Dein Handy läutet – oft findest du es gar nicht gleich, weil sich das kleine Ding irgendwo versteckt hat – aber schon kurz darauf unterhältst du dich mit jemandem und hast meist eine vertraute Stimme am Ohr. Oder du wählst die Nummer von jemandem, den du erst im letzten Urlaub kennen gelernt hast und obwohl du gar nicht weißt, wo er/sie sich gerade aufhält – schon kannst du die wichtigsten Neuigkeiten austauschen... Diese und ähnliche Situationen sind wir so gewohnt und erwarten, dass alles funktioniert und auch noch billig ist, möglichst mit „Flat Tarifs“, also Fixbeträgen, die wir unabhängig von unserem Gebrauch bezahlen.
Aber wer weiß schon, wie das Ganze funktioniert und was alles technisch dahinter steckt, um uns die so selbstverständlichen Services überhaupt zu ermöglichen.
Was heißt z.B. „Handy-Ortung“ und können wir damit wirklich überwacht werden?
Wichtige Fragen, also fangen wir einmal mit ein paar Grundlagen an, um alles etwas besser zu verstehen.
Angenommen wir hatten schon länger keinen Kontakt mehr und du willst dich bei mir melden. Ich bin aber gerade auf einer Reise (sagen wir irgendwo in Asien) und trotzdem können wir uns schon kurz darauf unterhalten – vielleicht mit ein bisschen Anlaufschwierigkeiten, wenn du mich gerade unbeabsichtigt aufgeweckt hast, weil du ja die Zeitverschiebung nicht mitbedenken konntest.
Also wie funktioniert das?
Dein Anruf kann doch nicht über die ganze Welt „verstreut“ werden, nur damit ich ihn – wo immer ich auch gerade bin – empfangen kann. Nun, das geht so: Jedes einzelne Handy/Mobiltelefon (im Englischen wird das Wort „Handy“ übrigens gar nicht verwendet, sondern „Mobile“) ist im „Home Location Register (HLR)“ des eigenen Funknetzbetreibers mit all seinen Teilnehmer/innendaten gespeichert. Welches HLR „zuständig“ ist wird durch die Telefonnummer eindeutig festgelegt. Im HLR wird auch immer aktuell eingetragen, wo sich das Handy gerade befindet, bzw. beim letzten Kontakt befunden hat.
Ein Handy kommuniziert mit der gerade am besten erreichbaren Basistation (das sind die Antennenmasten auf Häusern und Hügeln). Diese Station ist zusammen mit anderen mit einem MSC („Mobile Switching Center“) verbunden, wo die aktuellen Standortdaten des Handys registriert und dem HLR zurückgemeldet werden.
Wenn nun jemand deine Nummer anruft, geht der Ruf an das HLR und „erfährt“ dort, wo das Handy zuletzt eingeloggt war. Nun wird eine Suchanfrage mittels einer „stillen SMS“, von der du gar nichts merkst, zur dieser Position abgeschickt, um das Handy „aufzuspüren“ und festzustellen, wohin das Signal geleitet werden muss, damit eine Verbindung hergestellt werden kann. Ist die Anfrage erfolgreich, läutet dein Handy und das Gespräch kann beginnen. Wenn nicht, weil das Handy z.B. abgeschaltet ist, muss die nächste Ortsmeldung beim Einschalten des Handy abgewartet werden, damit eine Verbindung möglich ist.
So laufen fast alle Anrufe über HLR’s, außer wenn du ein Handy anrufst, das sich im gleichen MSC-Bereich befindet (wenn du z.B. mit jemandem gemeinsam auf Urlaub bist), dann wird die Sache einfacher, weil auch alle anderen Mobiltelefone, welche sich gerade im gleichen Bereich befinden, im MSC registriert sind und ein Anruf – ohne aufwändige Rückfragen – direkt durchgeschaltet werden kann.
Auch im „Standby“-Zustand (eingeschaltet aber nicht benützt) kann ein Handy geortet werden, weil es sich automatisch von Zeit zu Zeit die geeignetste Basisstation sucht. Wechselt dabei das MSC, wird dem HLR der neue Aufenthaltsort mitgeteilt. Solche Standortbekanntgaben erfolgen aber meist nur im Abstand von Stunden, um das Gesamtmobilnetz, aber auch den eigenen Akku nicht unnötig zu belasten.
Du kannst dir jetzt vielleicht vorstellen, was alles technisch „hinter den Kulissen“ abläuft, damit Mobiltelefonieren möglich ist, wobei hier noch gar nicht darüber gesprochen wird, wie z.B. die Signalübergabe zwischen zwei Basisstationen erfolgt, damit du nicht unterbrochen wirst, wenn du in einem fahrenden Auto telefonierst…
Soweit zum Grundprinzip der Handy-Ortung, welche das Telefonieren, aber auch weitere Nutzungen ermöglicht. Das sind z.B. die Ortung eines Notrufes bei akuter Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Menschen, aber auch behördlich angeordnete Überwachungsmaßnahmen. Letzteres ist natürlich eine sehr sensible Materie und die konkrete Umsetzung ist oft Thema engagierter politischer Diskussionen aufgrund von Missbrauchsgefahr. Unbestritten sind aber auch damit erzielte Fahndungserfolge bei der Verbrechensbekämpfung, weil die Preisgabe des Aufenthaltsortes – bei eingeschaltetem Handy – eben auch erzwungen werden kann, wenn ein Netzbetreiber mittels „stiller SMS“ die Funkzelle, wo das Handy gerade ist, ermittelt.
Die Technik ermöglicht aber auch kommerzielle standortbezogene Dienste („Location Based Services“), wie Routen-Planung, Informationen zu interessanten oder gesuchten Orten in deiner Nähe (Sehenswürdigkeiten, Kinos, Bankomaten usw.), oder Angaben zu den Fragen „wo bin ich“ oder „wo sind meine Freunde/innen“, und zukünftig noch vieles mehr. Dabei kann übrigens auch Handy-Ortung mittels Satelliten-Navigations-Systemen Verwendung finden. Um aber die Privatsphäre der Nutzer zu schützen und Missbrauch zu verhindern, sind Mobilfunkanbieter bei solchen Diensten verpflichtet, die Zustimmung der Teilnehmer zu ihrer Lokalisierung einzuholen.
Seit Inkrafttreten des neuen Sicherheitspolizei-Gesetzes in Österreich Anfang 2008, dürfen auch neue Handy-Ortungsgeräte verwendet werden. Damit kann nicht nur der Standort in einer Funkzelle weiter eingegrenzt werden, es ist auch das Mithören von Telefonaten möglich. Solche Geräte arbeiten wie eine Basisstation, d.h. alle Handys im Umkreis loggen sich in diese simulierte Funkzelle ein. Problematisch ist das deshalb, weil dabei auch Unbeteiligte erfasst werden, bzw. der Mobilfunkverkehr von Handys lahmgelegt werden kann, weshalb z.B. auch Notrufe nicht möglich sind.
Abgesehen von der Standort-Bestimmung eines bestimmten Handys wird das auch zum Erstellen von Bewegungsprofilen von Personen im Rahmen einer Überwachung genützt. Dabei werden aus Informationen und komplexen Rechenoperationen entsprechende Schlüsse gezogen. Derartige Geräte werden von Strafverfolgungsbehörden, aber auch von Geheimdiensten und leider sicher auch von Verbrecherorganisationen eingesetzt. Die technische Entwicklung unterstützt dabei wieder einmal das schon immer praktizierte „Katz-Maus“-Spiel zwischen Verfolgern und Verfolgten.
Schon der kurze Einblick in Funktion und Anwendung von Handy-Ortung zeigt, wie notwendig und nützlich sie für mobile Kommunikation ist, aber auch wie sensibel dieser Bereich ist. Es geht um das Spannungsfeld zwischen Nutzen, persönlicher Freiheit, Privatsphäre, Sicherheitsbedürfnis, Überwachung usw. Wie so oft liegen dabei Nützlichkeit und Missbrauchsgefahr auch wieder ganz nahe beisammen. Was überwiegt entscheiden wie immer Menschen. Wir werden sicher noch viele weitere technische Entwicklungen zu neuen, erstaunlichen Anwendungen erleben, es braucht aber auch Wachsamkeit, dass deren Nutzung verantwortungsvoll bleibt...
Hannes Peintinger
kumquat "Tabu" 3/2009