Schlaf – was ist das denn?

Schlafen, einnicken, büseln, mützen, ein Nickerchen machen, pennen, schnarchen, sich aufs Ohr hauen/legen, … mir fallen auf Anhieb viele Formulierungen ein, die verwendet werden, um Schlaf zu umschreiben. Aber was ist Schlaf eigentlich?

Auch mit einigem Nachdenken fällt es mir schwer, für eine meiner liebsten Freizeitbeschäftigungen eine klare Definition zu finden. Auf Nachfrage hilft mir Wikipedia weiter – es bezeichnet Schlaf als „Zustand der äußeren Ruhe“. Das beschreibt aber doch eindeutig noch nicht alles, was Schlaf ist?! Wenn mir jemand vorliest, dann bin ich auch in einem Zustand „äußerer Ruhe“ und trotzdem gibt es da noch einen gewaltigen Unterschied zum Schlaf. Beim Einschlafen verändert sich auch in mir drin etwas und das merke ich daran, dass ich auf einmal nicht mehr mitbekomme, worum es in der vorgelesenen Geschichte geht – mein Gehirn benimmt sich offensichtlich anders als wenn ich wach bin.

Wenn man jemandem beim Einschlafen zusieht, kann man auch noch andere Dinge beobachten, die sich verändern:

  • Die Augen sind (im Normalfall) geschlossen.
  • Der Atem wird gleichmäßiger und langsamer.
  • Puls und Blutdruck sinken ab.

Was ich persönlich allerdings noch nie beobachtet habe (gut, es ist wohl auch mit freiem Auge nicht so einfach zu erkennen …), ist die höhere Spannung in der Mittelohrmuskulatur. Gemeinsam mit den geschlossenen Augen hilft sie, das Gehirn von Reizen aus der Außenwelt abzuschirmen und so die Gehirnaktivität zu senken.

Schlafphasen

Schlafen heißt aber nicht, dass wir einfach ein paar Stunden im gleichen Zustand bleiben. So wie sich unser waches Leben mehr oder weniger rhythmisch in verschiedene Zeitabschnitte gliedert, verändern sich auch im Schlaf die Vorgänge in unserem Körper – es gibt sogenannte Schlafphasen. Grundsätzlich teilt sich der Schlaf in zwei verschiedene Zustände: den REM-Schlaf und den Non-REM-Schlaf.

Beim Einschlafen fallen wir erst in eine von mehreren Non-REM-Schlaf-Phasen. Die Hirnaktivität und Atemfrequenz werden niedriger und wir bewegen uns in immer tiefere Non-REM-Schlaf-Phasen. Insgesamt gibt es vier verschiedene Non-REM-Phasen, die durch ähnliches aber kontinuierlich tieferes Schlafverhalten gekennzeichnet sind.

Auf dieses Muster folgt eine REM-Schlaf-Phase, die zur Zeit ihrer Entdeckung in den 50er-Jahren auch als paradoxer Schlaf bezeichnet wurde, weil er dem Wachzustand sehr ähnlich ist. Ihren Namen bekommt diese Art des Schlafes von den typischen schnellen Augenbewegungen – im Englischen Rapid Eye Movement genannt. Diese Art der Augenbewegungen war bis zu diesem Zeitpunkt nur von Blicksprüngen im Wachzustand beobachtet worden und unterscheidet sich klar von den – wenn überhaupt auftretenden – langsamen Augenbewegungen in den anderen Schlafphasen. Gleichzeitig sind die Bewegungsmuster der Augen aber wesentlich unregelmäßiger als im Wachzustand.

Im REM-Schlaf ist auch in der Muskel- und Hirnaktivität ein anderes Muster zu erkennen als in anderen Schlafphasen: Die Hirnströme, die im EEG (Elektro-Enzephalogramm) aufgezeichnet werden, sind fast so intensiv wie im Wachzustand. Die Muskulatur, andererseits, gerät in einen Zustand, der nur im REM-Schlaf beobachtet werden kann: die Schlaf-Lähmung. Hierbei fällt die Muskelspannung total ab, und die Bewegungslosigkeit wird nur ab und zu durch Momente höherer Spannung (sichtbar als Zucken) unterbrochen.

Ein solcher „Schlafzyklus“ – das einmalige Durchlaufen der verschiedenen Schlafphasen – dauert bei Erwachsenen in der Regel etwa zwei Stunden und wiederholt sich in einer Nacht mehrmals.

Schlaf ist nicht immer gleich Schlaf

Es mag wie eine Binsenweisheit klingen, dass jede und jeder von uns Schlaf anders erlebt und wahrnimmt. Spannenderweise hängen unsere Schlafgewohnheiten und -bedürfnisse aber von vielen verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise vom Alter und der kulturellen Umgebung.

Dass Babys viel mehr Schlaf brauchen als Erwachsene klingt auch nicht nach einer großen Erkenntnis. Interessant ist hierbei aber, dass sie nicht nur mehr, sondern auch anders schlafen: Statt einmal am Stück eine längere Zeit zu schlafen, wechseln sich bei Babys und Kleinkindern mehrere kürzere Schlaf- und Wach-Zeiträume ab. Gleichzeitig ist der Anteil des REM-Schlafes an der gesamten Schlafzeit bei Säuglingen wesentlich höher, was zu der Vermutung führte, dass REM-Schlaf eine besondere Bedeutung für die Gehirnentwicklung hat.

Aber auch unsere kulturelle Prägung hat Einfluss auf unser Schlafverhalten. Es ist beispielsweise nicht überall auf der Welt üblich, nur in der Nacht zu schlafen: es gibt verschiedenste Gepflogenheiten vom langen Mittagsschlaf, über die fast gleichmäßige Aufteilung der Schlafes über einen 24-Stunden-Tag, bis hin zum regelmäßigen Powernapping in jeder Lebenslage (mit dem mich ein japanischer Austauschschüler auch schon in der U-Bahn beeindruckt hat ;)).

Schlafen – wozu denn das?

Die erste logische Antwort wäre hier wohl „Na, weil ich müde bin!“ – ja, eh! Tatsächlich gilt diese Frage in der Wissenschaft allerdings noch als ungeklärt, auch wenn es verschiedene Theorien gibt.
Wie schon erwähnt, gibt es die Hypothese, dass Neugeborene vor allem REM-Schlaf brauchen, um die Gehirnentwicklung voranzutreiben. Wieso Erwachsene dann auch noch REM-schlafen ist allerdings damit nicht erklärt.

Ein anderer Grund für den Schlaf könnte die Regenerierung des Körpers sein. Die Wundheilung wird gefördert, Immunsystem, Nervensystem, Muskeln und Knochen werden entlastet und geschont. Auch das Wachstum und die Regeneration der inneren Organe werden angekurbelt. All diese Vorgänge funktionieren im Schlaf besser, weil der Körper durch weniger Aktivität sehr viel Energie einspart. Die Tatsache, dass Tiere, die aus dem Winterschlaf aufwachen (in dem sie ja sehr viel Energie gespart haben), dann schon sehr bald wieder schlafen müssen, deutet aber darauf hin, dass Schlaf noch andere Funktionen zu erfüllen hat.

Es wurden beispielsweise mehrere Zusammenhänge zwischen Schlaf und Gedächtnis entdeckt. Hier konnte gezeigt werden, dass die verschiedenen Schlafphasen wichtig für bestimmte Bereiche des Gedächtnisses sind.

Auch Träumen scheint eine wichtige Funktion des Schlafes zu sein – mehr dazu könnt ihr hier lesen.

Schlaft – und genießt es!

Auch wenn schon viel über das Phänomen Schlaf herausgefunden wurde, gibt es einiges, was wir noch nicht genau wissen. Vielleicht müssen wir da ja nochmal drüber schlafen. Dass wir Schlaf zum Überleben brauchen ist jedenfalls klar (mehr zu den Auswirkungen von Schlafmangel), und wenn es schon sein muss, dann können wir den „äußeren Ruhezustand“ ja auch genießen!

Nani Gottschamel

Zum Weiterlesen: Das Geheimnis des Schlafes. Neue Wege und Erkenntnisse der Forschung. Alexander Borbély (www.pharma.uzh.ch/static/schlafbuch/TITEL)

kumquat "Sch(l)äfchen zählen" 1/2015