Lerneinsatz Philippinen

Irmgard Macher, ehrenamtliche Mitarbeiterin im DKA-Team der Jungschar Graz, war im Sommer auf Lerneinsatz auf den Philippinen. Unter anderem hat sie auch das FCCI (Foundation for the care of creation), das Projekt, das bei der Sternsingeraktion 2007 näher vorgestellt wird, besucht. Hier ihr Erlebnisbericht...

Mabuhay!

…stand auf dem Willkommensplakat unserer Projektpartner/innen in Manila, als unsere neunköpfige Gruppe aus der Steiermark eintraf. Mabuhay – der Wunsch: Ein schönes, gutes Leben für alle!

Ausgehend von der 14 Millionen-Einwoh­ner­/innen-Stadt Manila, bereis­ten wir die Hauptinsel Luzon und besuchten dabei Projekte, die von der Drei­königs­aktion unterstützt werden. An der Nordküste lernten wir Tina ken­nen, die dort als Partnerin der DKA ein Bio-Landwirtschaftsprojekt, das FCCI (Foun­­dation for the care of creation), betreut. Die Reisbauern und -bäuerinnen in St. Ana arbeiten hart, um zu überleben. Tina hilft den Bauern und Bäuerinnen dabei, wieder ihre eigenen Reissorten zu kultivieren. So müssen sie nicht teures Saatgut und Spritzmittel kaufen und sind unabhängig von der einflussreichen Düngemittelindustrie. Außerdem soll der lokale Markt gestärkt werden, so bleibt der Bio-Reis in der Gemeinde und wird von den Bauernfamilien selber gegessen.

Meine Gastmutter Emma, die mich eine Nacht beherbergte, zeigte mir besonders stolz ihr Hausschwein. Emma ist Mitglied bei FCCI. Die Aufzucht von Ferkeln sichert ihren Lebensunterhalt. Am Abend kommen alle Kinder und Frauen aus der Nachbarschaft zu Emma. Wir essen gemeinsam und singen und tanzen dann zur Musik, die aus Emmas CD-Player weit über das Holzhaus hinaus in die schwarze Nacht dröhnt. Zu Gast bei Emma sehe ich den philippinischen Spruch gelebt: Nobody is so poor, not to share something! Niemand ist so arm, dass er/sie nicht irgend­etwas zu teilen hat.

Wir verlassen die heiß-schwüle Küste und fahren weiter in die Berge, die Cor­dillera. Grün, grüner, am grünsten breiten sich die Reisfelder aus. Zweimal im Jahr wird geerntet, und streckenweise sehen wir schon den Reis zum Trocknen auf­geschüttet am Straßenrand.

Unsere Lerneinsatzgruppe ist eingeladen, drei Tage in einem Bergdorf zu verbringen. Der Pfad nach Chapyusen ist schmal; wir wandern entlang von Reisfeldern, klettern über Felsen bergauf und bergab. Die Frauen aus dem Dorf, die uns führen, marschieren schnell und wendig bar­füßig durch Wald und Gestrüpp, bis wir schließlich auf der anderen Seite des Flusses die Holzhäuser von Chapyusen sehen. Eine schmale Hängebrücke ver­bindet die Ufer und erlaubt dem Fluss gleichzeitig seine Wildheit.

Doch die Dorfgemeinschaft, die hier schein­­bar so friedlich im Einklang mit der Natur lebt, ist bedroht. Es gibt fertige Pläne für den Bau eines Staudammes zur Strom­­erzeu­gung. Das bedeutet die Über­­flutung des gesamten Tales und die Zwangs­­umsiedelung des Dorfes.

In Chapyusen betreiben die Bewohner/innen, betreut von den Projektpartner/innen der Dreikönigsaktion, ein Klein­strom­werk, gespeist durch die Kraft der Wasser­fälle. Der Strom, der dadurch gewonnen wird, reicht für das Leben im Dorf. Doch die Minengesellschaften brauchen sehr viel mehr Strom. Die Bergregionen der Phi­lippinen sind ein Dorado für Minen­konzerne aus der ganzen Welt. Sie finden alles, was sie brauchen: große Vorkommen an Bodenschätzen und die Bereitschaft der Regierung, Abbaulizenzen nahezu uneingeschränkt zu verteilen, ohne Rück­sicht auf die Menschen, die dort seit jeher leben, und ohne jegliche Umweltschutzbestimmungen.

Chapyusen ist nur ein Dorf von vielen, das vom Verschwinden bedroht ist. Die Umsetzung des Projektes hätte verheerende Folgen. Aus anderen Gegenden wissen wir: Zurück bleiben entwurzelte Menschen, deren Existenzgrundlage geraubt ist, vergiftete Flüsse, abgeholzte Hänge, die bei Regen zerstörerische Erdrutsche verursachen, und totgeschürfte Berge.

Die Projektpartner/innen der Dreikönigsaktion, die Mitarbeiter/innen von MRRS (Mountain Releaf and Rehabilitation Foun­dation), kennen die Menschen in den Cordilleren, die zur „Ur­bevölkerung“ der Philippinen gehören – sie sind selbst meist indigener Abstammung, und können daher die verschiedenen Sprachen der Völker sprechen und kennen ihre Bräuche und Traditionen, die stark von einem Leben in Einklang mit der Natur und der Dorfgemeinschaft geprägt sind. Sie stellen sich klar auf ihre Seite und unterstützen sie im Widerstand gegen die Minen­gesellschaften.

Durch ihren Einsatz machen sie sich besonders angreifbar, denn die von der Präsidentin unterstützten Militärkommandos, die im Kampf gegen den Terrorismus operieren und befugt sind, Menschen zu töten, richten sich tatsächlich aber gegen politisch engagierte Menschen, die sich für die Rechte indigener Völker stark machen. Von Mordanschlägen an Journalist/innen, Politiker/innen und Sozialarbeiter/innen wird wöchentlich berichtet. „Ja, wir haben Angst um unser Leben und um das unserer Kolleg/innen und Freund/innen“, erzählen Jimmy und Erlyn von MRRS. Ihre Arbeit ist mühsam, der Kampf gegen die menschen­verachtende Regierung und die multinationalen Kon­zerne manchmal aussichtslos, aber sie machen weiter, im Sinne einer gerechteren Welt.

Während der Reise wurde mir wieder einmal aufs Neue klar, dass wir alle Architekten und Architektinnen dieser Welt sind. So wie die Menschen auf den Philippinen an den „kleinen Erfolgen“ für mehr Menschenwürde zehren, so liegt es auch an uns, hier in Österreich, kleine, stetige Schritte zu gehen – das Ziel immer vor Augen: eine menschliche, gerechte Welt. In diesem Sinne: Mabuhay! May all of us have a full life!

Irmgard Macher