„Herbergssuche“

„Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, erschien dem Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten. Da stand Josef in der Nacht auf und floh mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten.“ (Mt 2,13-15.19-21)

Jesus und seine Familie suchten eine Herberge, ein sicheres Zuhause, Asyl. Würde er heute dieselbe Geschichte erleben und nach Österreich flüchten, müsste er erst einmal einen Asylantrag stellen. Seine Gründe für eine Flucht wären wahrscheinlich nicht schwerwiegend genug gewesen, daher wäre er wohl nach einer ziemlich langen Wartezeit wieder zurück nach Isreal geschickt worden.

Dass es Asylant/innen in Österreich nicht einfach haben, kann man regelmäßig in der Zeitung lesen. Asylant/innen, die einen negativen Asylbescheid erhalten haben und daher in Schubhaft genommen werden, beginnen immer wieder Hungerstreiks, um aus dieser Gefangenschaft entlassen zu werden. An diesem drastischen Hilfeschrei, kann man schnell sehen, welche Angst sie haben, in ihr Herkunftsland zurückgeschickt zu werden. Vielleicht sollte man kurz erwähnen, dass man, wenn man in Schubhaft genommen wird, in keiner Strafhaft ist, sondern lediglich „angehalten“ wird. Diese Form von Freiheitsentzug ist in Österreich auch ohne richterliche Anordung möglich. Viele Menschenrechtsorganistationen beschreiben die Zustände der Anhaltezentren schlimmer als die der Strafhaft, teils sogar als menschenrechtswidrig.

Im September 2009 waren insgesamt 34 Personen in Hungerstreik. Hier stellt sich für mich die Frage, ob es wirklich notwendig ist, Menschen ihrer Freiheit zu berauben, obwohl sie keine Straftat begangen haben, bis auf dass sie aufgrund von Flucht illegal in Österreich sind. Diese Menschen haben oft schwere Strapazen in Kauf genommen um in unser Land zu kommen, mit Hoffnungen und Wünschen nach Sicherheit und Schutz, doch diese Menschen werden in Gefängnisse gesteckt, oft mit schlechteren Bedingungen als „wirkliche“ Kriminelle. Welche Angst sie haben, wieder in ihr ehemaliges Heimatland zu müssen, sieht man eben daran welchen Gefahren sie ihre Gesundheit durch einen Hungerstreik oder anderen sich selbst gefährdenden Verletzungen aussetzen. Wer verlässt denn schon gern das eigene zu Hause, Familie und Freunde und flüchtet sich in ein Land, in dem man vielleicht keine Arbeit findet, die Sprache nicht kennt und die Kultur eine völlig andere ist, als daheim. Flucht ist nicht freiwillig. Die Personen, die sich zur Flucht entscheiden, bedürfen unseres Schutzes – stattdessen werden sie durch Medien und Politiker/innen als Kriminelle denunziert und müssen sich außerdem rassistische Parolen bieten lassen.

Was wäre nun heute das Schicksal von Jesus und seiner Familie gewesen? Wahrscheinlich wären sie nicht sehr lange in Ägypten geblieben, und wenn, dann nur unter sehr schwierigen Bedingungen. Sie hätten wohl auch nicht den Schutz bekommen, den sie brauchen. Heute wären sie zusammen in ein Flugzeug gesteckt worden und nach Israel gebracht, in ihre Heimat aus der sie doch aus Angst fliehen mussten.

Kathi Bereis