Von Tae kwan do bis Schacholympiade
Nicht von ungefähr ist heute oft von der „verplanten Kindheit“ die Rede. Viele Kinder und Kids haben (fast) jeden Nachmittag manchmal sogar mehrere Termine zu „absolvieren“, sei es Nachmittagsunterricht, Freizeitaktivitäten wie Klavierunterricht, Judo oder Ballettstunde, sie sind in der Jungschar oder bei einer anderen Kinder- oder Jugendorganisation dabei und die Aufgabe (bzw. Nachhilfe) muss auch noch erledigt werden. Ganz zu schweigen davon, dass Kinder und Jugendliche sich auch ganz gerne einmal mit ihren Freund/innen treffen wollen… Ist Jungschar also ein weiteres Puzzlestück in der verplanten Freizeit von Kindern? Ich denke, dass die Jungschar etwas Anderes ist, da hier – im Vergleich zu vielen anderen Freizeitangeboten – nicht eine spezielle Leistung gefordert wird oder eine bestimmte Fähigkeit gefragt ist. Jungschar versucht, die Kinder anzunehmen, so wie sie sind, und ihnen – ohne Leistungsprinzip – die Möglichkeit zu geben, mit anderen Kindern etwas zu tun und zu erleben.
Die Kinder in die Mitte stellen
Für die Kinder ist es eine gute Erfahrung zu sehen, dass du dich bemühst, einen Termin zu finden, an dem möglichst alle Gruppenmitglieder Zeit haben: Sie merken dadurch, dass dir jede/r einzelne wichtig ist und du versuchst, dich für alle einzusetzen. Den Gruppenstundentermin seiner/ihrer Wahl bekommt in der Jungschar nicht, wer am lautesten schreit. Auch die, die leise oder vielleicht nicht so beliebt in der Gruppe sind, haben genauso viel „Recht“ dabei zu sein, wie jede/r andere. Im Folgenden ein paar Tipps, die gerade für sehr große Gruppen, bei denen das Terminfinden erfahrungsgemäß am schwierigsten ist, von Nutzen sein wollen:
Ein paar Hinweise vorweg
Günstig ist es, den fixen Gruppenstundentermin auszumachen, wenn die Stundenpläne bereits feststehen, jedoch die Freizeit noch nicht ganz verplant ist. Es kann sich als gut erweisen, Kinder (bzw. deren Eltern) nicht zu fragen, wann die Kinder für die Gruppenstunde Zeit haben, sondern zu fragen, wann sie tatsächlich bereits etwas vorhaben, da viele sonst dazu neigen, nur ihren absoluten Wunschtermin anzugeben.
Eine Möglichkeit, die sich für eine eher kleinere Gruppe anbietet, ist, einen Termin als provisorischen Gruppenstundentermin anzukündigen. Wenn alle Zeit haben, bleibt ihr einfach bei dem Termin, wenn Kinder keine Zeit haben, könnt ihr euch auf Terminsuche machen.
Los geht´s!
Der Raster
Du machst einen Wochenraster und verschickst ihn an alle Kinder mit der Bitte, ihren Nachmittagsstundenplan und Freizeitaktivitäten einzutragen und ihn bis zur nächsten Woche an dich zurückzuschicken. (Wenn sie wollen, können sie auch nur die Uhrzeiten eintragen, damit es nicht so aussieht, als wärst du so neugierig, wie sie ihre Freizeit gestalten.) Eine Variante: Du hast einen großen Raster zu Hause und rufst alle Kinder an, um ihre Termine zu erfragen. (Nachteil: Jüngere Kinder werden wahrscheinlich viel bei ihren Eltern rückfragen müssen.)
Der Termin (eher für Kids)
Ihr macht euch einen einmaligen Terminfindungs-Termin aus, an dem alle Kinder können (z.B. am Wochenende). Wenn ein Gruppenmitglied zu dem Termin doch schon etwas vorhat, so forderst du es auf, seine Präferenzen im Vorhinein telefonisch bei dir zu deponieren. Wenn ihr diese Hürde überwunden habt, dann tragen bei eurer Zusammenkunft alle Kinder und du selbst in einem großen Stundenplan ihren Namen bei den Zeitpunkten ein, zu denen sie NICHT können. Der Platz der – hoffentlich – am Schluss leer bleibt, ist euer Gruppenstundentermin (in Absprache mit den Leiter/innen der anderen Jungschar- und Mini-Gruppen).
Es können nicht alle!
Was tun, wenn sich nun herausstellt, dass es keinen Termin gibt, an dem alle Kinder Zeit haben (was leider nicht so unwahrscheinlich ist)?
Zuallererst ist es wichtig darauf zu schauen, an welchem Termin die wenigsten Kinder NICHT können.
Wenn hier mehrere Termine in Frage kommen, dann kannst du auch noch auf weitere Punkte achten:
Es ist für die Kinder sicher verständlich, wenn du bei der Terminfindung auf die Kinder mehr Rücksicht nimmst, die im letzten Jahr sehr regelmäßig da waren – im Gegensatz zu Kindern, die zwar zur Gruppenstunde Zeit gehabt hätten, aber nur selten da waren. (Wichtig: Das gilt natürlich nicht für Kinder, die letztes Jahr bei der Terminfindung das Nachsehen hatten und deshalb nicht kommen konnten!)
Du kannst auch darauf schauen, dass die Gruppenstunde nicht dann stattfindet, wenn mehrere Kinder einen von ihnen nicht beeinflussbaren Termin, wie Nachmittagsturnen, haben, hingegen ist es eher vertretbar, Kinder, die einen etwas flexibleren Termin wie Flötenstunde oder Nachhilfe haben, zu bitten, diesen zu verschieben.
Es ist möglich, dass trotz aller Bemühungen von deiner Seite und den Kindern schlussendlich nicht alle zum Gruppenstundentermin Zeit haben. Ein Kompromiss könnte es dann sein, zum Semesterwechsel einen neuen Termin auszumachen, bei dem besonders auf die Rücksicht genommen wird, die im letzten Halbjahr das Nachsehen hatten.
In diesem Fall solltest du auch besonders darauf achten, diese Kinder verlässlich einzuladen, wenn ihr eine Aktion (Geländespiel, Rausgehaktion, Wochenende, Lager…) startet, die nicht zum Gruppenstundentermin stattfindet.
von Andrea Jakoubi und Martin Lacroix
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