Männlich, weiblich oder…?

Unser Leben ist geprägt von getrennten Bereichen: beim Turnen, oftmals im Werkunterricht, in der Sauna, beim Schwimmen, auf Klos, in Geschäften, bei „klassischen“ Berufen,... Was passiert aber, wenn das Geschlecht nicht eindeutig ist, oder man sich dem biologischen Geschlecht nicht zugehörig empfindet? Wir leben in einer Gesellschaft, in der es wichtig ist, Mann oder Frau zu sein. Kein Mensch darf in Österreich ohne ein im Personenstandsregister eingetragenes Geschlecht leben.

Ich habe in einem klinischen Wörterbuch nach ein paar themenspezifischen Begriffen gesucht und folgendes gefunden:

Intersexualität oder auch Sexualdifferenzierungsstörung bezeichnet Menschen, bei denen innere und äußere Geschlechtsmerkmale nicht zum chromosomalen Geschlecht passen. Dabei gibt es die unterschiedlichsten Formen und Ausprägungen.
Transsexualität oder klinische Geschlechtsidentitätsstörung bezeichnet Menschen, die biologisch eindeutig Männer bzw. Frauen sind, sich aber dem jeweils anderen Geschlecht als zugehörig empfinden.
Transgender (zur Erklärung: „sex“ meint im Englischen das physische und „gender“ das soziale Geschlecht) bezeichnet Menschen, die biologisch eindeutig Männer bzw. Frauen sind, die sich aber mit ihrer zugewiesenen sozialen Geschlechterrolle nicht identifizieren können oder sogar prinzipiell jede Form der Geschlechtszuordnung ablehnen.

Beim Durchlesen ist mir aufgefallen, dass unsere Gesellschaft es gleich als Krankheit abstempelt, wenn Menschen sich nicht einem bestimmten Geschlecht zuordnen können oder wollen. Wieso wird man gleich als krank bezeichnet, wenn man sich anders fühlt als andere? Wieso müssen Betroffene darunter leiden, nicht verstanden und vor allem nicht akzeptiert zu werden? Hat nicht jede/r ein Recht darauf so zu leben, wie er/sie will?

Momentan ist das in unserer Gesellschaft anscheinend nicht möglich. Wir brauchen Kategorien, in die wir Menschen einteilen können. Gleich bei der Geburt wird entschieden, welches Geschlecht man sein Leben lang haben soll. Und das kann man so leicht nicht ändern.
Wer darf oder kann überhaupt entscheiden, was eine/n Frau/Mann ausmacht? Und wieso ist es so wichtig zu wissen, ob mein Gegenüber ein Mann oder eine Frau ist? Weil ich  gleich ein ganzes Paket an Zuschreibungen habe, wie die Person sein könnte? Weil ich Frauen im Beruf weniger zahlen kann? Weil Männer zum Bundesheer müssen?...

Meines Erachtens sollte sich unsere Gesellschaft nicht die Frage stellen, ob sich diese Menschen ändern können, ob man sie „heilen“ kann, oder welche Körperteile man haben muss, um als Frau/Mann zu gelten. Wir sollten nicht versuchen, andere zu ändern, sondern an unserer Einstellung arbeiten: Menschen so annehmen wie sie sind (jeder Mensch ist anders, nicht nur auf Grund des Geschlechts); Geschlechterrollen überdenken oder gleich beiseite schieben; Menschen selber entscheiden lassen, was gut für sie ist. Das wäre meiner Meinung nach der erste Schritt in eine andere Richtung, vielleicht eine bessere, vielleicht auch nicht, auf jeden Fall anders!

Lisi Straßmayr

aus dem kumquat "Der.Die.Das" 2/2010