Bitte - Danke - Entschuldigung!
Worte machen Beziehung.
Wir gestalten Beziehung - jeden Tag, in jeder Gruppenstunde, auf jedem Lager. Mit allem, was wir zueinander sagen, nehmen wir Einfluss auf die Beziehungen in unserem Leben. Speziell im Umgang mit den Kindern in unserer Gruppe haben wir die Verantwortung, diese Beziehungen aktiv zu gestalten. Dazu ist es auch wichtig, unsere Worte immer wieder genau in den Blick zu nehmen. Was sagen wir zu den Kindern? Und was macht das mit unserer Beziehung?
"Wenn man Kindern Liebe predigt, lernen sie predigen und nicht lieben."
Ganz nach diesem weisen Satz, der der Psychoanalytikerin Alice Miller zugeschrieben wird, möchten wir hier drei Worte unter die Lupe nehmen, die wir oft von Kindern erwarten oder verlangen - Worte, die für Höflichkeit und "gute Erziehung" stehen und die auch Papst Franziskus als die wichtigsten Worte in einer Beziehung bezeichnet hat. Alle drei können eine Haltung zeigen - ausdrücken, dass wir einander wichtig sind und aufeinander achten wollen. Sie können uns helfen, uns aufeinander einzustellen und unsere Beziehung zu stärken. Sie können aber auch, wie Papst Franziskus im Mai 2015 in einer Generalaudienz betont hat, zur reinen Maske werden. Anstatt uns einander näher zu bringen, können Worte auch einfach nur antrainierte Hülsen sein, die nur verwendet werden, um Regeln gerecht zu werden. Darum sollten wir gerade im Umgang mit Kindern über ihre Verwendung nachdenken.
Bitte
Wenn ich "Bitte" sage, zeige ich erstmal mein eigenes Bedürfnis. Ich gebe meinem Gegenüber die Möglichkeit, zu sehen was mir fehlt, damit es mir gut geht. Diese Situation kennen Kinder sehr gut - etwas nicht alleine hinkriegen, zu klein für etwas sein, Hilfe brauchen. Täglich sind sie damit konfrontiert, um etwas zu bitten. Und oft kennen sie auch die zweite Seite dieses Wortes: Auf eine Bitte kann man "Nein" sagen. Erwachsene schlagen Kindern ihre Bitten ab - weil sie das Gewünschte nicht für sinnvoll halten, weil sie gerade keine Lust darauf haben, oder weil es schlicht und einfach nicht möglich ist. Bitten sind, nach Marshall Rosenberg und seinem Ansatz der gewaltfreien Kommunikation, keine Befehle oder Anweisungen sondern immer auch Angebote zum Austausch. Wenn ich "Bitte" sage, gebe ich meinem Gegenüber die Chance, die eigene Einschätzung dazu zu legen und wir können uns gemeinsam auf den Weg machen.
Zu Kindern "bitte" sagen
Viele Sätze, die Kinder - auch in der Gruppenstunde - hören, beinhalten ein "Bitte". "Setzt euch bitte hin!" "Räumt jetzt bitte auf!" und "Seid jetzt bitte leise!" sind aber keine Bitten im eigentlichen Sinn. Nur weil das Wort "Bitte" in einem Satz vorkommt, wird ein Befehl nicht zu einer Bitte. Um den Kindern tatsächlich einen ehrlichen und respektvollen Umgang mit diesem Wort vorzuleben, ist es wichtig, sich immer wieder zu fragen:
- Was erwarte ich, wenn ich die Kinder um etwas bitte? Lasse ich ihnen wirklich die Möglichkeit, ja oder nein zu sagen?
- Was höre ich, wenn mich ein Kind um etwas bittet? Nehme ich die Bitte ernst und antworte ich ehrlich?
Danke
Danke sagen, tut gut! Ein ehrliches "Danke" zeigt Wertschätzung und gibt dem/der Empfänger/in die Rückmeldung, dass sie Einfluss auf das Leben des/der Anderen hat. Ein ehrliches "Danke" sagt auch: "Ich sehe, dass du dich bemühst!", und bringt uns näher zusammen.
“Danke” sagen und “Danke” denken verändert aber auch den eigenen Blickwinkel. Wenn ich bewusst "Danke" sage, lenke ich meine Aufmerksamkeit auf das, was gut gelaufen ist - und auch darauf, dass ich nicht alles selbst kann oder muss.
Zu Kindern "Danke" sagen
Gegenüber anderen Erwachsenen ist es für uns selbstverständlich, uns zu bedanken, wenn sie uns unterstützen, uns helfen, uns Gutes tun. Gegenüber Kindern ist es oft nicht so offensichtlich, wo man ehrlich danken kann und dann kann es passieren, dass es gar nicht ausgesprochen wird. Denn "Danke" kann man nicht nur sagen, wenn alles perfekt war - es geht auch um die ehrliche Rückmeldung, dass die Bemühungen erkannt wurden und die guten Absichten dahinter wertgeschätzt werden. Um "Danke" einerseits nicht zu einer leeren Worthülse verkommen zu lassen aber es andererseits auch nicht nie auszusprechen, sind folgende Fragen zur Selbstreflexion geeignet:
- Wann sage ich "Danke" zu den Kindern? Erwähne ich, wofür ich dankbar bin? Wie geht es mir mit dem unerfüllten Bedürfnis, wenn ich ein “Danke” erwarte aber keines bekomme?
- Was beobachte ich bei den Kindern? Wie und wann sagen sie "Danke" zueinander?
Entschuldigung
Nicht nur Elton John hatte diese Erkenntnis: Sorry seems to be the hardest word - "Entschuldigung" zu sagen, ist eine der schwierigsten Aufgaben. In einer Welt, in der so viel Wert auf Leistung und Perfektion gelegt wird wie in unserer, kommt ein Wort, das auf eigene Fehler hinweist, schwer über die Lippen. Wir alle sind es gewohnt, uns möglichst gut darzustellen und schauen nicht gern auf unsere eigenen Fehler. Für eine belastbare Beziehung ist aber die wichtigste Grundlage, ehrlich mit den eigenen Fehlern, die eben einfach zum Mensch-Sein dazugehören, umzugehen. Gleichzeitig ist "Entschuldigung" aber auch eines dieser Wörter wie "Bitte" und "Danke". Es soll Gewicht haben. Wird es gesagt, muss es gemeint sein.
Zu Kindern "Entschuldigung" sagen
Wie das Wort "Entschuldigung" schon sagt, geht damit zwar die Bitte an die anderen einher, den eigenen Fehler anzunehmen und anzuerkennen, aber durch dieses Wort ist einfach noch nicht wieder "Alles gut". Wenn Verletzungen passiert sind, braucht es Zeit, damit die Beziehung wieder hergestellt ist. Manchmal ist es auch im ersten Moment noch nicht möglich, sich zu entschuldigen. Das müssen wir als Gruppenleiter/innen auch immer wieder beachten, wenn es Konflikte in der Gruppe gibt.
- Wie verhalte ich mich, wenn es Konflikte zwischen Kindern in der Gruppe gibt? Wie unterstütze ich die Kinder dabei, sich ehrlich und aufrichtig mit ihren Fehlern auseinanderzusetzen?
- Wie gehe ich als Gruppenleiter/in mit meinen eigenen Fehlern um? Sage ich "Entschuldigung" auch zu den Kindern? Was meine ich, wenn ich es sage?
Wie bereits vorhin erwähnt ist es nicht einfach, eine Entschuldigung auszusprechen, und genauso schwer oder vielleicht auch noch schwerer ist es manchmal eine Entschuldigung anzunehmen. Wer eine Entschuldigung ausspricht, spricht damit eigentlich eine Bitte, einen Wunsch aus. Das heißt eben auch, dass das Gegenüber diese auch ablehnen kann. Wie auch immer sich die Beziehungen zwischen Menschen in solchen schwierigen Situationen gestalten, ist es wichtig die Wertschätzung gegenseitig nicht aus den Augen zu verlieren. Manchmal brauchen Menschen einfach Zeit, um Konflikte zu verdauen und das muss gegenseitig respektiert werden.
Beziehung gestalten - Vorbild sein
Solange diese Wertschätzung und gegenseitiger Respekt gewahrt wird, ist ehrliche Kommunikation möglich. Nur wenn wir als Gruppenleiter/innen und Menschen mit den uns anvertrauten Kindern authentisch kommunizieren, ist es möglich eine stabile und belastbare Beziehung aufzubauen und kann somit das Fundament für eine gelungene Gruppenarbeit sein. In diesen gegenseitigen Beziehungen können wir für die Kinder Vorbilder sein und ihnen Raum öffnen, um selbst in wertschätzende Kommunikation hineinzuwachsen.
Nani Gottschamel, Veronika Schippani, Kathi Bereis
zum Weiterlesen:
- Marshall Rosenberg - Gewaltfreie Kommunikation
- Papst Franziskus, Generalaudienz Mai 2015: https://w2.vatican.va/content/francesco/de/audiences/2015/documents/papa-francesco_20150513_udienza-generale.html