Ideen zum religionsverbindenden Gebet mit der Kindergruppe
Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was ist der Sinn unseres Lebens? Es sind die gleichen Fragen, die uns Menschen beschäftigen. Wir sind alle Suchende am Lebens- und Glaubensweg. Im friedlichen und respektvollen Austausch mit Andersglaubenden besteht die Chance auf prägende positive Erfahrungen. Hintergrundwissen bildet die Basis. Grundlage für den Interreligiösen Dialog ist für uns Katholik/innen „Nostra Aetate“ (NA (1)), die „Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen“ welche beim Zweiten Vatikanischen Konzil 1965 formuliert wurde. Im Folgenden findet ihr Vorschläge zu (inter-)religiösen Gebeten und Begegnungen. Sie sind Auszüge aus dem Materialpaket „Jungschar ist für alle da.“
Begegnung ist der erste Schritt
Sofern du nicht direkt in der Gruppe und in deinem Alltag mit anderen Religionen in Berührung kommst, könnte es sehr bereichernd sein, wenn du dich gemeinsam mit deiner Kindergruppe auf die Suche begibst. Informiere dich in deinem Ort: Gibt es Menschen anderer Religionen? Kennt du oder die Kinder deiner Gruppe sie? Falls du Kinder kennst, die einer anderen Glaubensgemeinschaft angehören, dann könnt ihr sie zu euren Treffen einladen, vielleicht ergibt sich dann auch eine religionsverbindende Aktion wie zum Beispiel ein gemeinsames Gebet.
Das religionsverbindende Gebet
Sich Austauschen und gemeinsam Planen: Führt im Vorfeld Gespräche mit andersgläubigen Kindern, Jugendlichen & Familien und auch deren offiziellen Vertreter/innen. Mache sie mit eurer Idee eines gemeinsamen Gebetes vertraut. Lade die Vertreter/innen anderer Religionen zu einem ersten Treffen ein und konkretisiert gemeinsam die Idee. Vor dem Treffen ist es vielleicht sinnvoll, dich vorzubereiten und ein wenig mit anderen Religionen zu beschäftigen.
Ort/Gestaltung des Raumes
Bei der Wahl des Ortes solltest du einen neutralen Raum wählen. Vorhandene Kreuze oder andere religiösen Symbole können hängen bleiben, werden aber nicht in die Feier mit einbezogen. Wir empfehlen dir eine einfache Gestaltung des Raumes oder sogar eine Feier im Freien. Im Islam werden Bilder und Symbole im Gottesdienst nicht verwendet, deshalb kannst du auf eine gestaltete Mitte verzichten.
Was brauchen du und die Gruppe, damit eine gemeinsame religiöse Feier möglich ist?
- Innere Bereitschaft
- Sensibilität
- Eine gemeinsame partnerschaftliche Vorbereitung
- Rechtzeitige Vorinformationen aller Beteiligten
- Texte, die für alle akzeptabel sind
- Geeignete Stellen aus Bibel, Koran, …
- Ungewohnte Gesten vorher erklären
Was sollte auf keinen Fall sein oder passieren?
- Einseitig festgelegte Rahmenbedingungen
- Mission
- Kontroverse theologische Diskussionen
- Auseinandersetzungen über negative geschichtliche Ereignisse
- Konfrontative Glaubensbekenntnisse
- Spontane Einfälle, die zum Ärgernis werden können
Ablauf des religionsverbindenden Gebets
Wie der Ablauf konkret aussieht, hängt natürlich von euren Vorstellungen ab. Die wesentlichen Elemente, die vorhanden sein sollten: Gebete (für den Frieden), Lieder und Texte, die zum Thema passen. Bei der Planung solltest du beachten, dass alle anwesenden Religionen zu Wort kommen und die Gebete und Texte im Sinne des Friedens gewählt werden. Das Gebet soll Ausdruck für Gemeinschaft und Frieden sein. Natürlich haben auch die grundlegenden Gebete der einzelnen Religionen Platz, wie beispielsweise das christliche und das muslimische Glaubensbekenntnis.
Hilfreiche Texte, Gebete und Lieder für ein religionsverbindendes Gebet:
Bei der Auswahl der Lieder kannst du weltliche, wie das Lied „Imagine“ von John Lennon oder auch christliche Lieder wie den Sonnengesang von Franziskus „Fratello sole, sorella luna“ und muslimische Lieder gleichermaßen einfließen lassen.
Menschliche Verantwortung füreinander und für die Schöpfung kann nur greifen, wenn der Mensch als Mensch gleich betrachtet wird, ohne mit zweierlei Maß zu messen. Die Umsetzbarkeit kann viel eher gelingen, wenn Werte nicht eifersüchtig von einzelnen Gruppen für sich beansprucht werden.
„Mit anderen Religionen, Ideologien und Weltanschauungen verbinden uns das Streben nach Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde. Dazu in Opposition stehen Armut, Unterdrückung, Diskriminierung, Rassismus und Besatzung.“ (Aus der Schlusserklärung der österreichischen Imame-Konferenz in Wien, 24. April 2005)
Franziskus von Assisi:
Herr, mache mich zu einem Werkzeug Deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst,
dass ich verzeihe, wo man mich beleidigt,
dass ich versöhne, wo Streit ist,
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist,
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht,
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert,
dass ich Freude bringe, wo Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten
nicht, dass ich getröstet werde, sondern, dass ich selber tröste,
nicht, dass ich verstanden werde, sondern, dass ich selbst verstehe,
nicht, dass ich geliebt werde, sondern, dass ich selbst liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt,
wer sich selbst vergisst, der findet,
wer verzeiht, dem wird verziehen,
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Schriftstelle:
- Kohelet/Prediger 3,1-8
Liedervorschläge:
- Frieden wünsch ich dir – Liederquelle Nr. 89
- Michael Jackson – Heal the world
- Michael Jackson – We are the world
Buchtipp:
Tahar Ben Jelloun: Papa, was ist ein Fremder? - Rowohlt Taschenbuch Verlag
Zusammengestellt und mit einer Einleitung von Michaela Greil
kumquat "alle anders - alle gleich!" 3/2015