Mara‘nd Josef!!!

Christ/in sein im Alltag und in der Gruppenstunde

„Wann ist ein Mann ein Mann?“ singt Herbert Grönemeyer in einem seiner erfolgreichen Popsongs.
„Wann ist ein/e Christ/in ein/e Christ/in?“ frage ich in meinem Artikel! Es soll um die Frage gehen, wie man sein Leben bewusst christlich gestalten kann, aber auch, wie man als Gruppenleiter/in mit der Vorbildwirkung auf die Kinder einen guten und stressfreien Umgang erlernen oder einüben kann.  

Auf  die Frage, wann man ein/e „gute/r“ Christ/in ist, gibt es ein paar sehr plakative und althergebrachte Antworten. Laut (früher) gültigen Meinungen ist ein/e Christ/in jemand der/die…
… jeden Sonntag in die Kirche geht um die heilige Messe zu feiern
… mind. einmal pro Jahr zur Beichte geht
… den Kirchenbeitrag brav bezahlt
… und so weiter

Meiner Meinung nach ist Christ/in sein noch viel viel mehr. Christ/in sein ist eine Lebenseinstellung und eine innere Haltung. Die Taten und Handeln eines Menschen sind es, die ihn/sie als Christ/in erkennbar werden lassen, nicht ein Messbesuch oder die Einzahlung von Beiträgen.
Gerade in der Jungschar haben Kinder aber auch Gruppenleiter/innen die Möglichkeit, sich in einem geschützten Rahmen auf die Suche nach der/dem Christ/in in ihnen zu machen und zu definieren, was für sie Christ/in sein heißt.

Liebe als Grundauftrag

Jesus hat gesagt: „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe!“ (Joh 15, 9-17)
Für mich steckt in diesem Satz aus dem Johannes Evangelium der Schlüssel zu einem christlichen Leben. Andere annehmen, wie sie sind, sich nicht von ihren Schwächen abschrecken lassen, sondern sie als Person wahrnehmen und jedem Menschen eine Chance geben, das heißt für mich meine/n Nächste/n zu lieben. Jesus hat an seine Liebe keine Bedingungen geknüpft. Als er seine Jünger/innen zusammen gesammelt hat, hat er nicht gesagt „Wasch dir die Füße, bevor du mir nachfolgst“ oder „Zieh dir eh etwas schöneres an, bevor wir jetzt gemeinsam Abendmahl feiern“ Jesus hat alle so genommen, wie sie waren. Besonders Menschen, die am Rand der Gesellschaft lebten, haben von Jesu Liebe profitiert. Wenn keiner sich mehr um sie gekümmert hat, dann ist er zu ihnen gegangen und hat sie mit seiner Anwesenheit, seiner unbedingten Liebe geheilt. Geheilt, weil er sie durch die geschenkte Beachtung wieder ein Stück weiter in die Mitte oder zumindest ins Bewusstsein der Gesellschaft gestellt hat.

Der Slogan der Katholischen Jungschar lautet „Wir stellen die Kinder in die Mitte“ Das heißt für mich, Kinder ernst nehmen, sie wertschätzen, mitbestimmen lassen und ihnen stabile Beziehungen anbieten. Kindern das Gefühl geben, dass sie als Menschen wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft sind und  etwas bewirken können. Ihnen zuhören, wenn sie einem etwas erzählen, ihre Vorschläge aufgreifen und auch von ihnen lernen. Konkret kann das heißen, dass man die Namen der Kinder nicht erst nach 10 Gruppenstunden kennt, sondern sie schon beim zweiten Treffen persönlich ansprechen kann. Auch Geburtstage zu feiern zeigt Kindern, dass man sie wertschätzt. Dabei ist es wichtig, dass alle ungefähr die gleichen Feierlichkeiten und das gleiche Geschenk erhalten.

Vorbild sein im miteinander Tun

Leider sind Kinder in unserer Gesellschaft zwar mit vielen Pflichten und Verboten, Regeln und Erwartungen konfrontiert, sehr selten aber mit Verständnis und Achtung. Als Gruppenleiter/in hat man die Möglichkeit, den Kindern ein anderes Bild aufzuzeigen. Jedes Kind ist in der Jungschar willkommen. Egal wie es aussieht, wie es heißt, woher es kommt und wie anstrengend es manchmal auch sein mag. Kinder sind der Spiegel ihrer Umgebung. Wenn sie in einem Umfeld aufwachsen, indem sie mit Schimpfwörtern und Gewalt konfrontiert sind, werden sie auch eher zum Schimpfen und Hauen neigen. Vielleicht sind sie aber auch ganz ruhig und wollen am liebsten nirgends mitmachen. Beides mag in der Gruppenstunde eine Herausforderung für Gruppenleiter/innen sein. Christ/in sein heißt nicht, über alles was die Kinder tun hinwegzusehen, ihnen keine Grenzen setzen und ein sogenannter Gutmensch zu sein. Christ/in sein kann hier heißen, sich mit den Problemen und Wünschen der Kinder auseinanderzusetzen. Den Kindern deutlich machen, dass sie als Menschen herzlich willkommen sind, dass sie sich jedoch an die Gruppenregeln hallten müssen, damit alle gut miteinander leben können. Kindern mit Respekt und Toleranz begegnen – das ist für mich christlich.

Christliches miteinander tun in den Gruppenalltag integrieren

Gruppenleiter/innen sind Vorbilder für Kinder. Egal, ob sie das möchten oder nicht, Kinder beobachten ihre Umwelt genau. Sie schauen sich ab, wie Erwachsene in Situationen reagieren, wie sie mit anderen umgehen, ob sie in die Kirche gehen oder nicht. Dieser Vorbildfunktion sollte man sich bewusst sein und auch im Bewusstsein darüber handeln, dass unser Tun Konsequenzen haben kann. In einer Gruppenstunde zum Thema Gottesdienstbesuch könnt ihr gemeinsam herausfinden, was euch motiviert oder davon abhält in die Messe zu gehen. Vielleicht könnt ihr ja auch eine Idealmesse konzipieren. Gemeinsam über den Glauben zu sprechen, Dingen auf den Grund gehen, Antworten auf fragen finden, das ist für mich christliches miteinander Tun. Nicht mehr und nicht weniger hat auch Jesus mit seinen Jünger/innen getan. Er war Vorbild für sie. Durch sein Handeln hat er sie inspiriert an ihn und seinen Vater zu glauben und ihm nachzufolgen. Auch hier geht es also wieder darum, konkret etwas zu tun. Ziel der Jungschar ist nicht, Kinder jeden Sonntag in die Messe zu schick­en oder ihnen Religionsunterricht zuteilwerden zu lassen. In der Jungschar ist Raum dafür, mit Kindern gemeinsam den großen Mysterien dieser Welt auf die Spur zu kommen. Bestimmt findest sich im Jahreskreis das eine oder andere Fest, dass man als Kind auch gerne gefeiert hat. Sei es der Nikolo, Ostern, St. Martin oder der eigene Namenstag. Diese positiven Erfahrungen der eigenen Kindheit kann man seinen Kindern auch ermöglichen. Und falls die eigenen Erinnerungen an solche Feierlichkeiten eher schlechte sind, kann man überlegen, was man anders machen kann, damit die Kinder Freude an solchen Feiern haben.

Mut zum Christ/in sein

„Wo zwei, oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 20, 18) hat Jesus auch einmal gesagt. Dieser Satz darf uns Mut machen für unsere Jungschararbeit. Dieser Satz heißt für mich, dass solange wir mit den uns anvertrauten Kindern einen Umgang pflegen, der ihnen positive Erfahrungen ermöglicht, der ihnen hilft, stark und selbstbewusst zu werden und der ihnen vielleicht auch ein paar – gemeinsam gesuchte! – Antworten auf ihre Fragen gibt, christlich handeln. Jesus hat mit seinen Jünger/innen gefeiert, gegessen, getrunken, gebetet, gesungen und getanzt. Treten wir in seine Fußstapfen und versuchen wir Christ/innen nach seinem Beispiel zu sein.

aus dem kumquat "vernetzt" 1/2011