Back to the roots...

Unser Glaube birgt viele spannende Details. Schaut man ein bisschen hinter und unter das, was man schon zu kennen glaubt, stößt man oft auf Neues, Unerwartetes. Mit dieser Neugierde als Hintergrund widmet sich dieser kleine Artikel längst vergangenen Dingen, deren Bedeutung jedoch bis heute nichts eingebüßt hat.  

Wenn wir geschichtlich ganz, ganz an die Wurzeln unseres Glaubens zurückgehen – mehr als 3000 Jahre – helfen uns verschiedene Quellen dabei, die damalige Situation zu rekonstruieren: schriftliche Quellen (Inschriften, Briefe, Dokumente), archäologische Funde. Das älteste nichtbiblische Zeugnis über das Volk Israel findet sich auf der Stele (meist quadratischer, hoher Steinpfeiler, beschrieben) des Pharao Merneptah 1219 vor Christus.

Aber auch die Bibel selbst ist eine wunderbare und wichtige Quelle – in dem Textgeflecht aus verschiedensten Jahrhunderten, das den Pentateuch (die fünf Bücher Mose) bildet, finden sich viele Informationen über damalige Bräuche und Lebensweisen.

Wie ist aber dieses Volk Israel entstanden? Liest man in der Bibel, so stößt man auf die Geschichte des Exodus – ein großer Auszug, 40 Jahre Wüste, danach eine Landnahme. Immer wieder liest man von Jahwe, der seinem Volk beisteht – in Kriegen und gegen Könige. Diese Erzählungen lassen auf eine großartige Erfahrung schließen, die diesen Menschen damals passiert sein muss – die Befreiung aus einem extrem unterdrückten Leben. Wie lassen sich diese erzählten Ereignisse jedoch historisch einreihen?

Zunächst gab es im damaligen Palästina (ungefähr Gebiet des heutigen Israel, Golan, Gazastreifen, Westjordanland und Jordanien) zwei Lebens- und Gesellschaftsformen nebeneinander: die kanaanäischen Stadtstaaten und eine Stammesgesellschaft. Diese beiden unterschieden sich durch stark unterschiedliche Gesellschaftsformen voneinander: Die Stadtstaaten standen unter der Herrschaft Ägyptens, an ihrer Spitze regierte ein Stadtkönig. In diesen Stadtstaaten gab es aufgrund der Besitzverteilung sehr wenig reiche und viele arme Menschen, man verwendete bereits Geld, der verehrte Gott hieß „Baal“.

Im Gegensatz dazu leben die Stammesgesellschaften in einer ganz anderen Form: Sie lebten in Sippen zusammen und ihr wesentlicher Lebensraum war die Familie. Es gab Tauschhandel und kaum Unterschiede zwischen arm und reich – man war darauf bedacht, dass niemand zu mächtig wurde, daher gab es keinen Anführer sondern einen Rat, der aus den Familienältesten Männern bestand. Weiters gab es keine Hauptstadt, keinen zentralen Kultort, kein stehendes Heer, keine Beamten. Entscheidungen wurden durch Beratungen der Ältesten getroffen. Verwandtschaft spielte eine große Rolle auch wenn gar keine echte Verwandtschaft bestand, war die Bezeichnung Bruder durchaus geläufig. Ihr Gott war „Jahwe“.

Dieses Nebeneinander der so konträren Gesellschaftsformen änderte sich 1200 v. Chr. Die Stadtstaaten verloren ihre Vorherrschaft und die Stammesgesellschaften wurden in einem langen Prozess die bestimmende Größe – das Volk Israel war entstanden.

Was aus diesem Prozess in die Bibel gelangt ist – und fast wie ein durchgehendes Motto scheint: Ein tiefes Misstrauen gegen Königtum und Herrscher, gegen Klüfte zwischen reich und arm, Ausbeutung und Unterwerfung. Jahwe – der Gott der Israeliten setzte sich durch. Ein Gott, der genau jene Dinge zum Thema machte, die den Israeliten in der Zeit als Stammesgesellschaften so zu schaffen gemacht haben. Er ist der Gott, der Gebote gibt, um nicht wieder in ein Leben der Unterdrückung, der krassen gesellschaftlichen Unterschiede und der Herrschaft des Geldes und der Gier zurückzufallen. (Deut, 5)

Wer sich also zu Jahwe bekennt, gerät in scharfen Kontrast – nicht nur in religiöser Hinsicht, sondern auch zu den anderen Völkern. Kein Lebensbereich kann ausgespart werden von der Beziehung zu Jahwe – er setzt ein alternatives Leben voraus: ein Leben der Gleichheit und Geschwisterlichkeit, er setzt Gebote, die ein gutes Miteinander ermöglichen ohne weltliche Herrschaft und ohne Unterjochung.

Ein schöner Gedanke finde ich, mit dem es sich gut Christ/in sein lässt und der uns auch heute (vielleicht sogar mehr denn je) vor Herausforderungen in unserer Lebensgestaltung stellt.

Sara Dallinger, in Anlehnung an das AT-Skriptums des Theologischen Kurses