Flo und Eva sind beide seit ein paar Jahren Gruppenleiter/innen. In den letzten zwei Jahren ist facebook ein großes Thema geworden. Nicht nur für sie persönlich sondern auch in Bezug auf die Jungschararbeit. Folgender Dialog entwickelt sich:
Flo: Hey du, schau mal! Ich hab eine facebook-Freundschaftsanfrage von meinem Jungscharkind Fabian bekommen.
Eva: Ja, und?
Flo: Na, ich bin nicht sicher, ob ich mich mit ihm „befreunden“ will...
Eva: Warum nicht?
Flo: Naja... die können dann alle meine Fotos anschauen, meine Meldungen lesen, bzw. auch sehen, was meine Freund/innen an meine Wand posten und ich glaub, das ist mir unangenehm.
Eva: Warum ist dir das unangenehm? Ist doch eh wurscht. Hast du vielleicht etwas zu verbergen?
Flo: Nein, also nicht wirklich. Ich pass eh auf, was ich reinstelle, aber ich kann halt nicht beeinflussen, ob nicht jemand anderer etwas „peinliches“ über mich postet oder mich wo verlinkt. Und um auf Nummer sicher zu gehen, will ich mit meinen Kids nicht „befreundet“ sein. Ich bin ja auch nicht mit meinen Eltern auf facebook befreundet.
Eva: Dieses „befreundet“ sein ist ja insgesamt eine komische Sache. Ich hab auf facebook recht viele „Freund/innen“, die ich im „echten“ Leben eigentlich nie absichtlich treffe. Was heißt überhaupt „befreundet sein“ auf facebook? Und wenn ich eine „Freundschaftsanfrage“ ablehne?
Flo: Du meinst es könnte so ankommen, als ob ich die Person dann nicht mögen würde? Was im Fall von meinem Jungschar-Kind ja überhaupt nicht stimmt. Der Unterschied ist für mich, dass meine Jungschar-Kinder, so gern ich sie mag, eben nicht meine „Freund/innen“ sind. Ich bin ihr Gruppenleiter und hab somit eine besondere Rolle ihnen gegenüber. Außerdem will ich auch nicht alles von ihnen wissen – z.B. wer am Wochenende was gemacht hat usw.
Eva: Warum willst du das nicht wissen? Also ich interessiere mich schon dafür, was meine Kids tun. Und was sie über sich auf facebook erzählen. Das ist manchmal eine ganz nette neue Sicht auf meine Kids. Und die besondere Rolle kann ich ja trotzdem haben... Ich find facebook insgesamt manchmal ein bisschen schwierig...
Flo: Was denn?
Eva: Na ich finds problematisch, dass das, was ich auf facebook poste, recht viel Gewicht hat. Ich schreibe etwas und viele Leute können das dann lesen – was mir manchmal nicht so bewusst ist. Es ist quasi so als ob ich in einer Menge von Menschen laut etwas sage – man führt ja eigentlich mit mehreren ein Gespräch. Und das bleibt dann auch recht lange als Meinung so stehen, auf meiner Pinnwand. Außer ich lösche es weg…
Flo: Der Schorschi, der mit seinen Kindern auf facebook befreundet ist, hat letztens erzählt, dass seine Kids ganz genau gewusst haben, welche Statusmeldungen er gepostet hat. Und es hat ihn überrascht zu sehen, wie genau sie wussten, was wer darunter geschrieben hat.
Eva: Hm, ja. Das versteh ich. Ich weiß schon auch Bescheid, wer was postet. Vor allem bei Leuten, die mich mehr interessieren, les ich recht genau, was sie schreiben, was sie mitteilen, welche Fotos sie posten… Das was ich sehr schwierig find ist, dass facebook so ein „IN“-Ding geworden ist. Ich glaub schon, dass manchmal Leute, die nicht auf facebook sind, das Gefühl haben könnten, dass sie etwas verpassen, weil sie nicht dazu gehören.
Flo: Ja, und grad bei Kindern kann das ein Problem sein. Manche haben vielleicht keinen Internetzugang und fühlen sich vielleicht ausgeschlossen. Ich würds also auf keinen Fall verstärken.
Eva: Was würdest du nicht verstärken?
Flo: Naja, ihnen noch mehr das Gefühl vermitteln, dass man da dabei sein muss. Ich will schon auch viel über meine Kids erfahren – aber halt in der „echten“ Welt und sie nicht motivieren, noch mehr Zeit im Internet zu verbringen. Laut Nutzungsbedingungen darf man ja schon ab 13 Jahren einen Account haben, was schon sehr früh ist. Außerdem find ichs problematisch, wie viel und vor allem auch was viele Kinder/Jugendliche über sich ins Netz stellen.
Eva: Du meinst in welcher Art und Weise sie sich auf facebook darstellen? Ohne sich kritisch damit auseinanderzusetzen? Welche Bilder sie von sich selbst produzieren?
Flo: Ja, plus einer gewissen Unbedarftheit was privat vs. öffentlich angeht, was denn unter Umständen sensible Daten sind und vielleicht nicht jede/r wissen muss. Versteh mich nicht falsch, ich bin nicht prinzipiell dagegen (sonst wär ich ja nicht dabei), ich finde aber, dass viele Kinder bzw. Jugendliche zu wenig achtsam sind, wenn es darum geht, wie viel man von sich selbst im Web 2.0 preisgibt.
Eva: Ja, oft fehlt das Bewusstsein, dass facebook und Internet eigentlich öffentliche Räume sind, dass Daten gespeichert werden und dann später auch abrufbar sind. Wenn ich Fotos poste, bin ich mir auch manchmal nicht darüber bewusst, dass dann eigentlich recht viele Menschen diese Fotos sehen können. Wie man die eigene Privatsphäre gut schützen kann, ist im Internet manchmal gar nicht so leicht durchschaubar.
Flo: Mmhh, es ist sicherlich eine gute Idee, dieses Thema auch mal in einer Gruppenstunde anzusprechen – die Freundschaftsanfrage vom Fabian könnt ich dazu gleich als Anlass nehmen!
Betti Zelenak und Clemens Huber aka Flo und Eva
aus dem kumquat "vernetzt" 1/2011