?
  • Was ist bei Regenwetter?
  • Er soll nicht zu weit vom Lagerplatz weg sein.

Wenn ihr ein Abendgebet anbieten wollt, das den Tag abschließt, hat dieses naturgemäß keinen so eindeutigen Zeitpunkt. Dieser richtet sich nach dem Ende des letzten Programmpunktes.
War dies eine ruhigere Tätigkeit, kann das Gebet am gleichen Ort direkt anschließen (z.B. an geeigneter Stelle am Rückweg von einem Nachtspaziergang,…). Sind die Kinder vom gerade Erlebten noch sehr aufgeregt, sollte man eine Pause verstreichen lassen und das Gebet in ruhiger Atmosphäre an einem anderen Ort gestalten, sodass auch wirklich ein bewusster Übergang in die ruhige Phase der Nacht passieren kann.
Das Abendgebet kann auch an einem Ort stattfinden, der im Verlauf des vergangenen Tages besondere Bedeutung erhalten hat, z.B. am Ort des Beginns/Endes eines Spieles, am Ort eines Workshops, am Lagerfeuerplatz, etc.

Inhalte

Die Inhalte von Gebeten auf Kinderlagern sind nicht von vornherein eingegrenzt oder festgelegt. Die Inhalte werden sich immer auch nach der Gestaltung des gesamten Lagers und den Teilnehmer/innen richten. Einige Anregungen:

  • Mit dem Morgengebet kann die (Vor-)Freude auf den eben begonnen Tag, beim Abendgebet Dank für den vergangenen Tag ausgedrückt werden.
  • Am Morgen kann Dank für den Schlaf, am Abend die Bitte um Erholung ausgesprochen werden.
  • Gedanken, die mit unserem Zusammensein in Verbindung stehen, können Thema sein, z.B.: Am Lager gibt es viele Möglichkeiten, etwas Neues auszuprobieren; am Lager leben wir (eine Woche lang) zusammen; jetzt sind Ferien, in denen wir uns erholen können; am Lager gibt es die Möglichkeit, Natur zu erleben; am Lager sind viele verschiedene Menschen zusammen, die unterschiedliche Erwartungen usw. haben,…
  • Gedanken, die mit dem Programm in Verbindung stehen, können formuliert werden, z.B. etwas, das wir an einem Tag gemeinsam erlebt haben.
  • Besonderheiten der jeweiligen Tageszeit können zum Thema werden – die Stille am Morgen oder Abend, die Dämmerung, usw.
  • Ein Thema, z.B. Schöpfung, kann sich durch alle Morgen- oder Abendgebete ziehen.

Form

Die Wahl der Form und Gestaltung des Gebets wird besonders von zwei Komponenten bestimmt: dem Inhalt einerseits und den speziellen Bedürfnissen von Kindern andererseits. Letzteres meint vor allem: Besonders bei Gebeten mit und für Kinder solltet ihr darauf achten, dass es genügend Abwechslung gibt, die Sprache und Inhalte für Kinder verständlich sind und die Kinder die Möglichkeit haben, sich aktiv zu beteiligen. Einige Anregungen dazu:

  • passende, für Kinder verständliche Bibelstellen auswählen (Kinderbibel verwenden)
  • optische Aufhänger zu Hilfe nehmen (Bilder, Gegenstände, Symbole)
  • Texte mit verteilten Rollen vorlesen, frei erzählen oder in einem Rollenspiel darstellen
  • Texte mit Handpuppen darstellen, Kinder in Rollen schlüpfen lassen
  • gemeinsam gesungene Lieder, Musik als Hintergrund zum Nachdenken
  • eine Geschichte, z.B. aus einem Bilderbuch, vorlesen
  • ein gemeinsamer Tanz
  • auch einmal ein Zettel mit einem kurzen Text, der auf das Bett gelegt wird
  • auch einmal ein Spaziergang mit Pausen, in denen Geschichten vorgelesen usw. werden

Währenddessen muss es immer auch Gelegenheit gegen, dass die Kinder selbst ihre Bitten, Anliegen, Meinungen, Gefühle und spontanen Reaktionen einbringen können. Die aktive Beteiligung der Kinder kann dadurch unterstützt werden, dass die Kinder eingeladen werden, eigene Erlebnisse zu erzählen, sich zu einer Geschichte zu äußeren, Besonderheiten einer Situation herauszufinden usw.

Das wird freilich nur möglich sein, wenn eine Atmosphäre besteht, in der niemand zu einer Äußerung gezwungen wird, aber auch gewährleistet ist, dass niemand ausgelacht wird, der/die seine/ihre Gedanken ausdrückt.
Wenn verschiedene Gruppenleiter/innen die Gebete gestalten, haben die Kinder die Möglichkeit, auch unterschiedliche Herangehensweisen und Ausdrucksformen zu erleben. Dabei geht es nicht darum, einander in der Gestaltung der Gebete zu „übertrumpfen“, sondern darum, dass jede/r Gruppenleiter/in seine/ihre persönlichen Erfahrungen und seine/ihre Persönlichkeit hineinbringen kann.

Was nicht zum Gebet gehört

Das Gebet darf keine Form der Konfliktlösung sein. Gebete dürfen nicht als „Erziehungsmittel“ missbraucht werden, indem ein/e Gruppenleiter/in seine/ihre Autorität benützt, um den Kindern mitzuteilen, wie sie sich verhalten sollen. Dass wir im Gebet etwa für das Schöne eines Tages danken und uns die Erlebnisse eines Tages noch mal vergegenwärtigen, darf nicht dazu führen, dass das Gebet als moralisierende Nachbesprechung verwendet wird.
Konflikte, die am Lager auftreten, haben einen anderen Platz: Sie müssen möglichst unmittelbar und mit allen tatsächlich daran Beteiligten besprochen und gelöst werden.