Neben der Planung einzelner Programmpunkte für das Lager, ist es auch notwendig, sich im Lagerteam Gedanken über den Lagerstil zu machen. Der Lagerstil ergibt sich aus verschiedensten Aspekten eines Lagers, er zeigt sich nicht nur in der Programmgestaltung, sondern v.a. auch in der Art des alltäglichen Umgangs miteinander, in der Form von Konfliktlösungen, in der Gestaltung der unauffälligen Alltäglichkeiten (Aufwecken, Waschen, Tischkultur, Kommunikation, Schlafengehen, etc.), d.h. aller Dinge, die die Atmosphäre eines Lagers ausmachen. Mit anderen Worten: Es geht nicht nur um das WAS, sondern v.a. um das WIE des Miteinander-Tuns.
Dafür ist es wichtig, eine Zielvorstellung zu formulieren. Diese könnte so aussehen: Das Lager soll eine bereichernde Zeit für Kinder und Gruppenleiter/innen sein. Die Kinder sollen erleben, dass ein Miteinander möglich ist, in dem sich alle möglichst wohl fühlen. Wir fahren nicht als Animateur/innen für die Kinder auf Lager, sondern mit ihnen. Das heißt: Das Lager dient nicht dafür, die Kinder eine oder zwei Wochen lang zu beschäftigen, sondern gemeinsam mit ihnen Alltag zu erleben und zu gestalten. Jede/r ist aufgefordert und jedem/r sollte es möglich gemacht werden mitzugestalten, mitzuentscheiden und auch in seinem/ihrem Maß Verantwortung zu tragen.
In diesem Sinn ist die Rolle der Gruppenleiter/innen zu sehen. Das Lager ist in erster Linie für die Kinder da. Selbstverständlich ist es auch ganz wichtig, dass sich die Gruppenleiter/innen wohl fühlen können - aber ein Lager ist für Gruppenleiter/innen sicherlich kein Urlaub. Denn: Es muss immer jemand für die Kinder da sein, wir stehen als Ansprechpersonen zur Verfügung und haben die Aufgabe, das Lager mit den Kindern zu gestalten.
Die Diskussion des Stils sollte in der Lagervorbereitung einen wichtigen Platz einnehmen, denn nur so kann sicher gestellt werden, dass ihr euch als Gruppenleiter/innen darüber einig seid, wie ihr am Lager mit den Kindern umgehen und den Lageralltag und das Programm für sie und mit ihnen gestalten wollt.
Passiert das nicht, kann es zu zahlreichen Brüchen am Lager kommen. Ein negatives Beispiel: Es wird ein Gottesdienst zum Thema "Freundschaft" gefeiert und beim lodernden Lagerfeuer "Gemeinschaft" ausgedrückt, während danach ein brutales Lebensband-Spiel auf dem Programm steht. Oder es wird den Kindern einerseits die Schönheit und der Reiz der Nacht gezeigt, um diese dann für angstmachende Spiele zu verwenden.
Wichtig ist eine Stil- und Zieldiskussion auch, um Lagertraditionen, die das Gelingen eines Lagers zum Wohle der Kinder fördern, aber auch beeinträchtigen können, zu reflektieren. Gegen Traditionen und Kontinuität ist nichts einzuwenden, solange dadurch nicht jede Weiterentwicklung gestoppt wird. Gelegentlich ist es erforderlich, dass - auch den Gruppenleiter/innen - Liebgewordenes auf seine Sinnhaftigkeit für Kinder überprüft wird, um durch unvoreingenommenes Nachdenken unter Umständen auf neue und bessere Lösungen zu kommen.
Sätze wie "Als Kind hat mir das auch nicht geschadet!" oder „Die Kinder wollen das aber!“ können keine Argumente für das Beibehalten von Traditionen sein, die ihr aus heutiger Sicht für pädagogisch zweifelhaft oder schädlich für Kinder haltet. Dazu gehören in besonderer Weise Spiele (in der Nacht), bei denen Kindern Angst gemacht wird.
Kinder verlangen meist das, was sie bereits kennen. Unsere Aufgabe als Gruppenleiter/innen ist es, das Bekannte zu reflektieren, zu verändern und Neues anzubieten.
Anforderungen an das Programm
Das Programm auf Lager muss vielfältig sein: Damit alle Kinder die Möglichkeit haben, für sie Neues und Interessantes auszuprobieren, sollten Programmpunkte angeboten werden, bei denen unterschiedliche Tätigkeiten möglich sind (etwas erforschen, bauen, sich austoben, spielen, singen, tanzen, suchen, erzählen, zuhören, anschauen,...).
Das Programm soll unterschiedliche Sozialkontakte zulassen: Die Kinder sollen unterschiedliche Formen des Miteinanders wählen können (alle machen etwas gemeinsam, in kleinen Gruppen, zu zweit, allein).
Das Programm soll ein aktives Miteinander fördern und so einen Gegenpol zum Konsum von Fernsehprogrammen, Computerspielen oder auch Ferienlagern bieten, bei denen die Kinder nur irgendwie beschäftigt werden.
Das Programm soll den Kindern neue Erfahrungen ermöglichen. Dafür können auch die Besonderheiten der Situation am Lager genützt werden (ein neues Gelände, viele Kinder, mehr Gruppenleiter/innen, viel Material, mehr Zeit usw. stehen zur Verfügung). Z.B. ist zu Hause wahrscheinlich kein Bach zum Dammbauen vorhanden, mit 30 Kindern sind andere Spiele möglich als mit 10, in einem Team gibt es Leute mit unterschiedlichen Fähigkeiten, sodass verschiedenste kreative Workshops möglich sind, es können Aktivitäten stattfinden, die sich über mehrere Halbtage ziehen, usw.
Es ist darauf zu achten, dass es eine sinnvolle Abwechslung von Aktivitäts- und Ruhephasen, d.h. von besonders gestalteten Programmpunkten und "freier" Zeit gibt.
Die Kinder sollen selbst entscheiden können, ob und bei welchen Programmpunkten sie mitmachen. Würden wir Kinder zwingen, bei etwas dabei zu sein, obwohl sie das nicht wollen, liefe dies dem Ziel entgegen, Kinder darin zu unterstützen, selbstständig und eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen bzw. dies zu lernen. Natürlich ist es aber wichtig, Programmpunkte einladend anzukündigen und die Kinder zu motivieren, am Programm teilzunehmen.
Je besser ihr auf das Lager vorbereitet seid, desto kreativer und spontaner könnt ihr auf die Kinder eingehen. Dann müssen nicht schnell noch Stationen für ein Spiel vorbereitet werden, sondern die Zeit kann genützt werden, um mit Kindern zu plaudern, Aktivitäten anzubieten und das Programm so gut und adäquat wie möglich mit den Kindern zu gestalten.
[Lager - Alltag und Programm 1]