Wenn der Hut brennt…

Was tun bei Konflikten in der Gruppenleiter/innen-Runde

„Wo gehobelt wird, fallen Späne“ – sagt ein altes Sprichwort. Meinungsverschiedenheiten, Streit und Konflikte gibt es überall dort, wo mehrere Menschen an einem gemeinsamen Projekt arbeiten. Konflikte sind daher nichts Außergewöhnliches und nichts, wofür man sich schämen oder worüber man entsetzt sein muss.

Im Folgenden findet ihr Tipps und Methoden, wie mit einem bereits vorhanden Konflikt umgegangen werden kann.

Feedback

Oftmals wissen die an einem Konflikt beteiligten Personen gar nicht, dass ein Konflikt vorliegt bzw. ist ihnen nicht klar, wie ihr Verhalten oder von ihnen getroffene Aussagen auf andere Personen wirken. Gerade wenn ein Konflikt schon im Gange ist, automatisieren sich Kommunikationsabläufe leicht, und plötzlich werfen sich zwei Menschen Dinge an den Kopf, die sie sonst nie so sagen würden.

In solchen Situationen ist es besonders wichtig, Konfliktpartner/innen darüber zu informieren, wie man sie selbst wahrnimmt.

Feedback ist eine Mitteilung, die die betreffende Person darüber informiert, wie ihr Verhalten von anderen wahrgenommen, verstanden, erlebt wird. Das mögliche Maß an Feedback wird weitgehend davon bestimmt, wie groß das Vertrauen in der Gruppe bzw. zwischen den Personen ist.

Feedback geben:

beschreiben: eigene Reaktion beschreiben, keine moralischen Wertungen
konkret: nicht Allgemeines, sondern konkrete Verhaltensweisen / Situationen beschreiben
angemessen: an die Bedürfnisse des/der Empfängers/in denken
erbeten: Feedback nicht aufzwingen, ideal: auf Bitte des Empfängers
zur rechten Zeit, je kürzer der zeitliche Abstand zwischen Verhalten und Feedback, desto besser

Feedback bekommen:

zuhören, evtl. nachfragen
versuchen zu verstehen
nicht verteidigen und argumentieren

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Feedback ist, wenn es noch nicht geübt ist, zu Beginn etwas sehr Ungewohntes. Wenn es in deiner Gruppenleiter/innen-Runde also noch keine solche Feedback-Kultur gibt, bemühe dich, Schritt für Schritt damit zu beginnen. Erste kurze Runden am Beginn jeder Besprechung, in denen die Gruppenleiter/innen einander mit einem Satz, einer Zahl o.ä. sagen, wie es ihnen geht, kann so ein Start sein.

Anerkennung & Kritik

Nach Möglichkeit sollte Anerkennung und Kritik miteinander kombiniert werden – wer Anerkennung bekommt, kann auch mit Kritik besser umgehen.

Anerkennung sollte:
möglichst sofort kommen
differenziert sein
nicht nur herausragende Leistungen betreffen
persönlich sein

Für eine gute Kommunikation ist es unerlässlich, neben situationsabhängiger Anerkennung auch eine Kultur der Alltags-Wertschätzung einzuführen.

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Wenn ein Streit mal so richtig brodelt, bekommt man sehr leicht ein ganz einseitiges Bild von den Streitenden. Dann ist auf einmal die eine Person „komplett verrückt“, die andere „hat 100%ig recht!“.  Bemüht euch in eben solchen Situationen auch die guten Seiten am Gegenüber zu bemerken. Eben so kann ungeheure Spannung aus einer Situation genommen werden, in der zwei Konflikt-Parteien kurz davor stehen, einander (sprichwörtlich oder real) an die Gurgel zu gehen. Sich die Stärken der/s Anderen bewusst zu machen, kann gleichzeitig auch schon Ideen für eine Lösung des Konfliktes liefern!

Killerphrasen

Killerphrasen sind pauschale und abwertende Angriffe in einer Diskussion. Sie sind nicht an der Sache orientiert, wollen nicht eigene Ziele argumentieren sonder nur die Argumente der Gegenseite unterbinden. Oftmals passieren diese Killerphrasen unbeabsichtigt, „rutschen“ sozusagen in einer hitzigen Diskussion raus.

Beispiele für solche Killer-Phrasen sind:
„Das haben wir schon alles versucht, das geht nicht.“
„Das war immer schon so.“
„Das ist ja typisch Mann/Frau.“

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Auf Killerphrasen kann je nach Situation unterschiedlich reagiert werden:
Rückführung zum Kernthema:
Oft ist es aufgrund von Zeitdruck notwendig, in relativ kurzer Zeit Entscheidungen zu treffen. Fällt in einer solchen, unter Zeitdruck stehenden Diskussion ein sogenannte „Killerphrase“, so ist es besser, direkt zum Thema zurückzuführen und die Killer-Phrase als solche nicht weiter zu behandeln. Eine Auseinandersetzung damit zu einem späteren Zeitpunkt ist jedoch empfehlenswert.
Thematisieren:
Je nach Art und Weise der Zusammenarbeit kann es notwendig sein, Killer-Phrasen zu thematisieren. Dies sollte jedoch immer in einer wertschätzenden Art und Weise geschehen, niemals mit „gleichen Waffen“, also ebenfalls mit Killer-Phrasen.
Bewusstes Ignorieren:
Immer wieder fallen Killerphrasen unbeabsichtigt, aus einer Emotion heraus. Da kann der beste Weg auch der sein, eine solche Äußerung einfach mal zu ignorieren. Dies solltest du je nach Stimmung während eurer Sitzung abwägen.
Direktes Nachfragen:
Eine der besten Möglichkeiten mit Killer-Phrasen umzugehen, ohne dass eine der beteiligten Personen bloßgestellt wird, ist möglichst unemotionales, direktes Nachfragen. Sätze wie „Habe ich das richtig verstanden, dass du…“ oder „Wie meinst du das jetzt genau?“ geben dem Gegenüber die Möglichkeit, Gehässigkeiten zurückzunehmen, ohne sich vor allen blamieren zu müssen.

Die richtige Sprache

Besprechungen scheitern immer wieder einfach daran, dass sich Menschen nicht verstehen – das liegt hauptsächlich daran, dass wir alle ein unterschiedliches Sprachniveau haben. Dieses Sprachniveau sollte für alle Teilnehmer/innen einer Besprechung auf einem ähnlichen Level liegen, sonst wird es laufend zu Missverständnissen kommen. So wie du mit Kindern und Jugendlichen eine andere Sprache wählen wirst, solltest du deine Sprache auch bei unterschiedlichen Erwachsenen ändern – jeweils vom Anlassfall und dem Gegenüber anhängig.

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Gerade wenn eine Diskussion hitziger wird, sinkt erfahrungsgemäß das Sprachniveau – es kommt zu Gehässigkeiten, verbalen Sticheleien, Beschimpfungen und Beleidigungen. Helfen kann, wenn ihr euch schon vorher Gesprächsregeln ausgemacht habt, zum Beispiel:
- Beschuldigungen vermeiden
- Den/die Gesprächspartner/in direkt auf Beleidigungen aufmerksam machen
- Wenn du spürst, dass dir jetzt gleich etwas „auskommen“ wird - 3x durchatmen

Deeskalieren

Wenn die Emotionen hochgehen und der Blutdruck steigt, dann arbeitet unser Mund manchmal ganz selbstständig und sagt Dinge, die wir bereuen, sobald sie ausgesprochen sind. Bemühe dich daher, in solchen Situationen um Deeskalation. Nimm dir selbst einfach mal Zeit, zehn Sekunden lang durchzuatmen und nimm die erste Aufregung und Spannung aus Konfliktsituationen. Ein einfaches „Setzen wir uns doch alle mal nieder!“ reicht oft schon, um akut vor gröberen Beleidigungen vorzubeugen.

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
In solchen Situationen helfen vorher vereinbarte Rituale, zum Beispiel:
Ortwechsel, nicht direkt dort beginnen zu diskutieren, wo der Streit seinen Ausgangspunkt hat oder ein spezieller fix vereinbarter Ort, den man aufsucht, wenn es zum Streit kommt
alle holen sich erstmal ein Glas Wasser oder Saft (Alkohol ist nicht empfehlenswert!)
Dem/der Pfarrverantwortlichen oder den anderen mitteilen, dass man jetzt Streit-Zeit braucht

Diese manchmal nur einige Sekunden brauchen, die erste Spannung aus einer Situation zu nehmen und helfen, ein Konfliktgespräch auch gleich ergebnisorientierter angehen zu können als dies direkt im ersten Moment möglich ist.

Zuhören, zuhören, zuhören

„Ach, so hast du das gemeint!“ Am Ende von Konflikten erkennt man oft, wie leicht und einfach es gewesen wäre, eben diesen zu vermeiden. Aktives Zuhören hilft dir dabei, Konflikte zu lösen oder erst gar nicht entstehen zu lassen.

Beim aktiven Zuhören geht es darum, nicht nur bloß zuzuhören, sondern durch Nachfragen und Wiederholungen ein Gespräch zu gestalten. So zeigst du deinem/deiner Gesprächspartner/in, dass du ihn/sie wertschätzt, dass es dir nicht egal ist, was er/sie sagt und dass du dich bemühst, ihn/sie zu verstehen.

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Manchmal muss man sich direkt dazu zwingen, beim Gegenüber nachzufragen, weil man fast schon auf einen Grund wartet, um mal so richtig alles loswerden zu können, was man immer schon sagen wollte.
Direkt danach denkt man sich oft „Ach, hätte ich das der/dem doch anders gesagt“ oder „Wenn ich da bloß noch was dazu sagen hätte können, der/die hat mich falsch verstanden!“ Gib in solchen Situationen dem Gegenüber eine Chance, eine Aussage zu relativieren bzw. diese neu zu formulieren.

Gefühle ansprechen

Konflikte haben ihren Ursprung oftmals in ganz kleinen Kränkungen, die nicht aufgearbeitet wurden. Spiegle deinen Gesprächspartner/innen, welche Wirkung ihre Aussagen und ihr Angriffe auf dich haben und schaffe ein Klima, in dem auch alle anderen dies können. Nach einem Konflikt, wenn sich die Betroffenen wieder vertragen, hört man sie sagen: „Ich wollte dich nicht verletzten!“ oder „Das war nicht so gemeint!“ – in einem Klima, in dem Gruppenleiter/innen ihre Gefühle direkt ansprechen können, kommt es gar nicht erst soweit.

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Menschen haben unterschiedliche Wahrnehmungen von Kommunikation. Formulierungen und Wörter die für dich ganz normal sind, können andere kränken und verletzten. Setze also dein eigenes Empfinden nie absolut und geh nicht davon aus, dass alle so empfinden wie du.
Über Gefühle zu sprechen ist nicht einfach. In einem angeleiteten Konfliktgespräch kann es hilfreich sein, Emotionskärtchen zu verteilen. Wenn sich ein/e Teilnehmer/in gekränkt oder beleidigt fühlt, hält man diese Karte (Emoticons) in die Höhe. So ist auf einen Blick ersichtlich, ob eine Aussage gerade beleidigend war.

Gemeinsamkeiten suchen

Konflikte erscheinen am Anfang immer riesengroß und unbewältigbar, oft sieht es so aus, als ob nur mehr Gegensätze aufeinanderprallen. Aus einer solchen Stimmung heraus ist es sehr schwer, positive Energien zu schöpfen, eine Lösung erscheint fern und unerreichbar. Nehmt euch daher mal Zeit, und findet eure Gemeinsamkeiten, eure gemeinsamen Ziele und Visionen die euch an einer gemeinsamen Sache arbeiten lassen. Diese Gemeinsamkeiten geben Kraft und Hoffnung und zeigen euch, dass nicht alles so dunkel ist, wie es im ersten Moment scheint.

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Ziel einer Gruppenleiter/innen-Runde ist es, gemeinsam Jungschar- und Miniarbeit gut zu gestalten. Dieses Ziel solltet ihr nie aus den Augen verlieren! Eine Methode dazu kann sein, alle gemeinsamen Veranstaltungen und Herausforderungen der letzten Zeit auf einem Plakat zu sammeln. Die Gruppenleiter/innen-Runde bewertet nun mit Klebepunkten auf einer Skala von 0-10, wie gut das Lager, die JS-Messe, etc. ihrer Meinung nach funktioniert hat.
In Situationen, in denen alle den Eindruck haben, dass es nichts Gemeinsames mehr gibt und gar nichts mehr funktioniert, hilft ein solches Plakat, um einander vor Augen zu führen, dass die Wahrnehmung oft eine verzerrte ist, dass Negatives oft das Positive gefühlsmäßig überdeckt.

Perspektive wechseln

„Ich verstehe überhaupt nicht, warum du so reagierst!“ Menschen haben auf die gleiche Sache unterschiedliche Sichtweisen und reagieren auf die gleiche Situation, auf die gleich Aussage, oft völlig verschieden. Ein Perspektivenwechsel kann helfen, die Seite des anderen besser zu verstehen.

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Versetz dich in die Lage eines/r Konfliktpartners/in und versuche, das Problem einmal aus seiner/ihrer Sicht zu sehen – so wird auf einmal viel klarer, warum jemand vielleicht ganz anderes und für dich selbst überhaupt nicht nachvollziehbar agiert und reagiert. Besonders wenn Konfliktpartner/innen bei einem Gespräch nicht anwesend sein können, ist eine solche Übung für den weiteren Verlauf der Konfliktbewältigung sehr wichtig.
Manchmal hilft es, diesen Rollenwechsel auch optisch sichtbar zu vollziehen, beispielsweise durch das wechseln von Sitzplätzen in einer Besprechung oder ähnliches.

Zielzustand beschreiben

Wo wollen wir denn eigentlich hin? Manchmal passiert es, dass eine Gruppenleiter/innen-Runde das gemeinsame Ziel aus den Augen verloren hat und nur mehr der Streit im Vordergrund steht. Oft wurde über das Ziel auch nicht gesprochen und Gruppenleiter/innen haben ganz unterschiedliche Vorstellungen davon. Dieses gemeinsame Ziel ist es, das bei jedem Konflikt im Blickpunkt und Zentrum des Interesses stehen sollte.

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Nehmt euch gemeinsam die Zeit und findet heraus, wo ihr denn eigentlich hin wollt. Manchmal ist der Grund für einen Konflikt, dass dieses gemeinsame Ziel nicht mehr für alle das Gleiche ist. Visualisiert dieses Ziel beispielsweise mit dem fiktiven Ablaufplan eines JS-Lagers. Beginnt aber nicht, so wie normal, mit dem Ausmachen von Thema oder Quartier, sondern mit dem anderen Ende der Skala. Tauscht euch darüber aus, was am Ende des Lagers eure Ziele sind und kommt so in ein Gespräch darüber, wie diese Ziele erreicht werden können.

Sag, was du willst…

…und nicht, was du nicht willst! Vielleicht kennst du Gespräche, bei denen dein Gegenüber die ganze Zeit nur davon redet, was auf keinen Fall sein und passieren darf. Und jetzt? Eine Grundregel der Konfliktbewältigung ist es, zu jedem Negativ-Argument (ich will nicht, dass…) auch ein Positiv-Argument (ich will, dass wir/ich…) formuliert werden muss. Mit solchen Positiv-Argumenten kann deutlich besser und produktiver an einer Konfliktlösung gearbeitet werden – weil sie konkret sind und zeigen, was die Vorstellungen sind, und nicht nur, was die Ängste sind.

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Als Gesprächsleiter/in bei einem Konfliktgespräch solltest du gut darauf achten, dass immer das Lösen des Konfliktes im Vordergrund steht. Leider fällt es Menschen viel leichter, Negatives zu formulieren und auszusprechen, was sie alles nicht wollen, als zu sagen, was ihre Wünsche und Bedürfnisse sind. Motiviere die Teilnehmer/innen dazu, zu formulieren, was ihre Anliegen sind!

Mein Problem  ≠ Unser Problem

Nicht immer ist ein Konflikt, den zwei Gruppenleiter/innen miteinander haben, automatisch ein Konflikt für die ganze Runde. Leider ist dies zu Beginn eines Konfliktes meist nicht gleich absehbar. Empfehlenswert ist es aber auf jeden Fall, zuerst von einem kleinen, persönlichen Konflikt auszugehen.

Für die Gruppenleiter/innen-Runde…
Animiere deine Gruppenleiter/innen dazu, persönliche Konflikte untereinander zu lösen und hilf ihnen dabei, so gut du kannst. Trag den Konflikt erst dann in die Gruppenleiter/innen-Runde, wenn dies auch wirklich notwendig ist, Viele kleine Alltagskonflikte unter Einzelnen lassen sich besser lösen, wenn dies im direkten Gespräch und nicht in der Großgruppe geschieht.

Dominik Mach

[aus dem context "Konflikte"]