Wie kann das konkret ausschauen?
Viele mitunter sehr unterschiedliche Kinder in meiner Gruppe zu haben, darauf stelle ich mich als Gruppenleiter/in von vornherein ein, und auch darauf, dass es nicht immer einfach ist aus einem ungestümen Haufen eine Gruppe werden zu lassen. Wenn es dann aber um Kinder mit Behinderungen geht, kann es schon sein, dass ich unsicher werde, einige Bedenken in mir hochsteigen, wie ich damit tun soll und ich mich eigentlich nicht so recht „drüber trau“.
Vielleicht hast du Kinder mit Behinderungen in deiner Gruppe, vielleicht bist du gefragt worden ob in deine Gruppe ein Kind mit Behinderung kommen darf und du bist nicht sicher wie du denn nun „tun“ sollst, oder du möchtest dir ganz prinzipiell einmal ein paar grundlegende Gedanken darüber machen. Der Artikel möchte dir einige Ideen und Überlegungen als Anstoß dazu mitgeben, wie die Integration eines Kindes mit Behinderung für alle Beteiligten eine Bereicherung werden kann und dir auch Mut machen, es einfach mal zu versuchen.
Grundsätzlich
Etwas was manchmal im Umgang mit behinderten Kindern vergessen wird ist, dass auch ein Kind mit einer Behinderung in erster Linie ein Kind ist, ein Kind das gerne spielt, lacht und lernt und auch mal weint oder grantig ist. Es hat halt vielleicht AUCH eine Behinderung, aber eben nicht NUR.
Vorbereitung
Klar ist es wichtig für dich, dass du um die Art der Behinderung des Kindes Bescheid weißt – ein Gespräch mit den Eltern ist in diesem Zusammenhang sicherlich sinnvoll. Bleibe mit deinen Fragen aber möglichst konkret an dem, was du für den Umgang mit dem Kind in deiner Gruppenstunde brauchst, worauf du als Gruppenleiter/in zu achten hast oder wie du das Kind bei manchen Dingen unterstützen kannst. Die Eltern werden dir wahrscheinlich gerne deine Fragen beantworten und sich über dein offenes Interesse vielleicht sogar freuen.
Nimm dir durch zuviel Vorinformation aber nicht die Möglichkeit, das Kind selbst kennen zu lernen und deine eigenen Erfahrungen zu sammeln. Kinder wissen selbst, was ihnen gut tut und wo sie sich wohlfühlen – sie sind selbst Expert/innen.
Konkrete Tipps:
Eure Gruppenstunden müssen sich nicht grundlegend ändern, du kannst weiter ganz normale Gruppenstunden machen, und dabei eben die Bedürfnisse aller Kinder berücksichtigen, was du ja wahrscheinlich ohnehin tust.
Selbstverständlich könnt ihr auch weiter Lauf- und Fangspiele spielen, auch wenn ein Kind mit einer z.B. Körperbehinderung zu eurer Gruppe gehört – vielleicht lassen sich die Spiele geringfügig abwandeln oder eine Spielaufgabe für dieses Kind hinzufügen, z.B.: bei einem sehbehinderten Kind hat der/die Fänger/in vielleicht ein Geräuschinstrument oder Ähnliches.
Wenn du beispielsweise mit Bildern und Plakaten etwas tun möchtest überlege dir bei einem sehbehinderten Kind dazu „Angreifungsmaterial“ und begleite das was die anderen tun auch sprachlich. Kinder mit geistiger Behinderung brauchen mitunter auch mehr Dinge zum anschauen und (be-)greifen.
Bei Kindern z.B. mit Hörgeräten ist es wichtig, dass nach Möglichkeit alle das Kind beim Sprechen ansehen und nicht alle durcheinander sprechen. Du kannst natürlich auch wenn du ein Kind mit Hörschwäche in der Gruppe hast mit deinen Kindern musizieren – Musik lässt sich auch spüren.
Nimm dir Zeit zuzuhören, und frage auch nach, wenn du etwas nicht verstanden hast – besonders bei Kindern mit sprachlichen Beeinträchtigungen kann es am Anfang einige Zeit dauern bis du dich „eingehört“ hast.
Auch alle anderen Kinder deiner Gruppe können durch diese größere Vielfalt – wenn es eben mehr Möglichkeiten gibt, zu einem Ziel zu kommen – profitieren. Es ist ja auch für andere Kinder spannend, verschiedene Sinne auszuprobieren.
Das richtige Maß
Es ist dem Kind bestimmt nicht angenehm wenn, es von dir oder den anderen „bemuttert“ wird. Klar kann es nötig sein, sich um ein Kind mit Behinderung seinen Bedürfnissen entsprechend mehr zu kümmern als das bei Gleichaltrigen nötig ist. Stellt es aber trotzdem nicht unter einen Glassturz. Das ist dem Kind wahrscheinlich nicht nur nicht recht, sondern nimmt ihm auch die Chance, selbst etwas auszuprobieren.
Siehst du, dass das Kind bei etwas Hilfe benötigen könnte, frage es bitte trotzdem vorher, ob es sich helfen lassen möchte oder wie du am Besten helfen könntest. Es kann für das Kind (z.B. bei blinden Kindern oder Kindern im Rollstuhl) sehr unangenehm sein kann, wenn einfach jemand zupackt und tut.
Um dieses „richtige Maß“ geht es auch bei Konflikten in der Gruppe. Klar stellst du dich als Gruppenleiter/in auf die Seite des/der Schwächeren, achte aber auch darauf fair zu bleiben. Auch ein behindertes Kind darf mal im Unrecht sein oder zurechtgewiesen werden – Gruppenregeln gelten für alle. Alles andere wäre unfair gegenüber dem Rest deiner Gruppe.
In der Mitte stehen die Kinder
In der Jungschar geht es um die Kinder und alles das was sie gerne tun und gut können. Deine Gruppenstunde kann ein Ort sein, an dem Kinder mit und ohne Behinderung abseits von Leistung, Benotung, Therapie oder besonderer Förderung miteinander tun, Spaß haben, spielen, Freundschaften knüpfen können und erleben, dass sie ernst genommen werden.
Sandra Fiedler (nach einem Artikel von Daniela Reichel)
kumquat "Kinderrechte" 4/2009