Ein gescheiterter Selbstversuch.
Als wir überlegt haben, was denn das Thema für das nächste Kumquat sein könnte, haben wir uns für „vernetzt“ entschieden. Neue Medien sollten das Thema sein, soziale Netzwerke, Facbook und Co, was könnten Gefahren sein, usw. Schnell kam die Idee auf einen Selbstversuch zu starten. Die Aufgabenstellung klang eigentlich nicht so schwierig: Eine/r von uns sollte versuchen, eine Woche lang auf das Internet zu verzichten, also keine Nachrichten lesen im Internet, keine Musik hören, kein sozialer Austausch auf Web 2.0. und keine Emails.
Wir alle fanden das Experiment, eine Woche lang auf das beherrschende Medium Internet zu verzichten, sehr reizvoll. Gerne hätte ich diesen Selbstversuch ausprobiert, da ich mich ohnehin privat nur sehr selten im Netz aufhalte. Ich lese lieber eine Zeitung aus Papier und bin auch immer noch eine Anhängerin der guten alten CD, insofern dachte ich mir, das könnte nicht allzu schwer sein, und mein privater Email-Account und Facebook werden eine Woche lang auf mich verzichten können.
Umso länger wir aber darüber nachdachten, kamen uns immer mehr Zweifel, welche das Projekt zum Scheitern bringen könnten. Es war gerade Mitte Oktober, also die Zeit auf der Uni, in der man sich für Seminare anmelden muss und das geht nur übers Internet, auch die Bestätigung, dass man bei diesen aufgenommen wurde, kommen per Email. Also wurde angedacht, dass man für Unizwecke ins Internet schauen darf.
Aber das war nicht das einzige Problem, wie sollte ich eigentlich im Jungscharbüro arbeiten? Schließlich flattern täglich viele Emails bei uns ein. Ich konnte schließlich nicht all diese Menschen mit einer Email-Benachrichtung abspeisen wie zum Beispiel „Entschuldigt bitte, ich darf gerade keine Emails lesen, da ich mich einem Internetentzug-Selbstversuch unterziehe. Ich antworte erst in einer Woche und hoffe auf dein Verständnis.“ Auch einige Entscheidungen in der Diözesanleitung werden über ein gemeinsames Forum getroffen, ich hätte somit kein Mitspracherecht für eine Woche gehabt.
Es wurde uns immer klarer, dass dieser Selbstversuch nicht nur scheitern würde, sondern auch einfach nicht erfüllbar wäre. So fern ich mir dafür nicht einfach eine Woche komplett frei genommen hätte, also sowohl von der Uni als auch von der Arbeit, hätte dieser Selbstversuch nur negative Folgen für mich gehabt. Ich hätte keine Seminare bekommen und in der Arbeit viel zu viel verpasst.
Aber auch diesen Schluss fand ich vor allem für mich sehr interessant. Es gibt Zeiten, da können wir uns diesem Medium nicht entziehen, egal ob wir wollen oder nicht. Unsere Gesellschaft ist vom Internet oft abhängiger als wir denken. Ich kann mich vielen Medien freiwillig entziehen, ich brauche keinen Fernseher und kein Handy. Ohne diese Dinge kann man leben, aber auf das Internet kann heute kaum noch jemand verzichten. Ich kenne auch einige Menschen, die keinen Fernseher oder Handy haben, aber Internet haben sie fast alle.
Vielleicht kann dieser gescheiterter Selbstversuch ja ein Denkanstoß für dich sein, vielleicht schaffst du es ja eine Woche ohne Internet auszukommen. Ich wünsche dir ganz viel Erfolg dabei!
Kathi Bereis
aus dem kumquat "vernetzt" 1/2011