„Wir hoffen, das Lager hat dir gut geschlafen…“

Über die scheinbar unlösbare Aufgabe, genügend Schlaf und Lagerleben unter einen Hut zu bringen - und warum wir uns ihr stellen sollten.

Am Ende unseres Jungscharlagers bekommt jedes Kind noch einen persönlichen Brief. Wenn man beim Briefeschreiben aber schon recht übermüdet ist, dann passieren manchmal Fehler wie jener in der Überschrift. Das mag zwar auf den ersten Blick lustig sein, aber es stellt sich mir doch die Frage, wie es mit meinem persönlichen Energiehaushalt bestellt sein muss, wenn ich nicht mal mehr einen geraden Satz herausbringe. Auch frage ich mich, was das für die verschiedenen, doch sehr anspruchsvollen, Aufgaben als Gruppenleiter/in auf einem Lager bedeutet.

Vielleicht bist du mit Kindern im Wald unterwegs, vielleicht im Ort bei einer Rätselralley, möglicherweise musst du sogar ein Auto lenken. Ganz sicher solltet ihr euch aber aufmerksam und mit möglichst viel Energie dem Programm widmen können. Alles Situationen, bei denen es eindeutig nicht gut und mitunter sogar sehr gefährlich ist, wenn man als Gruppenleiter/in unausgeschlafen ist. Aber nicht nur man selbst kann ein Lager übermüdet nicht so genießen, wie man es vielleicht gerne würde. Auch die Kinder und Jugendlichen haben weniger Freude am Programm, neigen eher zum Streiten und bekommen sogar öfter Heimweh, wenn sie unausgeschlafen sind. Außerdem steigt die Verletzungsgefahr.

Wie kann man nun für genügend Schlaf sorgen? Ein wichtiger Schritt im Vorfeld ist, genügend Gruppenleiter/innen und andere Helfer/innen mit aufs Lager zu nehmen. So muss nicht jede/r alles machen, denn es ist ganz klar, dass man spätestens am ersten Abend streichfähig ist, wenn man Morgenlob gestalten, Frühstück machen, Geländespiel leiten und die Kreativstationen planen soll. Hier kommen wir auch schon zu einem weiteren Punkt, der bei der Planung zu berücksichtigen ist – die Ausgewogenheit des Programms. Einerseits auf Leitungsseite, dass man nicht jeden Tag durchgängig für die Teilnehmer/innen zur Verfügung stehen muss, sondern auch Tage hat, an denen es für einzelne Teammitglieder erst Mittags aktiv mit Programm losgeht oder man nicht beim Abendprogramm beteiligt ist. Andererseits aber auch auf Teilnehmer/innen-Seite. Hier ist es förderlich, wenn man nicht jeden Tag vom Aufstehen bis zum ins Bett fallen mit actionreichem Programm verplant, sondern wenn auch ruhigere Beschäftigungen und Ruhezeiten eingeplant sind. Dabei kann es sich um freie Zeit am Nachmittag handeln, bei der sich die Kinder ganz nach ihren Bedürfnissen aussuchen können, ob sie lieber mit ein paar Decken in der Wiese liegen oder doch beim Ballspiel mitmachen. Es kann aber auch tägliche Fixpunkte geben, wie eine Stunde Pause nach dem Essen, die entweder bei Ruhe im Zimmer verbracht werden kann oder in der in einer Kuschelecke gelesen oder leise ein Brettspiel gespielt werden kann. Hierbei ist es immer wichtig, dass die Teilnehmer/innen bemerken, dass sie nichts vom Programm verpassen, wenn sie sich entscheiden, sich auszurasten.

Natürlich kann es trotz der besten Vorsätze doch vorkommen, dass man selbst nach ein paar Lagertagen schon total übermüdet ist und dass es den Kindern genauso geht. Es ist sicher nicht der beste Weg, das Programm dann trotzdem auf Biegen und Brechen durchzuziehen. Es ist absolut nicht schlimm, wenn ihr das Vormittagsprogramm kürzt, um längeres Schlafen zu ermöglichen oder früher mit dem Abendprogramm aufhört, damit die Kinder und auch ihr zeitiger ins Bett kommt. Oft passiert es auch, dass sich ein oder mehrere Programmpunkte wesentlich länger ziehen als geplant und sich alles, somit auch der ins-Bett-geh-Zeitpunkt, nach hinten verschiebt. Hier hilft es erstens, Programm täglich ca. eine Stunde kürzer zu planen, damit man Pufferzeit zur Verfügung hat, und zweitens, während des Programmpunktes auf die Zeit zu achten und konsequent das Programm zu beenden, wenn es zu spät wird.

Ein heikler Punkt auf jedem Lager ist selbstverständlich auch dann erreicht, wenn es wieder ans Nachhause fahren geht. Einerseits sind wir Gruppenleiter/innen mit vielen Kindern unterwegs, oft ein Stück zu Fuß im Straßenverkehr oder beim Umsteigen auf Bahnhöfen, wo auch viele andere Menschen sind und schließlich im Zug. Andererseits will auch das eine oder andere (Material-)Auto wieder zurück in die Pfarre gebracht werden. Klar ist: Auch hier ist Übermüdung eindeutig fehl am Platz.

Entgegenwirken kann man diesen Situationen, indem man denjenigen, die für diese Punkte verantwortlich sind, schon einen oder zwei Tage vorher genügend Zeit zum Schlafen lässt. Es macht wenig Sinn, wenn diese Gruppenleiter/innen das Abendprogramm am letzten Abend leiten und auch noch die Abschlussbesprechung moderieren müssen. Außerdem kann das Materialauto beispielsweise auch erst etwas später starten, mehr Pausen machen und muss ja nicht sofort schnellstens wieder zurück.

Apropos Besprechungen – Besprechungen am Lager zum Reflektieren des Tages und Planen der kommenden Tage sind wichtig, aber auch hier sollte darauf geachtet werden, dass nur das beredet wird, was gerade notwendig und sinnvoll ist und nicht mitten in der Nacht Grundsatzdiskussionen stattfinden.

Veronika Schippani

kumquat "Sch(l)äfchen zählen" 1/2015