Muss das wirklich so sein?

Ena macht sich Gedanken über Feiertraditionen…

Wenn ich mir die Frage stelle, was für mich feiern bedeutet, dann hat das mit vielen Dingen zu tun: etwas gemeinsam machen, lachen, Freunde/innen sehen, nicht arbeiten, die Zeit angenehm verbringen etc.
Für mich ist es sehr schön, Feste zu feiern, wie sie fallen, und nicht nur die „üblichen“ Feste zu begehen - wie Geburtstag, Namenstag, Weihnachten, Ostern usw. - sondern auch Kleinigkeiten, wie z.B. einen Sonnentag, eine gute Note, ein Wiedersehen mit einem/r guten Freund/in…

Was ich aber leider auch mit Feiern in Verbindung bringe, sind manche Traditionen oder Rituale, die ich nicht gut finde, die aber oft mit der Entschuldigung oder der Erklärung „Das war immer schon so!“ und „Das gehört halt dazu.“ durchgeführt werden. Ich finde es immer etwas problematisch, von einem Jahr aufs nächste dasselbe zu machen, ohne ein paar Minuten darüber nachzudenken, ob die jeweilige Aktion (oder was auch immer) auch noch immer angebracht und für alle Beteiligten passend ist.

Mir fallen in diesem Zusammenhang etwa Spiele ein, bei denen der/die zu Befeiernde manchmal mehr peinliche als lustige Aktionen durchführen muss oder die Person Dinge machen muss/ soll, die sie gar nicht machen möchte, aber „gezwungen“ wird, „weil es ja dazu gehört“.

Ein weiterer Gedanke, der mir in diesem Zusammenhang kommt: Wenn ich etwas feiere, dann möchte ich dies mit bestimmten Personen machen, d.h. auch mit ihnen Zeit verbringen - und ich nehme einmal an, dass die Personen, die auf der Feier sind, das auch tun wollen.
Aus diesem Grund stelle ich mir auch die Frage, was z.B. an einer „Braut-Entführung“ für die betroffene Person lustig sein kann. Ich kann mir vorstellen, dass der Spaß der anderen Beteiligten größer ist als die Freude über die „Entführung“ bei der Person, die feiert.

Fragwürdig sind für mich Aktionen, bei denen es (nur) darum geht, andere bloßzustellen, sei es durch peinliche Fragen oder peinliche Aktionen. Diese sind meist für die Zuschauenden lustiger als für die Person, die eigentlich feiert – und ich selbst gehöre zu den Zuschauer/innen, denen es keinen Spaß macht, bei solchen Aktionen dabei zu sein.
Noch mehr, wenn diese Aktionen dann mit Alkohol verbunden werden und es nur darum geht, möglichst schnell betrunken zu sein. Denn wie schon erwähnt, geht es für mich beim Feiern darum, gemeinsam Spaß zu haben, und nicht darum, wer als erste/r wieder zu Hause ist, weil es ihm/ihr nicht gar so gut geht.

Bei Aktionen, die man für andere macht, sollte man auch immer darauf schauen und achten, was diese möchten, welche Wünsche und Vorstellungen sie von einer Feier haben – und nicht die Belustigung der anderen Personen zum Ziel haben.

Es gibt beim Feiern meiner Meinung nach auch so viele Möglichkeiten, etwas zu gestalten, das (fast) alle Gäste gemeinsam mit oder für die zu befeiernde Person durchführen. Eine Aktion, die mir in diesem Zusammenhang einfällt: Die Person, die feiert, wird mit einem Brief eingeladen, in dem sie gebeten wird, sich an einen bestimmten Ort zu begeben. Von diesem Ort ausgehend beginnt dann eine Geschichte, an der die Person live teilnimmt. So ein Spiel kann auch wie ein Geländespiel auf einem Jungscharlager aufgebaut sein, z.B. die Befreiung von Schlümpfen aus den Fängen von Gagamel, Agent/innenspiele oder welches Thema auch immer. Die Person (oder mehrere Personen) muss dann verschiedene Aufgaben lösen, indem sie sich von einem Ort zum nächsten bewegt (mit der Straßenbahn, einem Auto, zu Fuß…). Auf dieser „Reise“ trifft sie verschiedene Personen (andere Gruppenleiter/innen, Freund/innen,…), bei denen sie etwas Nettes machen kann, oder sucht bestimmte Orte auf, an denen etwas passiert. Am Schluss finden sich dann alle zusammen und es gibt ein großes Fest.

Eine andere Idee kann eine Art Schnitzeljagd von einem Päckcken zum nächsten sein, ein Gesellschaftsspiel, das in großem Rahmen aufgezogen wird (z.B. Activity für alle, Siedler von Catan auf einer Wiese), eine Geburtstagsshow in der Art der Sendung „Millionenshow“ oder eine Sammlung von allen möglichen Geschenken (die Person muss Geschenke suchen oder Aufgaben lösen, statt ein Paket nach dem anderen zu öffnen) usw. Deiner Phantasie sind da sicher keine Grenzen gesetzt!

Ena Vichytil

[aus dem kumquat "feiern" 2007]