Platz für Stille

In der Jungschar wollen wir Kindern einen Platz geben, um selbstbewusste junge Menschen zu werden. Kinder haben eine starke Stimme. Wie wir diese als Gruppenleiter/innen wahrnehmen und hörbar machen können, zeigt dieser Artikel.

Bewusst Aufmerksamkeit schenken

Oft sind es die sogenannten „lauten“ Kinder, die unsere Aufmerksamkeit auffällig fordern. Jede/r Gruppenleiter/in kennt das. Da gibt es welche, die ständig blödeln oder an unpassenden Momenten lautstark ihre Meinung kundtun. Als Gruppenleiter/innen müssen wir oft viel Kraft und Geduld für sie aufwenden. Währenddessen beschäftigen sich ruhigere Kinder selbst oder sind so still und unscheinbar, dass sie den geplanten Ablauf der Gruppenstunde nicht stören. Sie laufen so nebenbei mit und wir sind manchmal insgeheim froh darüber. Aber in der Jungschar ist Platz für alle und vor allem sollen auch alle Kinder in ihren Bedürfnissen wahrgenommen und gehört werden. Dass das nicht ganz so einfach ist, wie es sich hier liest, ist offensichtlich. Vielleicht gelingt es uns aber, als Gruppenleiter/innen unseren Fokus hin und wieder umzulenken und uns mehr auf die ruhigen Kinder in der Gruppe zu konzentrieren. Dann fühlen sich vielleicht auch diese Kinder in der Jungschar mehr wahrgenommen. Eine freundliche, persönliche Begrüßung am Anfang jeder Gruppenstunde kann dabei wunderbar bestärken: „Hallo Amir, ich freue mich, dass du heute da bist!“

Vielfältiges Angebot

Ein essentielles Herzstück der Jungschar ist es, Kinder so anzunehmen wie sie sind. Es ist nicht falsch, ruhig und bedächtig zu sein. Genauso wenig ist es falsch, lautstark seine Meinung zu vertreten, solange es im angemessenen Maß und Augenblick ist. Als Gruppenleiter/innen ist es unsere Aufgabe, die Gelegenheit für beides zu schaffen indem wir eine große Bandbreite an Spielen und Methoden anbieten. Sowohl „laute“ als auch „leise“ Kinder profitieren von Schleichspielen (siehe z.B. das Spiel ‚Nachtwächter/in‘ in der Spieledatenbank) oder ruhigen Momenten des Ausmalens oder Zuhörens. Andererseits kann es für ruhige Kinder lustig sein, aus sich herauszugehen und andere Rollen auszuprobieren, z.B. in einem Schrei- oder Rollenspiel. Bei Spielen, die Kinder aus ihrer Komfortzone rausholen, müssen wir ganz besonders auf freiwilliges Mitmachen achten.

Zuhören und nachfragen

Stille Kinder sind oft ruhig und unauffällig, weil sie womöglich nicht gerne im Mittelpunkt stehen. Sie sagen daher vielleicht nicht offen vor der großen Gruppe, wenn ihnen etwas nicht passt. Meist ist es als Gruppenleiter/in schwer, bei solchen Kindern einzuschätzen, ob ihnen ein Spiel/eine Methode Spaß gemacht hat. Da hilft es, genau zuzuhören und nachzufragen. Möglicherweise ist nach der Gruppenstunde Zeit, um ein solches Kind zu fragen: „Und, was hat dir heute am besten gefallen?“ Oder: „Welches Spiel möchtest du in der nächsten Gruppenstunde am liebsten spielen?“ Wichtig ist, sich daran zu erinnern, bei der nächsten Gruppenstunde diesen Wunsch einzubauen, damit die Glaubwürdigkeit als Gruppenleiter/in erhalten bleibt.

Die Ideenbox

Zum Abschluss möchte ich noch eine Methode vorstellen, die ich als Gruppenleiterin sehr hilfreich fand: die Ideen- oder Beschwerdebox. Das ist eine Schachtel mit einem Schlitz für kleine Briefe, wo Kinder anonym Ideen/Beschwerden/Meinungen zu Gruppenstunden einwerfen können. Ich hatte diese Box eine Zeit lang am Fensterbrett des Gruppenraumes stehen und da ist einiges zusammengekommen, das sehr berührend, überraschend und auch anregend war (neben einer Menge Blödsinn natürlich). Aber auch für den ist in der Schachtel – und der Jungschar – Platz!

Valeria Plohovich

kumquat "Platz da!" 2/2021