If I ruled the world

Regeln aufstellen und ausmachen am Lager

Wenn ihr mal gründlich nachdenkt, werdet ihr hoffentlich feststellen, dass es keine Regel, die ihr auf Lager oder in den Gruppenstunden habt, ohne Grund gibt.
Beispielsweise: Die Kinder dürfen den Lagerplatz nicht verlassen. Würden sie dies tun, noch dazu ohne euch zu sagen wohin und ihnen würde etwas zustoßen, hättet ihr nicht mal die Chance, zu Hilfe zu eilen, da ihr nicht wisst WO die Kinder sind und WIE LANGE sie schon abwesend sind. Von den rechtlichen Konsequenzen bzw. der Verletzung der Aufsichtspflicht ganz zu schweigen.
Logisch also, oder

Nein! – Warum?

Kindern fällt es leichter Regeln zu befolgen, wenn sie diese verstehen können. Da es ja für jede Vorschrift einen Grund gibt, wird es ein Leichtes sein, sie den Kindern zu erklären und verständlich zu machen. Das erfordert sicherlich Geduld und Einfühlungsvermögen und nochmals viel Geduld, aber das Ergebnis wird allen das (Lager-)Leben erleichtern.

Lieber vorab Eventualitäten abklären als in der Situation selbst – denn wenn ein Kind verschwunden ist, habe ich wohl nicht mehr den Nerv, den anderen Kindern zu erklären, warum es so wichtig ist, dass niemand den Lagerplatz (unautorisiert) verlässt.

Kinder brauchen Grenzen?

Naja, ein bisschen kann ich mich vielleicht mit diesem Satz anfreunden. Wobei er viel zu plump ist. Bezüglich dieser Thematik gibt es diverse Graustufen, nicht nur Schwarz und Weiß. (Wie eh überall im Leben.)

Wenn ihr mit den Kindern auf Lager seid, übernehmt ihr für sie die Aufsichtspflicht. Ihr seid für jede/n einzelne/n Teilnehmende/n verantwortlich. Sowohl die Eltern als auch die Kinder vertrauen euch voll und ganz. Da benötigen alle gewissen Regeln und Strukturen an die WIR uns halten können. (Ja, auch alle Gruppenleiter/innen und Helferlein aller Art.)

Aber nicht alles muss fix fertig von euch vorgegeben werden. Beispielsweise was den Tagesablauf angeht, der ja auch eine Struktur bietet und euren Alltag regelt. Diesen könnt ihr wohl mit den Kindern gestalten. Lasst sie mitreden und mitbestimmen. Es ist einfacher, sich nach etwas zu richten, wenn man das Gefühl hat, an der Entstehung maßgeblich beteiligt zu sein. Erstellt mit den Kindern gemeinsam einen realistischen Zeitplan zum Aufstehen und Frühstücken und bringt ihnen näher, warum es wichtig ist für euch, den Tag gemeinsam zu beginnen und abzuschließen. Findet mit ihnen eine Regelung bezüglich elektronischer Geräte am Lager – wann dürfen sie benützt werden und wo, damit sie weder den Ablauf des Programms stören noch Schaden nehmen können.

Ihr müsst natürlich nicht alles zur Diskussion stellen, da es beispielsweise bezüglich Alkohol, Zigaretten und Drogen auf Lager klare gesetzliche Bestimmungen gibt, an die ihr euch halten müsst. Dies gehört klar zu den Punkten, die ihr vorgeben werdet.

Die Lagerregeln sind auch dazu da, persönliche Rechte und die Privatsphäre jedes/jeder Einzelnen zu wahren. Beispielsweise wenn es darum geht, wer wann in welches Zimmer/Zelt darf?

Be prepared

Grundsätzlich ist es am wichtigsten, dass ihr als Team alle Normen, Regeln und Strukturen lebt und voll und ganz dahinter steht. Hilfreich ist hierbei, vorab, während einer Arbeitsbesprechung, die Regelungen der letzten Jahre für die Lager noch mal durchzugehen. Denn alles verändert sich, somit auch die Notwendigkeit bestimmter Regeln.

Zieht heran was ihr auf den vorangegangenen Lagern beschlossen habt. Geht gemeinsam Punkt für Punkt durch und hinterfragt, ob diese Regel zeitgemäß ist und den Bedürfnissen eurer Gruppe angepasst ist. Solltet ihr dabei über eine stolpern, die diese Kriterien nicht mehr erfüllt, zögert nicht, sie zu streichen oder entsprechend zu ändern. Ihr habt die Verantwortung, ihr macht die Regeln. Auch ein guter Zeitpunkt zu diskutieren, welche Punkte ihr vorgeben möchtet und mit welcher Erklärung und welche von den Kindern mitbestimmt werden dürfen.

Hilfreich für euer Durchsetzungsvermögen und den Zusammenhalt, wird auch sein, wenn ihr mögliche Konsequenzen bei Nicht- oder Missachtung besprecht. Dies muss freilich noch einen Spielraum bieten, aber macht euch aus wie ihr bei Regelbruch vorgehen wollt, damit ihr prompt und gerecht reagieren könnt.

Nehmt euch auf dem Lager jedenfalls genug Zeit, um den Kindern alles Nötige zu erklären. Ihr könnt auch in Kleingruppen Regelungsvorschläge ausarbeiten und dann in einem Lagerplenum vorstellen und diskutieren. Rahmenprogramm ist hier völlig in Ordnung, solange es nicht das Spielerische in den Vordergrund stellt und den eigentlichen Sinn und Zweck in den Schatten.

Alles was ihr mit den Kindern vereinbart, sollte von ihnen auch anerkannt werden, denn wenn sie dies getan haben, fühlen sie sich ernst genommen und das Pflichtbewusstsein oder das Befolgen dieser Regelungen, von ihnen mitgestaltet, erhält einen größeren Stellenwert.

Johanna Fuchshuber

kumquat "Utopia" 2/2012