Rituale für die Gruppenstunde

Zwei Jugendliche treffen sich in der Stadt. Sie klatschen die Hände zusammen, streifen ihre Finger aneinander und schnippen. Begleitet wird dieser Begrüßungsritus von einem laut ausgesprochenen „Heeeeeeyyyy!“ In einer Gruppe anderer Jugendlicher ist es Brauch sich mit Bussi-links, Bussi-rechts zu begrüßen. In der Früh nach dem Munterwerden schlägt meine Oma die Bettdecke zurück und fährt zehn Minuten Rad im Bett. Das ist ihr Morgenritus. Zum Geburtstag gibt es eine Torte mit Kerzen und während dem Ausblasen darf man sich etwas wünschen. Und es gibt noch ein ganz besonderes Ritual, dass viele von uns kennen. Das Kreuzzeichen mit dem Weihwasser, wenn wir in eine Kirche eintreten bzw. am Beginn und Ende jedes Gottesdienstes.

Ein Ritual ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt. Sie wird häufig von bestimmten Wortformeln und festgelegten Gesten begleitet und kann religiöser oder weltlicher Art sein (z. B. Gottesdienst, Begrüßung, Hochzeit, Begräbnis, Aufnahmefeier usw.).

Rituale begleiten uns alle von Kindesbeinen an durch unser Leben. Sie geben uns Orientierung und Halt in unserem Alltag. Gerade Kinder brauchen einen guten Rahmen um sich ausprobieren zu können. Auch in der Jungscharstunde kannst du deinen Kindern so einen Rahmen durch kleine oder größere Rituale bauen. Achte jedoch darauf, dass Rituale nicht um ihrer selbst Willen durchgeführt werden. Sie sollen viel mehr etwas in uns bewirken. Rituale sollen uns helfen uns auf etwas leichter einlassen zu können, mitgebrachten Ballast ab zu laden / ab zu schütteln. Sie sollen Möglichkeit bieten um unsere momentane Situation mit anderen zu teilen, zu sagen, wie es einem gerade geht. Und sie können manchmal hilfreich sein, wenn wir mit etwas abschließen wollen oder müssen.

Es gibt viele verschiedene Arten von Ritualen und es wird immer wieder vorkommen, dass der eine oder die andere sich nicht angesprochen fühlt oder sich nicht so gut auf ein Ritual einlassen kann. Das macht nichts, denn wir Menschen sind sehr unterschiedlich und gerade in der Jungschar soll sich niemand zu etwas gezwungen fühlen, aber vielleicht findet ihr ja eine Variante eines Rituals, die allen zusagt und mit der sich alle identifizieren können!? Hier zu könnt ihr zum Beispiel den Ablauf eines Rituals auf ein Plakat schreiben euch in Gruppen aufteilen und sammeln, was euch an diesem Ritual besonders gut gefällt und was euch eher stört, schreibt eure Anmerkungen auf Pins.

Gemeinsam könnt ihr aus den gesammelten Ideen und Anregungen dann euer passendes Gruppenritual erfinden. Besonders spannend ist es dann zu beobachten, was dieses selbst erfundene Ritual mit deiner Gruppe macht. Der Zusammenhalt der Gruppe wird gestärkt, das Gefühl zusammen zu gehören, eine Einheit zu sein, vielleicht wird das Ritual mit der Zeit auch erweitert. Vielleicht werden andere Kinder in das geheime Wissen deiner Gruppe um ihr Ritual eingeweiht. Vielleicht begleitet dieses Ritual deine Kinder bis ins Erwachsenwerden.  

Rituale sind also für uns Menschen ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Vom Jungscharkind bis zur Oma haben wir alle unsere ganz speziellen, gewachsenen, gelernten Rituale in unserem Lebensrucksack mit. Dieser Rucksack füllt sich im Laufe unseres Lebens mit vielen Erfahrungen und Erkenntnissen und diese verändern dann auch die Rituale, die uns begleiten. Grundsätzlich glaube ich, dass Rituale etwas für alle Altersgruppen sind. Man muss sie vielleicht manchmal etwas adaptieren, aber im Großen und Ganzen können sie uns Menschen in jedem Alter eine Stütze und Orientierung im Leben sein. 

Im Folgenden findest du praktische Tipps, was solche Rituale sein können und wie du sie gut an die Bedürfnisse deiner Kinder und deine eigenen Bedürfnisse anpassen kannst. 

Für Anfang und Ende

Wachsende Bilder

Es ist nett, wenn deine Kinder sehen, wie sich ihr Bild durch sie verändert. Wachsende Bilder machen dies sichtbar. Dazu bastelt ihr zum Beispiel in der ersten Gruppenstunde im Jahr Fensterbilder. Ein schwarzer Rahmen, auf dem Transparentpapier aufgeklebt wird, dient als Grundlage für viele verschiedene Dinge, die auf diesem Bild wachsen können. Zum Beispiel kann dieses Bild eine Blumenwiese werden. Du kannst dann jede Stunde etwas zum Aufkleben bereitstellen. Blütenblätter, Blumenstängel, Sonnen, Sonnenstrahlen, Wolken, etc. in Form von kleinen Papierschnipseln. Jede Stunde wird das Bild somit voller und bunter! Auch wenn ein Kind einmal nicht da ist stört das nicht, denn es kann in der darauffolgenden Stunde einfach mehr auf das Bild kleben. Besonders interessant wird es, wenn die Symbole die aufgeklebt werden, etwas mit der Gruppenstunde (dem Thema der Stunde) zu tun haben. Dann empfiehlt es sich die Aufklebe-Action zum Schluss ein zu planen.

Musik und Tanz

Tanzen oder singen deine Kinder gerne? Dann ist ein kleines Tänzchen zum Ankommen genau das Richtige! Eine große Auswahl an Sing- und Schreispielen und Gruppentänzen findest du in unseren Behelfen im Jungscharbüro. Ihr könnt verschiedene ausprobieren oder jede Stunde euren Gruppentanz aufführen. Vielleicht wollt ihr ja auch euren ganz eigenen Tanz entwickeln?! Ganz wie euch beliebt!

Gebet und Lied 

Wusstest du schon, dass es ein Jungscharlied und –gebet gibt? Vielleicht könnt ihr ja zum Abschluss eurer Stunde gemeinsam das Lied singen oder das Gebet sprechen. Da ein Gebet, wenn es „nur stur heruntergebetet“ wird, nicht wirklich seinen Sinn erfüllt, kann es hilfreich sein den Kontakt zwischen einem Gebet und deinen Kindern herzustellen. Dies kannst du tun, indem du versuchst das Gebet mit ihnen zu deuten und zu erklären. Mit jüngeren Kindern kannst du zu eurem Gebet vielleicht Bewegungen erfinden. So wird der ganze Körper beim Beten miteinbezogen und das Ritual wird ganzheitlich. Bei älteren Kindern sind kreative Methoden wie zum Beispiel eine Fotostory des Gebets oder ein Rap dazu eine Möglichkeit eine Verbindung herzustellen.

Eine nette Idee ist es auch, wenn ihr ein Gebet wachsen lasst. Dazu kannst du zu Jahresbeginn z.B. „lieber Gott“ auf ein großes Plakat schreiben. Jede Stunde darf dann ein anderes Kind ein Wort zu eurem Gebet dazu schreiben. Am Ende des Jahres könnt ihr es ja vielleicht in einer Messe vorlesen?!

Hand drauf

Deine Kinder finden, sich mit Hände schütteln von jemandem zu verabschieden ist eher was für Erwachsene? Dann könnt ihr euch ja ein anderes Zeichen ausmachen, mit dem ihr euch von einander gebührend verabschiedet. Zum Beispiel könnt ihr einfach die Hände ineinander schlagen, oder ihr denkt euch eine richtige Choreographie für eure Hände oder für die Füße oder den Kopf oder, oder, oder aus. Auch Geräusche zu eurem Ritual sind super…

Besondere Rituale

Geburtstagsrituale

Geburtstag feiert wohl jede/r gerne! Wenn du am Beginn des Jungscharjahres die Geburtstage deiner Kinder in einen Geburtstagskalender einträgst, den du im Gruppenraum aufhängst, ist für alle ersichtlich, wann wer zu feiern ist! Ihr könnt dann entweder jedesmal ein kleines Fest machen (was je mehr Kinder in der Gruppe sind, umständlich werden kannn) oder ihr sammelt die Geburtstage und feiert einmal so richtig! Mit Kuchen und Tee, mit Girlanden und Partyspielen (zum Beispiel findest du viele Spiele in der Spielemappe). 

Eine andere Idee ist, dass diejenigen, die zwischen dieser und nächster Gruppenstunde Geburtstag haben, sich das Anfangsspiel wünschen dürfen bzw. ein kleines Geschenk bekommen (eine Fingerpuppe, ein Geduldsspiel, etc. Geschenke bekommst du im Jungscharbüro oder im Jungscharshop).

Ihr könnt auch drei oder vier Geburtstagsgruppenstunden im Jahr machen, die dann die Kinder selbst planen. Das kann eine reine Just-for-Fun-Gruppenstunde (mit ihren Lieblingsspielen oder so) sein, oder du planst mit ihnen gemeinsam was zu einem Thema, das sie interessiert. Das  geht besonders gut mit Älteren.

Abschiedsrituale

Wenn das Jahr zu Ende geht und die Sommerferien nahen oder wenn ein Kind eurer Gruppe diese verlassen muss, weil es umzieht,  dann können kleine Rituale die Trauer und den Schmerz (ja, auch wenn man sich nach zwei Monaten super toller Ferien wiedersieht, kann der Abschied zum Jahresende Schmerzen bereiten!) lindern.

Eine Möglichkeit Abschied zu nehmen ist, sich in einem Brief an die schönen gemeinsamen Dinge zu erinnern, die man erlebt hat und diesen Brief dann in einer kleinen Zeremonie zu verbrennen oder im Garten zu vergraben. Ihr könnt auch eure Wünsche für die kommende Zeit oder eure Wut über den Abschied, eure ganzen Gefühle, auf ein Blatt Papier schreiben und dieses an einen, mit Helium gefüllten, Ballon binden und einfach in den Himmel steigen lassen. Eine weitere Idee ist, alle Gefühle, Gedanken und Wünsche auf ein Blatt Papier zu schreiben, dieses zu einem Schiff zu falten und auf einem Fluss auszusetzen. 

Rituale, die ihr euch gemeinsam ausdenkt, aber auch solche, die du für deine Kinder vorbereitest und auf die sie sich dann jede Stunde freuen können werden eure gemeinsame Zeit bereichern. Eine klare Struktur der Stunden hilft nicht nur dir, deinen roten Faden nicht zu verlieren, sondern sie gibt auch den Kindern genügend Halt und Freiraum – genau das, was sie an der Jungschar so mögen!

Viel Spaß bei euren Ritualen!

Nika Fürhapter

[aus dem kumquat "autsch!" 3/2010]