Dreierlei Anregungen
Die nächste Sitzung steht schon wieder vor der Tür. Es gibt noch einiges dafür vorzubereiten. Nun stellt man sich die Frage: „Soll ich alles machen wie immer?“
Man kann, man muss aber nicht.
In der Theorie kann man grob drei Leitungsstile unterscheiden:
Autoritärer Leitungsstil
Strikte Kontrolle durch die Leitung. Anordnungen, Ziele sind vorgegeben. Minimum an Einsichtnahme und Mitverantwortung der Gruppenmitglieder; Entscheidungen seitens der Gruppe fehlen.
Auf lange Sicht, wird die Gruppe in eine Abhängigkeitsposition gebracht, es werden nur Scheinbefragungen durchgeführt, es gibt keinen Platz für Kritik, der/die Leiter/in glaubt zu wissen, was am besten für die Gruppe sei.
Die gruppeninternen Beziehungen werden bei dieser Variante auch meist völlig vernachlässigt. Wichtig ist, die Anforderungen zu erfüllen, alles andere rückt in den Hintergrund.
Passiver Leitungsstil
Der/die Leiter/in versteht ihren/seinen Leitungsstil als einen besonders freien. Er/sie ist nicht am Gruppen- und Lernprozess beteiligt, bringt wenig bis gar kein Engagement ein und bleibt außerhalb. Die Gruppe bleibt sich selbst überlassen. Sie soll in eigener Dynamik Entscheidungen treffen, das einzig vorgegebene ist Zeit und Raum, ansonsten ist die Gruppe ganz auf sich allein gestellt, keine Intervention seitens der Leitung.
Partnerschaftlicher Leitungsstil
Der/die Leiter/in behält die Leitung und gibt Hilfen zur Problemlösung. Er/sie gibt soviel Anleitung wie nötig und nimmt sich allmählich zurück. Die gruppendynamischen Prozesse werden berücksichtigt. Jedes Gruppenmitglied hat die Möglichkeit, sich zu entfalten. Intervention und Zurückhaltung seitens der Leitung stehen in harmonischem Verhältnis zueinander und sind auf die Bedürfnisse der Gruppe abgestimmt.
Diese Leitungsstile werden nie in ihrer Reinform zu finden sein. Die Mischung macht’s, so wie bei vielen Dingen. Alle Anschein nach hebt sich der partnerschaftliche Leitungsstil als am besten geeignet hervor, da er eine sehr gute Kombination aus Lenkung Wertschätzung in sich birgt.
Der autoritäre und der passive Leitungsstil hingegen sind aufgrund ihres eindeutigen Mangels an Wertschätzung gegenüber anderen Gruppenmitgliedern, eher zu vermeiden.
Grundsätzlich ist es einfach wichtig, in der jeweiligen Situation die gewünscht Mischung aus allen Stilen zu finden, Jede Gruppe ist individuell, so gilt es auch einen individuellen Leitungsstil zu finden, der sich auch im Laufe der eigenen Erfahrung verändern darf.
Ich will was Neues ausprobieren
Etwas Neues auszuprobieren. stößt zwar in erster Instanz oft auf Widerwillen, wird aber, wenn das gewünscht Ergebnis erreicht wurde, gerne angenommen. Selbst wenn es nicht geklappt hat, ist man nachher um diese Erfahrung und das Wissen des Nichtfunktionierens reicher.
Es ist durchaus sinnvoll, durch Veränderung der Rahmendbedingungen, beziehungsweise des Ablaufs einer Sitzung, wieder neuen Schwung in meist festgefahrene Gewohnheiten zu bringen, Anregungen hierfür findest du im Artikel „Besprechungen leiten“.
Nicht nur das Drumherum ist maßgeblich, einer Runde ein „neues Kleid“ zu verpassen, auch die Art und Weise wie diese Sitzung gestaltet wird, trägt sehr dazu bei.
Bevor nun so „mir nichts dir nichts“ große Veränderungen durchgeführt werden, muss man sich als Leiter/in die Frage stellen, wohin diese Runde führen soll. Dient sie dazu, Planungen zu machen, möchte ich den Austausch der Gruppenleiter/innen auf persönlicher Ebene fördern, gibt es ein akutes Problem, für das wir eine Lösung finden müssen? Was steht an?
Vorbereitung als A und O und trotzdem auf alles gefasst sein
Es ist wichtig, sich schon im Vorfeld mit der Richtung auseinanderzusetzen, um während einer Sitzung nicht das eigentliche Ziel aus den Augen verlieren. Es kann auch sehr hilfreich sein, Punkte festzusetzen die man an diesem Abend/Nachmittag gemeinsam erreichen möchte. Die Stichworte hier sind Überblick bewahren, lenken und leiten, aber dabei nicht die Flexibilität einbüßen. Denn auch wenn man sich als Leitung bestimmte Ziele vorgenommen hat, besteht durchaus die Möglichkeit, dass es in der kommenden Sitzung, aufgrund von Stimmungen, anderen akuten Problemen oder ähnlichem, einfach unmöglich zu sein scheint, die festgelegten Ziele zu erreichen. Wichtig ist hierbei auch, abweichen zu können. Es hilft niemandem, starr an einer Tagesordnung festzuhalten und die Punkte „durchzudrücken“ wenn allen Beteiligten, anderes „auf den Magen schlägt“.
Entscheidungen innerhalb der Gruppe
Entscheidungsfindungen innerhalb einer großen Gruppe, gestalten sich oft schwierig, da man so gut wie nie davon ausgehen kann, dass alle fünf, zehn oder zwanzig Leute ein und derselben Meinung sein werden.
Hier ist es wie bei Konflikten, es gibt die Möglichkeit, gemeinsam im Konsens, also in gemeinschaftlicher Übereinstimmung eine Entscheidung zu treffen, einen Kompromiss zu finden, wenn die Meinungen auseinanderdriften, also eine neue „Drittlösung“, mit der alle leben können oder durch eine Abstimmung zu einem Resultat zu kommen.
Erstrebenswert in erster Linie ist natürlich die Konsens-Lösung, da so am ehesten alle zufrieden gestellt werden können und man die Entscheidung gemeinsam im Sinn der Gruppe trifft.
Aber jede/r wird in seiner/ihrer Laufbahn, auch mal auf andere Varianten zurückgreifen müssen. Wichtig ist zu beachten, dass allen Gehör verschafft wird, jede/r in der Gruppe die Möglichkeit hat, seine/ihre Meinung kundzutun und diese auch als gleichwertig gegenüber allen anderen eingestuft wird. Dafür muss man sich als Leiter/in auch einsetzen können, die Gruppe zur Ruhe und Aufmerksamkeit bringen und Kommentare, die in der Runde keinen Platz haben unterbinden.
Alles in allem hört sich das sehr schwierig an, aber durch Ausprobieren, effektivem Überlegen und Vorbereiten, pendelt sich alles ein. Man entwickelt mit der Zeit ein sehr gutes Gespür für die eigene Gruppe und deren Bedürfnisse, dann klappt das schon.
Johanna Fuchshuber
[aus dem context "Moderation"]