Bettelorden, Mönche im Minirock und Jesus‘ Geldbörsel
„Money money money, must be funny, in the rich man‘s world“ trällern ABBA. Und wenn wir ehrlich sind: Der Traum vom großen Reichtum beschäftigt uns wohl alle ab und zu. Wer hat noch nie spekuliert, was er oder sie mit einem Lottogewinn anstellen würde oder sich ein Leben ohne Geldsorgen vorgestellt?
Und doch gibt es weltweit viele Menschen, die sich bewusst gegen Besitz und Reichtum entscheiden. Viele davon gehören katholischen Ordensgemeinschaften an. Diese werden oft als Bettelorden bezeichnet und sind ihrer Ordensregel nach der Armut besonders verpflichtet. Nicht nur die Einzelpersonen, sondern die ganze Gemeinschaft sollte jeglichen Besitz ablehnen. Die Angehörigen dieser Orden leben von ihrer Arbeit, von Schenkungen und – daher der Name – vom Betteln. Bettelorden entstanden im Mittelalter aus gegenkirchlichen Bewegungen, die den Reichtum der Kirche kritisierten und lange von dieser nicht anerkannt wurden. Franz von Assisi ist nicht nur der bekannteste Bettelmönch, sondern leitete eine Wende der Kirchenpolitik ein. Papst Innozenz II erkannte als erster Franziskus‘ Ordensregel und damit einen Bettelorden an.
Neben den franziskanischen Orden gibt es drei weitere große Bettelorden: die Dominikaner, die Karmeliten und die Augustiner-Eremiten. Die Bettelorden breiteten sich sehr rasch aus. Anders als die bis dahin bekannten Orden ließen sie sich bevorzugt in den Städten nieder. Viele Mönche waren als Prediger, Lehrer und Seelsorger tätig. Dadurch gewannen sie großen Einfluss auf das religiöse Leben der aufstrebenden mittelalterlichen Städte. Die zunächst schlichten Bettelordenskirchen wurden für große Menschenmengen errichtet und beeinflussten den Kirchenbau des Hoch- und Spätmittelalters.
Aber auch bei den Bettelorden war das einfache Leben nicht immer harmonisch. Je mehr Mönche sich der Armut verpflichteten, desto höher wurde die Konkurrenz – wer war jetzt ärmer, wer der ärmste?
Die Fratizellen, eine radikale Minderheit der Franziskaner, bewiesen zum Beispiel ihre Armut anhand der Kürze ihrer Kutten. Im Lauf des Wettstreits wurden diese immer kürzer und wanderten von den Knöcheln über die Waden bis zu den Knien. Am Schluss glichen die Kutten Miniröcken und reichten auf Kirchenlatein nur mehr „usque ad nates“ – bis zu den Pobacken. Das wurde den Dominikanern dann doch zu bunt und sie bereiteten diesen Mini-Mönchen mithilfe der Inquisition ein unschönes Ende. Zur gleichen Zeit ging es auch theologisch hoch her: Man diskutierte auf höchster Ebene die Frage, ob Jesus ein Geldbörsel besessen habe oder nicht. Die Franziskaner beschlossen (diesmal ganz einig), dass Jesus sicher keinerlei Gut besaß. Der Papst aber widersprach und legte ein für allemal fest, dass Jesus sehr wohl ein Geldbörsel besaß und vermutlich auch Immobilien (schließlich ist in der Bibel an verschiedenen Orten von „seinem Haus“ die Rede).
Heute geht der Papst das Thema „Armut“ eher von der praktischen Seite an: Er verlost vieles, das er in seinem Amt geschenkt bekommt (ein Auto, eine Espressomaschine, eine Videokamera, ....) zugunsten von Obdachlosen. Seinem Almosenmeister trug er auf, nicht nur hinter dem Schreibtisch zu sitzen – der Bischof fährt nun zu Bedürftigen und überbringt persönlich Zuschüsse zu Stromrechnungen oder ausstehenden Mieten – und der Papst selbst geht zu Fuß in die Arbeit.
Monika Gamillscheg
kumquat "zu wenig?" 2/2015