Wie kommen wir zu guten Entscheidungen?

Wer kennt es nicht, wenn sich die GL-Runde zur Klausur oder zu einer Besprechung trifft, dann gibt es oft ganz unterschiedliche Meinungen. In meiner Zeit als Lagerverantwortlicher habe ich mich oft gefragt: „Wie kann nun eine für alle Beteiligten gut tragbare Lösung gefunden werden, bei der alle die Möglichkeit haben, sich einzubringen?“ Meine Erfahrungen und ein paar Tipps habe ich euch hier zusammengeschrieben.

Mehrheitsentscheidung

Eine sehr gängige Methode zur Entscheidungsfindung ist die Mehrheitsentscheidung. Wie der Name schon sagt wird der Vorschlag mit den meisten Stimmen umgesetzt.

Da liegt auch schon das Problem, das sich bei dieser Variante auftut, denn wenn die Mehrheit die Entscheidung trifft, dann wird der kleinere Teil der Gruppenleiter/innen-Runde nicht berücksichtigt. So kann es zu großen Spannungen im Team kommen, da z.B nicht alle die Entscheidung mit ähnlich viel Elan umsetzen oder sogar dagegen gearbeitet wird.

Ich habe gerade bei so einem System ab und zu den Eindruck gehabt, dass nicht der Inhalt entscheidend ist, sondern es eigentlich darum geht die anderen von der eigenen Meinung zu überzeugen.

Die Jungschar habe ich immer als Ort wahrgenommen, in dem die Sichtweisen der Einzelnen wertgeschätzt und gehört werden. Somit scheidet aus meiner Sicht diese Verfahren für eine kooperative Zusammenarbeit aus.

Konsens

Das bringt uns zu einem zweiten System, welches angewandt wird um Beschlüsse zu finden - das Konsensieren.

Die Idee dabei ist eine Lösung zu finden, bei der sich alle einig sind. In der Theorie finde ich diese Herangehensweise sehr gut, genau so wie ich mir das Tun in der Jungschar vorstelle. Jede und jeder Einzelne ist wichtig, um die Entscheidung zu treffen. Denn hier reicht ein einzelner Widerstand aus, um einen Vorschlag zu stoppen. Aber genau das ist oft nicht so einfach. Ich habe einerseits die Erfahrung gemacht wie schwierig es ist immer gegen etwas zu sein, andererseits habe ich auch schon oft miterlebt, dass Diskussionen unendlich lange dauern und es am Ende zu keiner Einigung kommt, wenn Vetos genutzt werden um eine Idee zu verwerfen.

Eine andere Beobachtung, die ich dabei gemacht habe ist, dass dadurch vieles nicht angegangen oder ausprobiert wird. Nach dem Motto „Wenn wir keine Einigung finden, dann verbleiben wir bei der alten Lösung.“

Somit gibt es beim Konsens finden auch Schwierigkeiten, zumindest so wie ich es erlebt habe.

Konsent

Eine Alternative zu den beiden oben Genannten und ein drittes System, das ich kennengelernt habe, ist das Konsentverfahren. Dabei wird der Fokus nicht auf die größten Zustimmungen gelegt, sondern auf Widerstände. Ein Beschluss kann gefasst werden, wenn es dazu keine Ablehnung gibt, im Gegensatz zu „alle müssen hundertprozentig zustimmen“.

Das mag jetzt vielleicht nicht sehr verschieden zu einem Konsens klingen, hat aber einige wesentliche Unterschiede.

Angefangen wird auch bei diesem Verfahren mit einem Vorschlag, der erklärt wird. Danach finde ich es immer sinnvoll, wenn es Platz gibt Unklarheiten zu beseitigen und nachzufragen, falls etwas nicht ganz verstanden wurde. Dabei ist es wichtig, dass an diesem Punkt noch keine Diskussion entsteht, dafür ist danach noch Raum genug. Im Anschluss gibt es ein kurzes Stimmungsbild, also eine schnelle Runde, bei der alle kurz sagen, was sie sich zu der Idee denken. Diese Feedbackrunde kann auch nonverbal mit kurzen Handzeichen passieren. Ein Daumen nach oben bedeutet „kein Einwand“ bzw. „Zustimmung von mir“. Wenn ich die Handfläche schüttle, zeigt es, dass ich mir noch nicht sicher bin und der Vorschlag noch nicht ganz passt. Die letzte Geste ist ein ausgestreckter Arm mit Handfläche nach oben. So zeige ich, dass ich einen Einwand zur Diskussion dazu geben will. Dabei ist die offene Hand ein Symbol für ein in die Runde gebrachtes Geschenk. Ein Widerstand wird nicht negativ betrachtet, sondern als ein Beitrag die Idee zu verbessern.

Auf ein Signal, zum Beispiel 1,2,3 macht jede Person eine dieser Gesten.

Nehmen wir an es gibt einen Widerstand zu einem Vorschlag, dann wird dieser als Erstes einmal ausgesprochen. Anhand der neu eingebrachten Sichtweise wird die Diskussion begonnen und dabei überlegt, wie die Idee verändert werden kann und somit die Einwände aufgelöst werden können. Danach folgt wieder ein Stimmungsbild. Eine Entscheidung kann umgesetzt werden, wenn eben kein Widerstand mehr da ist.

Aus meiner Sicht besteht der größte und entscheidende Vorteil darin, dass nicht wie beim Konsens ein Veto als Blockade gesehen wird, sondern als eine neue Perspektive die eine Bereicherung im Prozess der Entscheidungsfindung ist.

Ich finde es besonders spannend, auch um das Verfahren effizient zu gestalten, für das Stimmungsbild zwei Fragen zu stellen. „Was brauche ich, um mit der Entscheidung gut leben zu können? und - „Finde ich es gut genug, um es auszuprobieren?“

Wenn in einer Besprechung eine Entscheidung getroffen wird, ist es speziell für die zweite Frage hilfreich sich im Hinterkopf zu behalten, dass diese nicht unveränderbar ist. Vielleicht habe ich danach Erfahrungen gemacht, die mir eine neue Sichtweise ermöglichen und ich bei der nächsten Besprechung als Weiterentwicklung der Entscheidung einbringen kann.

Als Abschluss möchte ich noch eine kleine Diskussionsmethode vorstellen, bei der nicht unbedingt die Entscheidung im Vordergrund steht. Es geht vor allem darum, verschiedenste Perspektiven zu einem Thema zu finden.

Es werden verschiedene Rollen ausgeteilt. Die Ausarbeitung der einzelnen Charaktere kann schon vorgegeben oder Teil der Aufgabe sein. In der Diskussion vertrete ich nicht meine eigene Meinung, sondern jeweils die meiner Rolle. Kleine Accessoires wie Namensschilder oder Hüte sind sehr hilfreich, um in der Diskussion nicht „aus der Rolle zu kippen“. Bei großen GL-Runden können auch mehrere Personen einen Charakter vertreten.

Florian Spatt

[aus dem kumquat "Jetzt wird's politisch"]