Oft fassen wir ein „Mir ist langweilig!“ von Kindern (oder auch Freund/innen) gleich als Appell auf: Es gleicht einer Aufforderung, sofort etwas zu unternehmen, damit die Langeweile wieder verschwindet. Langeweile scheint einen negativen Touch zu haben. Wird diesem Appell stets nachgeben, werden Kinder in eine passive, konsumierende Haltung gedrängt. Sie lernen: Wenn mir fad ist, kommt jemand und macht mir Vorschläge, was ich tun kann. – Das ist ja prinzipiell nichts schlechtes, wenn Kinder von Erwachsenen Ideen für Spiele oder andere Beschäftigungsmöglichkeiten bekommen. Ich denke aber, dass es nicht immer notwendig ist, Langeweile sofort zu „bekämpfen“ und in Aktion umzulenken.
Langeweile kann durchaus etwas Konstruktives und Positives sein, indem sie uns zum Nachdenken bringt und uns dazu auffordert, Entscheidungen zu treffen für eine sinnvolle Gestaltung unserer Lebenszeit. Langeweile kann es mit sich bringen, dass Kinder selbst aktiv werden (müssen) und sich selbst überlegen, was sie jetzt unternehmen bzw. anstellen wollen. Ihre Phantasie wird dadurch angeregt, sie lernen vielleicht, sich mit sich selbst zu beschäftigen – vielleicht auch, mit sich selbst zufrieden zu sein? Ich denke, dass es wichtig ist, dass es für Kinder Zeiten gibt, in denen sie ihren Freiraum gestalten können, wie sie möchten.
Ein Beispiel dafür ist der „Spielzeugfreie Kindergarten“. In vielen Kindergärten werden für mehrere Wochen sämtliche Spielmaterialien aus den Gruppenräumen entfernt. In den Räumen bleiben Möbel, Pölster, Tücher, Decken, usw. – Der/die Kindergartenpädagoge/in macht von sich aus keine Angebote für Spiel und Beschäftigung, bleibt aber wohl als Ansprechpartner/in für die Kinder präsent. Das bedeutet, dass den Kindern nichts vorgegeben ist (außer die üblichen Regeln des Umgangs miteinander natürlich) – sie beratschlagen miteinander, was sie unternehmen wollen, wie sie die Zeit miteinander verbringen wollen. Sie lernen so, ihre eigenen Gedanken und Ideen umzusetzen – das macht stolz und stark.
Diesen Gedanken kann man auch für die Jungschar weiterspinnen. Auch hier ist es nicht notwendig, jede Minute der Gruppenstunde zu verplanen bzw. am Lager ständig Programm zu machen. Die Kinder brauchen gerade am Lager auch die Möglichkeit, sich zurückziehen zu können, unter sich sein zu können. Dies soll jetzt nicht bedeuten, dass es am Lager kein oder nur wenig Programm braucht – es kommt auf die richtige Mischung zwischen verplanter und nicht verplanter Zeit an. Wichtig ist auch, dass die Kinder wissen, dass sie auch in der sogenannten „Freizeit“ jederzeit zu einer/m Gruppenleiter/in kommen können, wenn sie etwas brauchen.
Gönnen wir den Kindern (und auch uns) doch hin und wieder eine Portion Langeweile – darin kann Potential für Neues, Kreatives stecken!
Jutta Niedermayer
[aus dem kumquat macht 2009]